Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
Vom Netzwerk:
missbilligend den Kopf und meinte dann, die Eingeborenen müssten doch eigentlich in Scharen zur Mission laufen, um die befreiende Botschaft des Evangeliums zu vernehmen. Die Ironie, die in diesem Satz steckte, entging dem Missionar vollkommen.
    » Nun– inzwischen können wir einige Erfolge verbuchen, lieber Dr. Johanssen. Die Ersten, die die Taufe von uns begehrten, waren neun junge Burschen, von denen leider nur fünf getauft werden konnten. Die anderen wurden von ihren Familien gezwungen, sich wieder von uns abzukehren. Man sagte ihnen, sie dürften niemals wieder in ihr Dorf zurückkehren und würden auch keine Frau bekommen. «
    » Das ist hart « , erwiderte George nachdenklich. » Ich bewundere Sie sehr, Missionar Wohlrab. Sie nehmen eine große Verantwortung auf Ihre Schultern, denn Sie führen diese Menschen auf einen fremden Weg… «
    » Wir sagen ihnen immer, dass auch die Jünger Jesu einst alles hinter sich ließen, um dem Herrn nachzufolgen… «
    » Das ist klug gesprochen, doch gilt es zu bedenken, dass der Weg Jesu geradewegs zum Kreuz führte… «
    » Und vom Kreuz zum Sieg, lieber Dr. Johanssen. «
    » Zum Sieg über die Heiden– gewiss. «
    Das Gespräch brach ab, weil der Missionar nun doch langsam misstrauisch wurde und sich lieber an Peter Siegel wandte, um ihn noch einmal über die Lage in Wuga auszufragen. Charlotte musste sich ein Lächeln verkneifen. George war nicht nur ein Missionsgegner, er war auch kein überzeugter Christ, sondern eher ein Zweifler. Es störte sie nicht, obgleich sie selbst streng protestantisch erzogen worden war. Im Gegenteil, es war spannend, mit ihm über solche Dinge zu sprechen, zumal er niemals versuchte, ihr seine Überzeugungen aufzuzwingen. Heute Abend war sie mehr als stolz auf ihn und fühlte sich als seine Komplizin. Sie begriff nun den Grund für ihr Unbehagen: Sie und George waren Fremde hier, sie konnten den naiven Glauben der Missionare und ihrer schwarzen Diakone nicht teilen.
    » Unsere Gäste werden nun rechtschaffen müde sein « , sagte Missionar Becker, der Charlotte wohl schon eine Zeitlang beobachtet hatte. » Lasst uns ein Abendgebet sprechen und noch einige Lieder singen, bevor wir zur Ruhe gehen. «
    Einer der Diakone leuchtete ihnen mit der Blendlaterne den Weg zum Gästehaus, entzündete dann die Petroleumlampe in ihrem Zimmer und wünschte ihnen eine gesegnete Nacht. Charlotte und George blieben noch eine Weile draußen in der Dunkelheit stehen und lauschten auf das Rauschen des Wasserfalls, das bis hierher zu hören war. Der Himmel war wolkenverhangen, kein einziger Stern zeigte sich, dafür ließ ein kalter Nordostwind sie beide frösteln. George zog Charlotte an sich und umschloss sie mit beiden Armen, um sie zu wärmen, doch sie zitterte trotzdem vor Kälte.
    Schweigend betraten sie das liebevoll zurechtgemachte Zimmer im Gästehaus der Mission. Zwei hölzerne Betten erwarteten sie, dazu ein kleineres Lager für Elisabeth, das zumindest in dieser Nacht leer bleiben würde. Des Weiteren gab es einen Tisch, zwei Stühle und einige Kleiderhaken an den Wänden. Ihre Koffer standen für sie bereit, auf dem Tisch fanden sie ein Tongefäß mit Wiesenblumen sowie einen Krug mit frischem Wasser, daneben lag eine deutsche Bibel.
    » Sie haben sich wirklich Mühe gegeben « , murmelte Charlotte, während sie die Decken zurückschlug. » Das sind sogar Federkissen. «
    George hantierte an den Koffern, klappte sie auf und nahm einige Dinge heraus; seine Bücher, die er mit einer Schnur zusammengebunden hatte, ließ er unbeachtet. Dafür hängte er Gewehr und Patronengürtel an einen der Haken.
    » Ich glaube ja nicht, dass wir uns verteidigen müssen « , scherzte er. » Wie ich die frommen Missionare kenne, haben sie sogar den Herrn des Urwalds zum Christentum bekehrt. Hier liegt der Leopard friedlich neben dem Zicklein, und die Hühner laufen ihm über die Pranken. Wir sind im Paradies angekommen, mein Schatz. «
    Sie lächelte und begann sich auszuziehen, löste das aufgesteckte Haar und spürte, wie er sie dabei beobachtete.
    » Lass um Himmels willen dieses scheußliche Nachthemd liegen, ich will dich so sehen, wie du gerade vor mir stehst. Nur mit deinem langen Haar bekleidet… «
    Seine Liebkosungen hatten etwas Tröstliches, und er schien zu begreifen, wie sehr sie sich nach seiner Wärme sehnte. Er ließ sich Zeit, verbarg seine eigene Leidenschaft und streichelte sie wie ein trauriges Kind. Erst als er spürte, dass die Glut auch

Weitere Kostenlose Bücher