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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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Kirchenkompositionen spielen konnte. Aber wenn sie hier eine Weile leben wollte, konnte sie sich einer solchen Aufgabe nicht entziehen.
    Wollte sie hier tatsächlich bleiben, bis George von der Expeditionsreise zurückgekehrt war? Wäre Klara nicht gewesen, wäre sie bei nächster Gelegenheit mit Elisabeth nach Daressalam abgereist.
    Als Missionar Becker sie endlich in Ruhe ließ, blieb sie schweigend auf ihrem Stuhl sitzen und knabberte ein paar übrig gebliebene Nüsse. Es war schade, dass man von den lebhaften Gesprächen zwischen Missionar Becker und den schwarzen Diakonen so wenig verstand. Nur hin und wieder schnappte sie ein paar Worte auf Suaheli auf, es schien um eine Frau zu gehen, die nach langem Widerstreben nun doch » zu Jesus « gekommen sei. Alle drei Diakone waren junge Männer, die hier in Hohenfriedeberg die Schule besucht und danach eine Ausbildung zum Lehrer und Gemeindehelfer absolviert hatten. Sie waren mit Feuereifer bei der Sache, lachten und unterbrachen sich gegenseitig bei ihren Schilderungen, und Charlotte kam zu dem Schluss, dass sie die Geschichte der bekehrten Frau immer wieder und in allen Einzelheiten erzählten.
    Ich muss diese Sprache lernen, dachte sie, sonst bin ich von allem abgeschnitten, was hier geschieht. Sie fühlte sich plötzlich todmüde, was nach dem anstrengenden Tag auch kein Wunder war. Jetzt würde sie erst einmal ausschlafen, morgen würde die Welt schon ganz anders aussehen. Im Grunde waren diese Menschen doch alle sehr liebenswert, eine richtige, große Familie, Schwarz und Weiß saßen gemeinsam am Tisch– wo sonst fand man solche Verhältnisse in Deutsch-Ostafrika? Nicht auf den Plantagen und schon gar nicht in den Küstenstädten, wo die Kolonialbeamten zwar schwarze Angestellte in allerlei Ämtern beschäftigten, in ihrer Freizeit jedoch stets unter sich blieben.
    Sie sah George fragend an, da sie gern mit ihm gemeinsam ins Gästehaus gegangen wäre, doch der war jetzt ganz und gar in ein Gespräch mit Missionar Wohlrab vertieft. Wohlrab war im Gegensatz zu seinem Kollegen Becker von angenehmem Äußeren, ein gut gewachsener, schlanker Mann, der sich mit einem dunklen, etwas zerzausten Schnurrbart schmückte. Charlotte lehnte sich zurück und überlegte, ob sie unauffällig Georges Arm berühren sollte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen, doch als sie seinen interessierten Gesichtsausdruck bemerkte, beschloss sie, noch ein wenig zu warten.
    » Sie glauben nicht, lieber Dr. Johanssen, wie schwierig die Anfänge hier bei den Waschamba gewesen sind. Die Neger sind in ihrem Heidentum vollkommen stumpf, sie leben so, wie ihre Ahnen es taten, und mögen über nichts nachdenken. Sie haben unseren Predigten zwar zugehört und auch unsere mitgebrachten Bilder bestaunt, doch es hat schwere Arbeit und viel Geduld gekostet, bis die ersten von ihnen bereit waren, ihren Ahnenglauben zu hinterfragen. «
    » Die Waschamba haben also so etwas wie einen Glauben? « , fragte George scheinbar erstaunt. » Haben Sie herausfinden können, woran sie glauben? «
    » Gewiss « , rühmte sich der Missionar. » Das ist schließlich eine unserer wichtigsten Aufgaben, denn wenn man die Neger bekehren will, muss man wissen, was in ihren Köpfen vor sich geht. Nun– was wir herausgefunden haben, ist recht schlimm: Diese armen Menschen sind in Todesmächten gefangen. «
    » Todesmächte? Wie schrecklich. Dann müssen sie doch ständig in großer Angst leben! «
    Wohlrabs Augen leuchteten, er fühlte sich verstanden und ging nun daran, die Glaubenswelt der Waschamba zu beschreiben. Da wären vor allem die Geister der Verstorbenen, die beständig beschwichtigt werden müssten. Dazu glaube der Neger an unheimliche Mächte, die in Bäumen und Tieren, in Felsen, Flüssen und in der Steppe ihr Unwesen trieben. Das Schlimmste aber seien ihre Zauberer, die ihnen einredeten, sie könnten das Böse durch teuflische Magie bannen.
    » Und? Können sie das wirklich? «
    George erntete einen irritierten Blick des Missionars und erfuhr, dass der Wilde Orakel befrage und Opfer bringe, anstatt die Gottesgemeinschaft mit Jesus Christus zu suchen. Amulette und Fetische hingen in jeder Hütte.
    » Grauenhaft sind ihre Feiern, zu denen sie uns manchmal einladen. Tieropfer und blutige Beschwörungen eröffnen das Fest, und es endet stets in wilden Tänzen und Akten größter Schamlosigkeit… «
    George, der sich während seiner Reisen sehr viel mit fremden Glaubenswelten befasst hatte, schüttelte scheinbar

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