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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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gepasst.
    Das Gebet des Missionars wurde mit einem allgemeinen » Amen « beendet, danach erhob sich der zweite Missionar der Station, Paul Wohlrab, und sprach ein Gebet für seinen Kollegen Gleiß in Wuga, der– so hatte Peter Siegel eifrig berichtet– momentan einen so schweren Kampf gegen das wiedererstarkte Heidentum führen musste. Als Charlotte schon fürchtete, Peter Siegel würde nun auch mit ihnen beten, erhob sich Frau Wohlrab, um die Kinder zu Bett zu bringen. Zwei schwarze Frauen halfen ihr dabei, und Charlotte war verblüfft, wie gehorsam die Kleinen folgten. Sogar Elisabeth wollte freiwillig ins Bett gehen, sie lief zu Charlotte, um ihr gute Nacht zu sagen, küsste George auf die bärtige Wange und lief dann hinter den anderen her.
    » Keine Sorge « , meinte die füllige Frau Wohlrab, als Charlotte fragte, ob denn überhaupt noch Platz für ihre Tochter sei. » Die Betten von meinen beiden Ältesten sind noch frei, wir schieben eines davon ins Mädchenzimmer– das wird schon gehen. «
    » Das ist sehr freundlich– aber Elisabeth kann auch bei mir und meinem Mann im Gästehaus schlafen. «
    » Ach, Sie sehen doch, dass sie sich bei meinen Mädchen wohlfühlt. «
    Frau Wohlrab hatte sieben Kinder zur Welt gebracht, dazu hütete sie noch zwei kleine Nichten, die jüngsten Töchter ihrer Schwester, die ebenfalls mit einem Missionar verheiratet war. Der Schwager war von Hohenfriedeberg nach Ruanda geschickt worden, und seine Frau war ihm dorthin gefolgt, die zehn Kinder hatte das Ehepaar jedoch nicht mitnehmen können. Zwei Mädchen blieben bei den Wohlrabs in Hohenfriedeberg, vier weitere Kinder hatte man in Deutschland auf die Verwandtschaft verteilt, die älteren Söhne waren ohnehin schon dort, damit sie ein Gymnasium besuchen konnten.
    Charlotte musste daran denken, was wohl die Großmutter in Leer dazu gesagt hätte. Grete Dirksen hätte niemals eines ihrer Kinder und auch keinen ihrer Enkel freiwillig aus dem Haus gegeben. Aber Pfarrer Henrich Dirksen hatte auch nicht den Ehrgeiz gehabt, die armen Heiden in Übersee zu missionieren.
    Klara blieb neben ihrem Ehemann sitzen und hielt ihren schlafenden Sohn auf dem Schoß. Ob sie ihn immer mit sich herumschleppte? Der Kleine musste doch eigentlich schon laufen können, aber sie hatte ihn bisher kein einziges Mal auf die Füße gestellt. Ach, sie hätte so gern mit Klara gesprochen, es gab so unendlich viel zu erzählen, zu fragen, zu erklären, doch die Unterhaltung am Tisch war lebhaft, und Klara wurde voll und ganz von ihrem Ehemann mit Beschlag belegt. Offensichtlich erzählte er ihr allerlei ärgerliche Dinge, denn er fuchtelte aufgeregt mit den Händen und schüttelte immer wieder den Kopf. Klara lächelte ihm mitfühlend zu, warf hin und wieder ein paar bestätigende Worte ein, die meiste Zeit jedoch schwieg sie. Charlotte ärgerte sich zunehmend, nicht nur über Peter Siegel, der seiner Frau das Zusammensein mit ihr nicht gönnte, sondern auch über Klara, die zu feige war, um sich ihrem Ehemann gegenüber durchzusetzen.
    Es half nichts, der Abend war für sie und Klara verloren. Stattdessen eröffnete Missionar Becker ihr, dass in den Kisten, die Peter Siegel in Tanga abgeholt und bis hierhergebracht hatte, ein Harmonium verpackt sei. Man würde nun darangehen, das Instrument zusammenzubauen, damit die Gottesdienste in der Kirche in einem würdigen, heimatlichen Rahmen gefeiert werden könnten. Er selbst sei leider vollkommen unmusikalisch, Missionar Wohlrab habe jedoch eine musikalische Ausbildung und könne Choräle begleiten. Ob es wahr sei, dass sie Klavier spiele?
    » Ein wenig « , gestand sie vorsichtig.
    » Sie würden uns eine große Freude machen, Frau Johanssen. Hier in der Mission hat jeder seine Aufgaben. Ihre Cousine zum Beispiel malt uns ganz wundervolle Bilder, die wir für unsere Missionspredigten so nötig brauchen. Außerdem näht sie für uns alle und flickt die zerrissenen Sachen. Gott der Herr hat ihr zwar ein zu kurzes Bein gegeben, aber er hat sie auch mit vorzüglichen Gaben ausgestattet, vor allem ihre Sanftmut und ihre hingebungsvolle Liebe zu ihrem Kind. Natürlich auch zu ihrem Ehemann, aber das versteht sich ja von selbst. «
    Charlotte versprach, sich dem Harmonium nach Kräften zu widmen, und hoffte dabei inständig, dass das Zusammensetzen des Instruments recht lange dauern möge. Sie hasste diese Wimmerkisten, auf denen man keine vernünftige Musik, sondern höchstens Choräle und gefühlstriefende

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