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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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älteren Schülern täglich Unterricht zu geben. Im Grunde war sie gar nicht abgeneigt– die Beschäftigung mit den Kindern machte ihr Freude–, doch es gefiel ihr nicht, dass man sie auf diese Weise kaum merklich immer fester in das Netz des Gemeindelebens einspann.
    Sie setzte sich zu den Kleinen und spielte mit ihnen den » Bi-Ba-Butzemann « , der bei allen sehr beliebt war, danach übte sie den » Bruder Jakob « im Kanon. Sie schafften es ohne Probleme, morgen würde sie versuchen, ihnen ein zweistimmiges Lied beizubringen.
    Die deutschen Kinder schienen heute länger Unterricht zu haben, vermutlich war Missionar Wohlrab für Peter Siegel eingesprungen. Drüben in einem Fenster des Missionshauses sah sie Elisabeths blonden Schopf auftauchen. Ihre Tochter winkte ihr zu, zog eine Grimasse und verschwand wieder– Missionar Wohlrab war energisch und ließ sich nicht auf der Nase herumtanzen. Elisabeth war als Wildfang bekannt, da sie während des Unterrichts leider viel Unsinn anstellte, was nicht nur daran lag, dass sie völlig unterfordert war und sich schrecklich langweilte, sie hatte auch eine starke Abneigung gegen Peter Siegel. Noch vor einigen Tagen hatte Charlotte von ihrem Schwager zu hören bekommen, ihre Tochter sei eine » Heidin « , sie lache laut, während er aus der Heiligen Schrift vorlese, und stelle » dumme Fragen « , die sich schädlich auf die anderen Kinder auswirkten.
    Auf dem Weg zum Missionshaus musste sie sich der gefräßigen Ziegen erwehren, da sie einmal den Fehler gemacht hatte, sie mit trockenem Haferbrot zu füttern. Im Stall waren zwei Schwarze mit Ausmisten beschäftigt– die Pferde und Maultiere grasten zwar tagsüber auf den Weiden um die Mission, in der Nacht holte man die Tiere jedoch in den Stall. Den Mist sammelten die Angestellten in Eimern und trugen ihn hinüber in den Garten, wo er aufgehäuft, mit Erde gemischt und einmal pro Jahr untergegraben wurde. Charlotte hatte bald begriffen, dass das scheinbar so freundschaftliche Miteinander von Schwarz und Weiß nur oberflächlich war. Man nahm die Mahlzeiten gemeinsam ein, ging miteinander in die Kirche, saß an manchen Abenden sogar zusammen, um zu singen und zu plaudern, doch im Grunde waren die Aufgaben nicht anders aufgeteilt als auf einer Plantage: Die Weißen bestimmten, die körperlichen Arbeiten wurden von den Schwarzen erledigt. Sie bestellten die Felder, sorgten für die Tiere, halfen im Haus, reinigten die Kirche und kümmerten sich um die Aussätzigen, die in einem Häuschen am Rande der Mission betreut wurden. Einige waren Angestellte der Mission, für viele aber waren diese Dienste Teil des Schulunterrichts, den sie hier genossen. Die weißen Missionare ließen sich bis ins Kleinste bedienen, und auch Frau Wohlrab war ausschließlich mit der Sorge für ihre Kinder beschäftigt, wobei sie von mehreren schwarzen Frauen unterstützt wurde.
    Am Eingang des Missionshauses lief Charlotte Missionar Becker in die Arme. Er musste sie durchs Fenster beobachtet haben, denn er trat genau in dem Augenblick aus dem Arbeitszimmer, als sie ins Haus ging.
    » Meine liebe Schwester Charlotte! Mir geht immer das Herz auf, wenn ich Sie umringt von unseren schwarzen Kindern sehe. Gerade kam mir eine wundervolle Idee, darf ich sie Ihnen so einfach im Vorübergehen anvertrauen? «
    » Warum nicht? « , entgegnete sie voller düsterer Vorahnungen.
    Missionar Becker hatte vom ersten Tag an eine besondere Schwäche für sie gehabt; seitdem George die Missionsstation verlassen hatte, konnte sie sich kaum noch vor seiner fürsorglichen Aufmerksamkeit retten. Er war Witwer, seine unglückliche Frau war vor Jahren in Daressalam an einem Fieber verstorben.
    » Nun, ich werde die Tage zu einer kleinen Reise aufbrechen, um unsere treuen Christen in ihren Dörfern zu besuchen, mit ihnen zu sprechen und sie in ihrem Glauben zu stärken. Was halten Sie davon, mich zu begleiten? Sie haben doch inzwischen genügend Waschamba gelernt, um sich verständlich zu machen. «
    Er wollte sie auf eine der in regelmäßigen Abständen durchgeführten Missionsreisen mitnehmen, bei denen man die bereits bekehrten Eingeborenen aufsuchte und andere, die noch nicht zum Glauben gefunden hatten, missionierte. Sosehr sich Charlotte für das Leben der Waschamba interessierte, sie hatte weder Lust, bei der Missionsarbeit mitzuwirken, noch mochte sie eine solche Reise ausgerechnet zusammen mit Missionar Becker unternehmen.
    » Ich weiß nicht recht… ich fürchte,

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