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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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Vorarbeiter fühlte, überwachte das Abladen der Lebensmittel und passte genau auf, dass jeder die bestellten Dinge auch bezahlte. Charlotte war aufgefallen, dass die Preise der indischen Geschäfte in Wilhelmsthal gern in horrende Höhen schnellten, sobald es einen Engpass gab, also hatte sie selbst Reis, Bohnen, Mehl, Tuche und Tabak eingekauft, um sie zu einem anständigen Preis an ihre Angestellten weiterzugeben.
    Sie setzte sich auf einen Stapel fertiger Steine und streichelte Simba über das dichte Nackenfell. Der Hund beschnüffelte sie liebevoll. Er hatte am Bach getrunken, und seine Schnauze hinterließ feuchte Flecken auf ihrer Jacke. Die zufrieden grinsenden Gesichter der Schwarzen und ihre Eile, die erworbenen Waren rasch in ihre Zelte zu bringen, stimmten sie vergnügt und erfüllten sie nach langer Zeit mit echter Zufriedenheit. Vielleicht hatte sie ja doch die rechte Entscheidung gefällt, auch wenn die Anfangsschwierigkeiten größer als erwartet gewesen waren und sie es kaum jemandem hatte recht machen können.
    Gleich nach ihrer Rückkehr aus Tanga war sie mit ihrer Tochter, Klara, Peter Siegel und dem kleinen Samuel zu ihrem neuen Domizil aufgebrochen und hatte die Plantage nahezu menschenleer vorgefunden. Nur wenige Arbeiter waren geblieben, vor allem die kranken, und einige Frauen mit ihren Kindern, die arbeitsfähigen Männer hatten sich anderweitig umgetan. Auch das Wohnhaus war wenig einladend, Frau Manger hatte es bis auf einige selbst gezimmerte Stühle und eine wacklige Kommode vollständig leer geräumt, und das, obgleich Charlotte ihr eine zusätzliche Summe für Möbel und Gerätschaften gezahlt hatte. Vermutlich hatte sie alles, was sie zu Geld machen konnte, an die Nachbarn und Eingeborenen verkauft: Die Betten und Matratzen fehlten, die Vorhänge an den Fenstern waren fort, und im Grunde konnte Charlotte froh sein, dass ihre liebe Freundin Ida nicht auch noch die verglasten Fenstereinsätze verscherbelt hatte. Besonders ärgerlich war, dass auch viele der von Karl Manger neu angeschafften Maschinen und Werkzeuge fehlten, darunter der Pflug, die Anlage, die Strom erzeugt hatte, und eine Menge Hacken und Spaten. Was Ida von dem Vieh veräußert hatte, war schwer abzuschätzen, doch Kerefu, der alte Mann mit der kranken Hüfte, erzählte ihr, dass einige Kühe und eine erkleckliche Anzahl von Schafen und Ziegen den Besitzer gewechselt hatten.
    Sollte sie glücklich damit werden! Charlotte hatte den bösen Verdacht, dass der fürsorgliche ältere Bruder die teuren Fahrkarten nicht ohne Hintergedanken geschickt hatte. Auch in Amerika waren Auswanderer nicht immer auf Rosen gebettet, Arbeitskräfte, die zur Familie gehörten, waren billig, denn sie arbeiteten letztlich nur für Kost und Logis.
    Zum Glück befand sich Peter Siegel noch in einer Phase tiefer Niedergeschlagenheit, so dass er keine Einwände gegen den Ortswechsel erhob, ja, er fragte nicht einmal, wohin man ihn brachte. Widerspruchslos zog er mit Frau und Kind ins obere Stockwerk des Hauses ein, stand dort bis tief in die Nacht am Fenster und starrte auf das wirbelnde Lichterspiel der Glückwürmchen in den Büschen. Erst als sich der Mond am Horizont erhob und der Sternenhimmel mit großer Klarheit über der Plantage aufging, löste er sich von seinem Beobachtungsplatz und legte sich auf die Wolldecken, die Klara in Ermangelung eines Bettes auf dem Boden ausgebreitet hatte.
    Elisabeth dagegen machte aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl. Das sollte eine Plantage sein? Dieses kümmerliche Häuschen, in dem es nur vier Zimmer gab, die außerdem noch vollkommen leer waren?
    » Und wo sind die Schwarzen? Es ist kein Mensch hier, Mama. Du hast eine leere, hässliche Plantage gekauft. Ich will hier nicht bleiben, ich will zurück zur Mission! «
    Die erste Nacht war so schrecklich, dass Charlotte tatsächlich bereute, diesen überstürzten Kauf getätigt zu haben. Ein gewaltiges Gewitter hatte sich über dem Land zusammengebraut, die Atmosphäre war so aufgeladen, dass Charlotte jedes Haar auf ihrem Kopf spürte und selbst Elisabeth aufhörte zu lamentieren. Gewaltige Donnerschläge krachten am Himmel, wenn die Blitze aufzuckten, sah man Bäume und Hügel für Sekunden in einem seltsam bläulichen Licht– ein starres, gespenstisches Bild, das einem eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Auf einem nahen Hügel wurde ein großer Urwaldriese vom Blitz getroffen, sie hörten den gewaltigen Einschlag und zuckten angstvoll zusammen. Kurz

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