Sanfter Mond über Usambara
darauf sahen sie Flämmchen in der Dunkelheit aufzüngeln, doch dann öffnete der Himmel seine Schleusen und brachte das Feuer augenblicklich zum Erlöschen.
Es stellte sich heraus, dass das Dach an zwei Stellen undicht war, so dass sie im strömenden Regen mit der Blendlaterne hinüber ins Nebengebäude laufen mussten, um nach Gefäßen zu suchen. Schließlich fanden sie zwei leere Petroleumbehälter aus Blech– Ida Manger hatte selbst die Futtereimer zu Geld gemacht.
In dieser Nacht schlief Elisabeth dicht an ihre Mutter gekuschelt unter einem Stapel Kleidern. Auf der anderen Seite lag Simba, der wegen des Gewitters noch anhänglicher war als gewöhnlich, was ihn nicht daran hinderte, früh am folgenden Morgen aus dem Haus zu laufen und zwei Enten zu erlegen, die er seiner Herrin stolz vor die Füße warf. Offenbar steckte ein großer Jäger in diesem europäischen Löwen.
Klara, die Charlottes Entschluss zuerst voller Dankbarkeit und Freude aufgenommen hatte, war nach dieser Nacht mit ihren Nerven am Ende. Zwei Koffer waren vollkommen durchweicht, Wände und Fußboden im oberen Stock erwiesen sich bei näherer Untersuchung als schimmelig, und um das Maß voll zu machen, hatte Sammi Fieber, er musste sich erkältet haben.
» Glaubst du wirklich, wir können hier leben? Du weißt so gut wie ich, dass George niemals auf einer Plantage bleiben würde. Und Peter auch nicht– schließlich ist er Pfarrer und kein Pflanzer. «
Charlotte, die selbst nicht gut geschlafen hatte, musste sich schwer zusammenreißen, um der Cousine nicht tiefste Undankbarkeit vorzuwerfen. Weshalb hatte sie diese verdammte Plantage eigentlich gekauft? Doch nur, um Klara und Peter eine Existenz zu ermöglichen!
» Peter wird sich hier erst einmal erholen können « , sagte sie mit mühsam erzwungener Ruhe. » Die Plantage wird euch ernähren, und Peter hat Zeit, über seine Zukunft nachzudenken. «
» Da bin ich mir aber gar nicht sicher, die Umstände sind hier sind alles andere als erholsam, der Schimmel, Sammis Erkältung… «
Das Maß war voll. Dass ausgerechnet die sanfte Klara jetzt mit Vorwürfen über sie herfiel, brachte das Fass zum Überlaufen.
» Meine Güte « , schimpfte Charlotte. » Siehst du nicht, dass die Sonne scheint? Mach die Fenster auf und häng die nassen Sachen zum Trocknen in den Hof. Und hör auf, Sammi so zu verpimpeln, ein kleiner Schnupfen wird ihn schon nicht umbringen! «
Elisabeth hatte eines der Maultiere aus dem Stall geführt und mit einem Bündel beladen. Darin befanden sich ihre Bücher, die lange vernachlässigte Puppe Fräulein Mine und ein einzelner brauner Schuh, dessen Gegenstück nicht auffindbar gewesen war.
» Was hast du vor? «
» Ich reite zurück nach Hohenfriedeberg, Mama. Wir haben gleich Bibelkunde bei Missionar Wohlrab… «
» Du bleibst hier! «
» Ich will nicht hierbleiben « , heulte das Mädchen. » Ich will zu meinen Freunden. Hier hab ich ja nicht mal ein Bett… «
Charlotte griff energisch nach dem Halfter des Maultieres, auch Simba mischte sich kläffend ein– nur die Ankunft einer kleinen Gruppe Schwarzer, die in diesem Augenblick am Eingangsgatter der Plantage auftauchte, verhinderte eine weitere Auseinandersetzung. Es handelte sich um Johannes Kigobo und Jonas Sabuni, der seine Frau und die drei Kinder mitbrachte. Aus eigenem Entschluss waren sie in aller Frühe in Hohenfriedeberg aufgebrochen, um bibi Johanssen nach Neu-Kronau zu folgen und für sie zu arbeiten.
Für Charlotte war ihr Erscheinen wie eine Erlösung. » Jesus will dir helfen, bibi Johanssen « , sagte Jonas Sabuni. » Schickt dir Jonas Sabuni und Martha Mukea und dazu auch noch Johannes Kigobo, obgleich der faul ist und lieber schwatzt als arbeitet. Jetzt wir viel Spaß haben! «
Tatsächlich ging es von nun an besser. Die kleine, hagere Martha Mukea besaß eine naive Fröhlichkeit, die eine andere Stimmung ins Haus zauberte. Ihre Söhne waren nur wenig jünger als Elisabeth, die Tochter Ontulwe zählte erst vier Jahre. Das Mädchen war ein sanftes Püppchen und zugleich ein Schelm, sie hängte sich sofort an Elisabeth, die nun auf einmal » die Große « war und Verantwortung übernehmen sollte. Zu Charlottes Überraschung gefiel der widerspenstigen Tochter diese Rolle, zumindest für eine Weile wurde Elisabeth zur besorgten großen Schwester.
Martha Mukea ging Klara zur Hand, sie wusch die Wäsche, fütterte die Ziegen und half Charlotte, den Gemüsegarten zu erweitern. Jonas Sabuni erwies
Weitere Kostenlose Bücher