Sanfter Mond über Usambara
sich als begabter Koch, der niemanden außer seiner Frau in der Küche duldete und aus Mais, Bohnen, Kartoffeln und Ziegenfleisch leckere Mahlzeiten zusammenstellte. Wenn man allerdings nachfragte, was er in die Speisen hineingetan hatte, erhielt man keine Antwort.
Auch Johannes Kigobo war willig, doch es stellte sich schon bald heraus, dass er zwei linke Hände hatte, zu praktischen Arbeiten war er kaum zu gebrauchen. Dafür war er eine wahre Händlernatur, erledigte die Einkäufe in Wilhelmsthal und rechnete anschließend auf Heller und Rupie mit Charlotte ab. Er war stolz darauf, dass sie ihm Geld anvertraute, und schwor, seine Herrin niemals zu betrügen. Eine solche Sünde würde Jesus ihm nur schwer vergeben können…
Die Arbeiter bei der Lehmgrube hatten inzwischen alle ihre Lebensmittel erhalten und bezahlt, doch nur wenige machten sich wieder ans Werk, vielmehr schien es, als wollten sie erst einmal eine Ruhepause einlegen. Charlotte schob Simbas Schnauze von ihrem Schoß und gab Anweisung, einen Teil der fertigen Ziegel in Bastmatten zu wickeln, um sie auf die Maultiere zu laden. Weitere Steine wurden in Körbe gelegt, die sich drei der Arbeiter auf den Rücken banden– es wäre einfacher gewesen, das Baumaterial mit einem Pferdekarren nach Neu-Kronau zu schaffen, doch dazu war der Pfad zu schmal und die Steigung zu stark.
Bevor Charlotte aufbrach, legte sie das Arbeitspensum für die folgenden beiden Tage fest und berichtete, dass gestern schon das Wellblech für die Dächer mit der Bahn gekommen sei. Nur noch wenige Tage, dann würden die ersten Häuser einzugsbereit sein. Ihre Worte beflügelten den Eifer der Waschamba nur wenig, sie versprachen zwar, viele Ziegel zu formen, doch erst einmal sei pumsika – Pause.
Der Rückweg ging wegen der Träger und der mit Ziegeln schwer beladenen Maultiere langsamer vonstatten als der Hinweg. Charlotte spürte, wie sie von bleierner Müdigkeit erfasst wurde. Hätte sie nicht immer wieder die Bewegungen des Maultieres ausgleichen müssen, wäre sie vermutlich im Sattel eingeschlafen. Während der vergangenen Wochen waren ihre Nächte kurz gewesen und die Tage übervoll mit Arbeit, so dass ihr kaum Zeit geblieben war, über die Trennung von George unglücklich zu sein. Sie hatte Freude daran, die Plantage » auf Vordermann zu bringen « , zugleich aber wusste sie auch, dass sie einen Verwalter einstellen musste, denn wenn George zurückkehrte, würde sie mit ihm nicht hier, sondern an der Küste leben. Sie hatte eine Anzeige in verschiedenen Zeitungen aufgegeben, doch keiner der Männer, die sich auf der Plantage vorstellten, erschien ihr für den Posten des Verwalters geeignet. Die einen hatten keine Erfahrung, die anderen erschienen ihr zu rechthaberisch, ein Däne erschien mit der Schnapsflasche in der Hosentasche, ein junger Bure versuchte sogar, ihr die Plantage abzuhandeln. Sie hatte an Ignatz Kummer geschrieben und nach Jacob Guckes gefragt, doch die Antwort war nicht die erhoffte. Mit der Plantage am Kilimandscharo stand es gut, Jacob Guckes war jedoch schon im vergangenen Jahr fortgegangen. Kummer hatte nie wieder etwas von ihm gehört, was bedeutete, dass Charlotte allein zurechtkommen musste. Die Kartoffellese begann, der Hafer wurde reif, Mais und Bohnen mussten geerntet werden. Eine Weile beschäftigte sie einen Zimmermann aus Bremen, der das Dach des Wohnhauses in Ordnung brachte, die feuchten Holzböden herausriss und durch neue Bretter ersetzte. Der Mann war fleißig und anständig, doch er zog nach getaner Arbeit weiter, einen Hühnerstall und eine Umzäunung wollte er nicht bauen. Dazu brauche sie keinen gelernten Handwerker– jeder Dummkopf könne so etwas zusammenzimmern. Es sei ohnehin eine Schande, dass sie die Hühner hinter einem Zaun halten müsse– ein Hund, der auf Federvieh ginge, gehöre erschossen.
Erfreulich waren die Besuche der Nachbarn. Man ermutigte sie, gab gute Ratschläge und brachte nützliche Geschenke– anders als am Kilimandscharo schienen sich hier zwischen den Plantagenbesitzern echte Freundschaften zu entwickeln. Besonders das Ehepaar Krüger aus Westfalen, das mehr als zehntausend Hektar Land sein Eigen nannte und mehrere Parzellen durch Verwalter bearbeiten ließ, half uneigennützig mit Pflug und Gerätschaften aus und schickte ihr sogar Arbeiter.
» Wissen Sie– wir möchten auf keinen Fall schlecht über den armen Karl Manger reden, er war ein fleißiger Mensch und hat eine Menge auf die Beine gestellt.
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