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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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köstlichen Weihnachtsmakronen, die Erdmute aus heimischen Nüssen und Mandeln hergestellt hatte. Eine Kapelle mitten im Urwald– das hätte ihr gerade noch gefehlt!
    » Die große Regenzeit war dieses Mal recht ergiebig « , schnitt Erdmute nun ein anderes Thema an, » ich bin froh, dass sie jetzt zu Ende ist. Man ist doch sehr von aller Welt abgeschnitten, wenn diese Güsse heruntergehen und alles aufweicht. Es kommen kaum Besucher, und die wenigen, die trotz Regen unterwegs sind, entpuppen sich oft als recht seltsame Zeitgenossen… «
    Sie berichtete von einem Großwildjäger, der Anfang November auf die Plantage kam und sich für drei Tage einquartiert hatte. Ein gut aussehender junger Mann sei er gewesen, ein Engländer– aber leider vollkommen haltlos.
    » Er war unterhaltsam und witzig « , berichtete Gustav Krüger. » Wir hatten an den Abenden unseren Spaß. Aber dem Burschen war anzusehen, dass er weder Selbstdisziplin noch eine vernünftige Lebenseinstellung besaß. Während der drei Tage, die er bei uns verbrachte, war er kaum eine Stunde nüchtern. «
    » Leute wie dieser Jeremy Brook, so hieß er, wenn ich mich recht erinnere, sind zu bedauern « , schaltete sich nun wieder Erdmute Krüger ein, » und leider vermitteln sie den Schwarzen ein völlig falsches Bild von uns. «
    Sie unterhielten sich über verschiedene Schicksale, die sich in Deutsch-Ostafrika im Guten oder auch im Bösen erfüllt hatten. Charlotte war schweigsam, obgleich sie einiges dazu hätte beitragen können, doch sosehr sie die Krügers auch mochte, sie hatte keine Lust, aus ihrer Vergangenheit zu plaudern. Ein ungutes Gefühl beschlich sie. Jeremy musste nach seinem zornigen Aufbruch im September noch mindestens zwei Monate lang irgendwo in der Umgebung unterwegs gewesen sein. Es war lachhaft, aber Klara hatte im Scherz zu ihr gesagt, der junge Mann sei ihr sehr zugetan und habe offenbar ein Auge auf sie geworfen. War sie zu hart gewesen? Wahrscheinlich schon. In Neu-Kronau hatte er sich nützlich gemacht und keinen Tropfen getrunken, nun aber schien er wieder dem Alkohol verfallen zu sein.
    Ich bin schließlich nicht seine Mutter, dachte sie gereizt und versuchte, das nagende Schuldgefühl, das sie beschlich, von sich zu schieben. Er ist ein erwachsener Mann und muss wissen, was er tut.
    Drüben im Esszimmer erhoben sich jetzt streitende Kinderstimmen, natürlich war es Elisabeth, die am lautesten krakeelte. Sie spielte mit dem jüngsten Sohn der Krügers Halma. Ein Wunder, dass es so lange still geblieben war, denn Elisabeth war eine schlechte Verliererin. Der Türvorhang wurde auseinandergeschoben, und der blonde Schopf von Charlottes Tochter tauchte auf. Ihre Wangen glühten vor Empörung.
    » Wilhelm schummelt! «
    Der zehnjährige Junge war einen Kopf größer als Elisabeth, stämmig wie der Vater, der Schädel rundlich, die abstehenden Ohren waren heiß vor Zorn.
    » Das ist gelogen! « , wehrte er sich.
    » Du hast meinen Stein verschoben! «
    » Habe ich nicht! «
    » Elisabeth! « , rief Charlotte in scharfem Ton. » Wir sind hier zu Gast, und ich erwarte, dass du dich benimmst! «
    Auch von der Gegenseite wurden Erziehungsmaßnahmen ergriffen. Oberst Krüger befahl den Jüngsten vor seinen Sessel und schickte sich an, den Sachverhalt zu klären.
    » Sieh mir in die Augen, Wilhelm! «
    Der Junge blinzelte ins helle Licht der Deckenlampe. Die Krügers hatten eine eigene Anlage, die elektrischen Strom produzierte.
    » Du sollst nicht in die Lampe, sondern auf mich schauen, Wilhelm! « , klang es nun schon drohender.
    Der Zehnjährige nahm allen Mut zusammen und begegnete dem väterlichen Blick. Er hielt ihm jedoch nur kurze Zeit stand, dann irrten seine Augen im Raum umher und blieben einen Augenblick lang an der Mutter hängen, bevor er zu Boden sah.
    » Du hast also nicht geschummelt? Kannst du mir darauf dein Ehrenwort geben? «
    » Das… das war so, Papa. Ich… ich bin mit dem Ärmel an dem Stein hängen geblieben, und da hat er sich verschoben. Aber nicht mit Absicht… nur aus Versehen. Elisabeth hat behauptet, der Stein habe ein Feld weiter vorn gestanden. Aber das war… «
    » Ich will keine Ausreden hören! «
    Der Junge verstummte und schaute wieder hilfesuchend zu seiner Mutter hinüber, doch die schien nicht bereit, sich einzumischen. Der Kleine tat Charlotte leid. Die Krügers hatten drei Söhne, die beiden älteren gingen in Deutschland aufsGymnasium und wohnten bei Verwandten, der jüngste– so hatte

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