Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sankya

Sankya

Titel: Sankya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zakhar Prilepin
Vom Netzwerk:
wurde … Das war ein Land!«
    »Und jetzt?«, fragte Sascha, der aus irgendeinem Grund sofort vergaß, wonach er überhaupt gefragt hatte.
    »Und jetzt hasst mich Mama«, antwortete Werotschka; und Sascha hatte den Eindruck, sie habe richtig verstanden, wonach er gefragt hatte.
    Sie fuhren eine Waldstraße entlang, kamen langsam vorwärts, das Auto kam manchmal leicht von der Straße ab. Sascha blickte in Olegs Gesicht, ob der nicht wütend war, aber sein Gesicht blieb undurchdringlich.
    Sie fuhren durch ein Dorf, noch immer fiel Schnee, hartnäckig und hoffnungslos, dicht, wie aus dem Hinterhalt; auf halbem Weg zum zweiten Dorf blieben sie stecken.
    Kaum aufgewärmt, krochen sie wieder aus dem Auto, schoben an, stemmten ihre eiskalten Hände gegen den eiskalten Kofferraum. Es gelang erst, als Oleg vorschlug, jemand solle sich ans Steuer setzte – wie sich herausstellte, konnte nur Sascha fahren, und er war es auch, der sich hineinsetzte. Oleg schob das Auto mit seinen kurzen Armen an, schon kroch es weiter.
    »Mann, hast du Kräfte …«, sagte Matwej begeistert.
    Sie setzten sich ins Auto, lärmten, fröhlich, dass sie es geschafft hatten. Sie zischten durch das zweite Dorf, wo der Schnee ein bisschen plattgefahren war. Kaum waren sie aber aus dem Dorf raus, blieben sie abermals stecken, diesmal endgültig.
    Sie kämpften eine Stunde lang mit dem Wagen, schoben wütend, fluchten, quälten das Auto …
    Das Dorf im Rücken wurde schwarz, nirgendwo war Licht zu sehen.
    »Selbst wenn wir da rauskommen, können wir nicht weiterfahren«, sagte Oleg ruhig. Er ging um seinen abgestorbenen »Wolga« herum. »Gestern wären wir durchgekommen. Heute nicht. Gehen wir zu den Leuten.«
    … Ohne lange zu überlegen, klopften sie an die erste Hütte, und es wurde ihnen geöffnet.
    »Da seid ihr also!«, stellte der Mann fest, der die Tür geöffnet hatte, mit einer Fufaika am nackten Leib und einer Trainingshose mit ausgebeulten Knien. »Ich hab dem Großvater gleich gesagt: ›Die sind bald da.‹ Kommt ins Haus. Wärmt euch mal auf.«
    Er ließ sie alle ins Haus.
    »Was, wie viele seid ihr denn … Habt ihr das Mädel etwa im Kofferraum dabeigehabt?«
    Der Mann schloss die Haustür hinter ihnen.
    »Die Hausfrau ist nicht da, sie ist zu den Nachbarn gegangen. Ich werde euch mal Tee aufsetzen.«
    Er schaute die Ankömmlinge nicht einmal an, als würde es ihn gar nicht interessieren, wie sie aussahen. Er zwängte sich in die Küche und sagte mürrisch, ohne sich umzudrehen: »Geht ins Haus, sage ich, was steht ihr da an der Schwelle rum …«
    »Wir brauchen einen Traktor, Alter«, sagte Sascha laut; wie viele Städter hatte er die schwachsinnige Angewohnheit entwickelt, mit Dorfbewohnern so zu reden, als hörten sie schlecht.
    Er bekam keine Antwort.
    »Na, zieht mal die Schuhe aus«, schlug Sascha den Jungs vor und lächelte säuerlich.
    Zögerlich, wie immer in einem neuen Haus, umso mehr noch auf dem Dorf, begannen sie die Schuhe abzustreifen.
    Das Zimmer lag im Halbdunkel, wurde von der schwachen Glühbirne kaum erhellt, es roch unklar nach irgendetwas.
    »Wahrscheinlich dorthin«, Sascha zeigte auf eine weitere, mit Filz beschlagene Tür.
    Sie gingen ins Haus, hinterließen feuchte Spuren auf dem Dielenboden. Sie versuchten auf Zehenspitzen zu gehen, als würde jemand im Haus schlafen.
    In dem niedrigen Zimmer war es dunkel aber warm. Das schwache Licht des Abends fiel durchs Fenster.
    An der Wand stand eine lange bemalte Bank. In der Mitte des Zimmers – ein großer Tisch, darüber ein Wachstuch mit aufgemalten Blumen.
    Auf der anderen Seite des Tisches war ein Diwan herangeschoben.
    Die Jungs zogen den Bauch ein und setzten sich nebeneinander auf die Bank.
    »Geh auf den Diwan.« Sascha führte Werotschka vorsichtig durchs Zimmer.
    Sie saßen in einer Reihe, schauten sich um. Wenja schnaufte, wollte offenbar etwas sagen, zierte sich allerdings, wenn die Formulierung »sich zieren« auf ihn überhaupt anwendbar war.
    Der Hausherr kam herein, in einer Hand die Teekanne, in der anderen eine Handvoll Gläser.
    »Gib den Untersatz her, dort auf dem Fensterbrett. Unter die Teekanne«, bat er Werotschka. »Und die Kanne für den Teesud steht auch dort.«
    Er drückte auf den Lichtschalter, eine schwache Glühlampe in einem gelben Lampenschirm ging an. Sascha nahm seine Jungs in Augenschein – sie saßen alle ein wenig ermattet da, nicht im Geringsten bedrückt.
    »Der Traktorist schläft betrunken. Und sein Traktor geht

Weitere Kostenlose Bücher