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Sankya

Sankya

Titel: Sankya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zakhar Prilepin
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Minuten in einen Hauseingang verschwunden, und dann ging ich heim.«
    Jana stand vom Tisch auf, sie saß mit dem Rücken zur Bar – Sascha stand ihr gegenüber auf. Sie machte einen Schritt, und so standen sie sich nun Gesicht an Gesicht gegenüber. Sascha nahm leicht ihre Hand, ihren Ellbogen, dabei wusste er noch nicht, was er jetzt sagen oder tun könnte – und Jana bewegte sich plötzlich näher zu ihm, küsste ihn rasch auf den Mund.
    Dann entfernte sie sich.
    »Kann ich allein gehen?«, fragte sie fast zärtlich.
    Sascha nickte, ohne zu denken, er reagierte einfach nur auf ihre Stimme.
    Sie ging rasch mit klappernden Absätzen hinaus, Sascha setzte sich an den Tisch. Die Zitrone, der Geschmack der Zitrone war auf dem Mund, der sehr heiße und süße Zitronengeschmack.
    Sascha leckte die Lippen ab und schaute Janas leeres Glas an: Schwarzer Teesud – Zitronenkerne.

Kapitel 7
    Negativ fuhr am nächsten Tag ab, früh am Morgen.
    »Mach schon, Nega!«, sagte Sascha. Sie standen neben dem Bunker.
    Negativ nickte ruhig und ging. Sascha schaute zu Boden.
    »Wohin will er?«, frage jemand von den »Sojusniki« interessiert.
    »Er kommt gleich zurück«, antwortete Sascha, ohne die Augen zu heben.
    Aus dem Bunker kam der Diensthabende, rief Sascha, übergab ihm ein Handy.
    »Da. Jana lässt es dir bringen. Dass du in Verbindung bleibst. Sie bittet darum, vorerst nicht aus Moskau wegzufahren.«
    Sascha zuckte mit den Achseln.
    »Gut«, sagte er.
    Zwei Tage wohnte er im Bunker, lag lange Zeit in einem weitläufigen Raum, der als Schlafzimmer diente, schaute zur Decke.
    Die »Sojusniki« lagen der Reihe nach direkt auf dem Boden. An der Wand hing ein riesiges Portrait von Kostenko in Militäruniform.
    Bisweilen zog Sascha das Handy aus der Tasche, schaute es an. Er wollte natürlich glauben, dass ihm Jana das Telefon absichtlich gegeben hatte – um Sascha anzurufen … ihn irgendwohin zu beordern …
    Niemand rief an. Weder Jana, noch Matwej tauchten auf. Von Negativ war nichts zu hören. Der Teufel wusste, wo er war.
    In der dritten Nacht erwachte er mit seltsamem Schüttelfrost. Er trank Wasser, direkt aus der Leitung, wusch sich, sprach mit dem Diensthabenden.
    Von irgendwo aus dem Inneren des »sakralen« Zimmers stolperte der bis zur Hüfte nackte Kostja Solowyj – er trug weiße und saubere Unterhosen, war dünn, allerdings sehnig, aus irgendeinem Grund hatte er schwarze Brustwarzen und einen langen Kratzer auf seinem schönen Rücken.
    »Ein Mitglied der Partei hat das Recht, Diensträumlichkeiten für den Geschlechtsakt zu benutzen, wenn als Ergebnis Kinder entstehen«, teilte er dem Diensthabenden mit.
    Zehn Minuten später erschien Kostja Solowyj schon angezogen, spielte in der Hand mit einem Autoschlüssel.
    »Ein Parteimitglied hat das Recht, Frauen in den roten Fahrzeugen der Partei mit Handschaltung zu chauffieren«, sagte er selbstsicher. »Ein Mitglied der Partei hat das Recht, nicht zu arbeiten und sich von einer Frau aushalten zu lassen«, fügte er hinzu, nachdenklich. »Wenn ein Mitglied der Partei bei einer Frau mit Kindern wohnt, hat er das Recht, die für die Kinder zubereiteten Nahrungsmittel zu essen.«
    Dann fuhr er weg. Der Diensthabende schloss die Tür hinter Kostja und lachte.
    Sie unterhielten sich über irgendetwas – Sascha begann selbst als erster zu reden, um nicht an Negativ zu denken.
    Sie setzten Tee auf. Der Diensthabende, stellte sich heraus, war ein Junge aus Weißrussland, der nach Moskau gekommen war, um in den »Sojus« einzutreten … er hatte freundliche Augen, die richtigen Gesichtszüge, einen angenehmen Akzent. Sascha traf unter den »Sojusniki« überhaupt sehr oft sensible, gute Jungs – im einfachsten Sinn des Wortes. Ganz allgemein schien es, dass niemand besondere Neigung zur Aggressivität zeigte …
    Weshalb waren sie alle zusammen so böse?
    »Nein, das ist klar, weshalb«, dachte Sascha. Es gab zahllose Gründe für die Bösartigkeit. Aber erstaunlich war, dass das Aufeinandertreffen von Seelen, die das Gute suchten, sich schlagartig ins Gegenteil verkehren konnte.
    Er überlegte, ob er das jetzt dem weißrussischen Kerl sagen sollte, entschied sich aber dagegen, er war zu faul dazu.
    Sie warfen Worte hin und her, alberten mit halblauter Stimme herum, lachten leise vor sich hin, und schlürften Tee.
    Als sich Sascha, schon gegen Morgen, nochmal schlafen legen wollte, blieb in seinem Kopf, der warm und leicht war, der Eindruck eines angenehmen

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