Sankya
Handfläche, und deutet mit der anderen Hand Richtung Zimmer. »Geht dort hin …«
Wera, die kicherte wie ein liebes Glöckchen, huschte vorbei.
»Wozu hast du dich ausgezogen?«, fragte Sascha.
»Hab mich gewaschen«, antwortete Oleg.
Tatsächlich war er ein wenig nass. Von ihm strahlte Kälte ab – er hatte eine eiskalte Dusche genommen. Er untersuchte seine Visage im Spiegel, offenbar hatte er einen Pickel gefunden.
»Irgendein Dreck kam da heraus«, erklärte Oleg. »Ich kann so lange nicht vom Spiegel weggehen, bis ich es ausgedrückt habe.«
»Gut, schon gut«, sagte Sascha und folgte Wera.
Sie saß ruhig da, am Rande des Diwans, lächelte, und an ihrem Lächeln erkannte Sascha, dass sie der nackte Männerkörper beeindruckt hatte, und überhaupt … es interessierte sie … sie war seit Langem bereit, wollte es. Nur Sascha wollte aus irgendeinem Grund nichts.
Es wäre – natürlich – immerhin auch mit ihr möglich gewesen … aber überhaupt ohne das zu leben, gelang auch nicht. In letzter Zeit, in der die Brust ein wenig kräftiger wurde, hatte Sascha begonnen, sich mehrmals am Tag selbst zu quälen, er macht Klappmesser und Klimmzüge, und stellte fest, wie sich dünne, straffe Muskeln an seinem Körper bildeten. Er wurde drahtig und hart. Und der Kopf wurde leer, frei von jeglichem Echo. Nichts gab in seinem Inneren eine Antwort, auf kein einziges Wort, und die wohligen und kindlichen Erinnerungen verschwanden. Er wurde nur unruhig, wenn er eine Plastiktüte sah – wie die Mutter, nachdem sie von der Arbeit heimgekommen war, etwa Brot herausnahm; einmal zerriss er diese Tüte mit seinen elastischen und bösen, rachsüchtigen Fingern in kleine Stücke.
»Warum machst du das?«, fragte die Mutter.
Er antwortete natürlich nicht. Woher sollte er auch wissen – warum.
»Na also, was ist dort mit Negativ los?«, fragte Oleg, der in Unterhosen hereinkam.
Sascha bemerkte, dass Wera kurz in Richtung seiner Leistengegend schaute.
»Nichts, er sitzt.«
»Schreibt er Briefe?«
»Einen … er hat einen geschrieben. Ich habe Posik angerufen, der ihn mir am Telefon vorlas. Er schrieb, es sei alles normal und es gehe ihm gut. Der Brief bestand höchstens aus fünfundzwanzig Wörtern. Aber, ich glaube, es waren sogar weniger …«
Oleg nickte, und in seinem Gesicht blitzte etwas auf, das entfernt an Bedauern erinnerte.
Wenn Oleg irgendwem von den örtlichen »Sojusniki« echten Respekt zollte, so waren das Negativ und Posik. Irgendwie erfreuten sie ihn einfach. Möglich, dass sie ihn an seine Kameraden aus der Armee erinnerten – an die am wenigsten Umtriebigen und am wenigsten Aufgeregten. An die Kameraden, die schon getötet waren.
Oleg hatte natürlich nicht gesehen, wie Negativ Blumen streichelte – gut möglich, dass ihm das nicht gefallen hätte. Obwohl – der Teufel mag sich bei Oleg auskennen.
»Gehen wir, rauchen wir? Im Eingang?«, schlug Sascha vor.
»Und ich?«, fragte Werotschka.
»Schau dir doch was an. Oleg, was hast du zum Anschauen? Hast du Fotos von dir im Negligee und mit Granatwerfer?«
Im Eingang fragte Sascha sofort und ganz direkt nach der Waffe. Genauer gesagt – er umschrieb sie, man konnte nicht wissen …
»Du hast gesagt, du hättest sowas«, und zeigte dabei, wie ein Mensch schießt.
Oleg senkte den Kopf.
»Werden welche benötigt?«
»Das werden sie«, bestätigte Sascha.
»Mich holt ihr nicht dazu?«, fragte Oleg.
»Das weiß ich noch nicht.«
»Und wann braucht ihr sie?«
»Zum Beispiel heute.«
»Zum Beispiel – na, dann gehen wir gleich«, überbot ihn Oleg geradezu liebevoll.
»Gehen wir«, stimmte Sascha zu. »Was soll ich Werotschka sagen?«
»Ich sags ihr. Wir brauchen eine halbe Stunde.«
Oleg zog Jeans an, ein altes Hemd und eine alte Jacke. Die Füße steckte er in halbhohe Stiefel.
»Ist das dein Mädchen?«, fragte er, während sie im Lift hinunterfuhren, und verbarg dabei in seiner Stimme keineswegs die männliche Gier, die ein ganz bestimmtes Interesse verriet.
»Ich weiß nicht …«, antwortete Sascha, der nicht so sehr über die Frage nachdachte, sondern konzentriert etwas ganz anderes überlegte.
»Was heißt – ich weiß nicht? Schläfst du mit ihr?«
»Wahrscheinlich«, antwortete Sascha, auch diesmal ungenau.
»Komiker …« Oleg fletschte ein unangenehmes Grinsen. »Wie hast du nur in der Armee gedient, du Irrer?«
»Ganz normal«, antwortete Sascha, der auch grinste.
Unten angekommen nahm Oleg einen
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