Sanssouci
beseitigt werden müsse. Die Dringlichkeit entstehe leider durch diverse Anwürfe, die schon fast greifbar gegen Mai im Raum stünden. Frau Kupski warf ein, da müsse man jetzt nicht gleich wieder polarisieren, wenn ein Kind da sei, sie könne darin keinen Skandal sehen, beim besten Willen nicht. Ein Kind? fragte der OB. Von welchen Anwürfen gegen Mai reden Sie? Der Magistratsvorsitzende sagte, er selbst habe drei Kinder, allerdings sei er auch verheiratet. Die Kulturdezernentin: Wollen Sie damit sagen, daß das gesellschaftlich jetzt wieder verbindlich sein soll, Kinder, Ehe, also, daß das der Lebensentwurf ist, den die Stadt ihren Bewohnern vorschreiben soll, oder was? Der Magistratsvorsitzende: Daß Sie keine Kinder haben, wissen wir, es weiß ja die ganze Stadt. Sie kümmern sich lieber um Minderheiten. Die Kulturdezernentin: Ich sehe hier wirklich nicht das Problem. Meckel: Ich glaube auch nicht, daß der Herr Magistratsvorsitzende hier ein Problem sieht, das heißt, also, kein persönliches Problem, sondern nur ein … öffentliches. Der Magistratsvorsitzende: Ihm sei es völlig gleichgültig, wer mit wem in dieser Stadt Kinder hat. Übrigens war Hornung bekanntermaßen verheiratet. Aber man müsse doch an die Presse denken! Da holen wir, die Stadt Potsdam, all diese Kulturleute hierher, und dann machen die sich über unsere Studentinnen her, zeugen hier, was das Zeug hält, und verschwinden dann wieder. Kupski: Oder sterben. Der Magistratsvorsitzende: Ja, oder sterben. Noch schlimmer! Irgendwann wird dieses Kind auf die Titelseite des Lokalblatts kommen. Der OB: Meine Damen und Herren, ist Ihnen eigentlich, wenn ich Sie mitaller gebührenden Höflichkeit darauf hinweisen darf, bewußt, daß ich überhaupt nicht die geringste Vorstellung habe, wovon Sie hier gerade sprechen? Wollen Sie mir sagen, daß Herr Hornung ein Kind in dieser Stadt hat? Der Magistratsvorsitzende: Ja. Die Kulturdezernentin: Nein. Meckel: Ja … das heiße … nein. In gewisser Weise. OB: Herr Hornung hat in gewisser Weise ein Kind in dieser Stadt? Meckel: Ja. Und da kommt wohl was auf uns zu. Der OB: Wo ist denn dieses Kind? Wer ist die Mutter? Ist sie eine bekannte Persönlichkeit? Die Kupski: Das wissen wir nicht. Sie kommt aus Potsdam. Aber wir wissen nicht, wer sie ist. Ich habe die Geschichte nur sehr vertraulich erfahren. Der Magistratsvorsitzende: Das heißt, Sie waren wieder mal im Café? Sie: Ja, genau, im Café. Dort ist man den Dingen etwas näher als in Ihrem Büro, Herr Magistratsvorsitzender. Wir wissen nur, daß Hornung nicht mit ihr zusammengelebt hat. Er hat sie … OB: Sitzenlassen? Die Kupski: Ja und nein. Es ist, mit einem Wort, diesmal wirklich kompliziert. Und weitaus schlimmer. Aber sie wehrt sich inzwischen juristisch, ja, sie war beim Rechtsanwalt, und Herr Dr. Mai ist jetzt in Verzug.
Friedrichsen atmete tief durch, stand auf, ging ein paar Schritte, stellte sich ans Fenster, schaute hinaus, dann kam er wieder zurück und stützte beide Hände auf seinen Schreibtisch. Herr Dr. Mai? fragte er. Warum Herr Dr. Mai? Ich denke, Hornung ist der Betreffende. Meckel: Beide … offenbar. Friedrichsen: Bitte? Die Kupski: Es ist eine Geschichte, die wir auch nur halb verstanden haben. Es basiert alles auf diesem Rechtsanwalt, das heißt, auf dieser Rechtsanwältin … es ist aber strengvertraulich. Bitte, gut, sagte Friedrichsen, lassen wir die Rechtsanwältin anonym bleiben. Und jetzt legen Sie mir die Sache bitte der Reihe nach dar. Der Magistratsvorsitzende: Wie soll man eine Sache, von der Teile ganz im unklaren liegen, der Reihe nach darlegen? Friedrichsen (aufbrausend): Nun reden Sie doch klar! Die Kupski: Also, Herr Hornung ist de iure Vater eines Kindes in der Stadt gewesen. Friedrichsen: Für das er keinen Unterhalt gezahlt hat – ist es das? Die Kupski: Doch. Und für die Mutter glücklicherweise auch. Er ist ja mit ihr verheiratet gewesen. Der Magistratsvorsitzende: Sie haben nicht zusammengelebt, warum sie überhaupt geheiratet haben, ist völlig unklar. Hornung hat sich durch die Heirat auf neun Jahre Unterhalt für die Mutter verpflichtet. Offenbar kannten sie sich gar nicht. Der OB: Wieso neun Jahre? Meckel: Eine alleinerziehende verheiratete Mutter hat neun Jahre Unterhaltsanspruch an den Gatten. Friedrichsen: Aber wenn sie gar nicht zusammengelebt haben? Die Kupski: Es ist nun einmal so. Friedrichsen: Aber war denn Hornung wahnsinnig, so jemanden zu heiraten? Wie kann er jemanden heiraten, mit dem er
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