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Sanssouci

Sanssouci

Titel: Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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exekutierte. Friedrichsen hatte ihn in der ersten Zeit seines Amtes als eine Art spanische Inquisition benutzt, also für die Drecksarbeit. Er wußte bis heute nicht, was er von ihm halten sollte. In Oststadt war Streubel für viele die eigentliche böse Macht im Hintergrund.
    Friedrichsen saß in seinem Büro und erwartete die kleine Runde. Das Büro war so groß wie ein Saal und hatte hohe Decken mit angegrautem Stuck, man fühlte sich darin etwas verloren. Der OB kaute in seinen Mundwinkeln, trank eine Tasse Kaffee und rauchte. Schließlich kam seine Sekretärin und kündigte die Gruppe an. Zuerst trat Frau Kupski ein, mit erhobenem Kopf und säuerlicher Miene, dann Meckel, der auf den Boden schaute, schließlich der Magistratsvorsitzende, der aufgeregt war und rief, er verstehe das alles nicht, sie hätten den Doktor einfach mitnehmen sollen! Er könne sie doch nicht einfach auf offener Straße stehenlassen! Der Vertrag, diese Summen! Hinter dem Magistratsvorsitzenden, der entnervt auf Meckel sah, kam nicht Dr. Mai ins Büro, wie es Friedrichsen erwartet hätte, sondern Erich Overbeck. Der Schauspieler stand unschlüssig da, er war noch nie im Büro des Oberbürgermeisters gewesen. Overbeck trug einen »Friedrich war mal!«-Anstecker.
    Friedrichsen, der hinter seinem Schreibtisch saß, stand auf und ging auf sie zu, um sie der Reihe nach zu begrüßen. Gerade wollte er ein paar Worte an Overbeck richten, um ihn nach dem Grund seiner unangemeldeten Anwesenheit zu fragen (wobei sein Blick auf den Anstecker fiel), als er Geräusche aus dem Vorzimmer hörte, die Tür erneut aufging und unter mehrmaligem Entschuldigen nun auch der Buchhändler Wenk das Büro betrat. Aber meine Damen und Herren, sagte Friedrichsen, was ist das denn für ein Auflauf? Bitte erklären Sie mir doch, was das zu bedeuten hat. Ja, sagte Meckel, freilich, man habe … aber … es sei nun einmal leider ganz anders gekommen. Bitte? fragte der OB. Herr Wenk, wir haben gar keinen Termin jetzt! Das ist keine öffentliche Sprechstunde. Es handelt sich hier lediglich um eine Verabredung zwischen Frau Dr. Kupski, Herrn Meckel, unserem Magistratsvorsitzenden und Herrn Dr. Mai. Bitte respektieren Sie das doch! Der Magistratsvorsitzende: Aber Dr. Mai ist gar nicht da. Ja, und wo bitte ist Herr Dr. Mai? fragte Friedrichsen. Ich hatte doch gebeten, daß ihn jemand abholt und herbegleitet, damit auch sichergestellt ist, daß er kommt. Meckel: Wir waren ja da. Frau Kupski: Es war ein regelrechter Andrang. Friedrichsen: Ein Andrang? Könnten Sie das bitte näher erklären? Frau Kupski: Da waren diese Jugendlichen, unter ihnen dieses Mädchen Heike, Sie wissen schon, die aus der Versammlung. Als ich um die Ecke gebogen kam, verließ Herr Dr. Mai gerade mit diesem Russen das Haus, er ist, glaube ich, Gärtner. Gärtner, wiederholte Friedrichsen, wer ist Gärtner? Sie: Der Russe ist Gärtner. Moment einmal, sagteFriedrichsen, Sie wollen mir erzählen, daß Sie Herrn Dr. Mai mit einem Gärtner angetroffen und deshalb nicht hergebracht haben? Die Kupski: Es sah nicht so aus, als würden sie über Gartenarbeit sprechen. Meckel: Der Gärtner spielt auch in der Serie mit. Sie: Sanssouci, es fiel das Wort Sanssouci. Sie zogen auch das Mädchen zu dem Gespräch hinzu. Herr Dr. Mai schenkte mir leider überhaupt keine Beachtung. So, sagte Friedrichsen, er schenkte Ihnen keine Beachtung? Und Sie, Meckel, fragte er, schenkte er Ihnen Beachtung? Nun, äh, ich, sagte Meckel, ich kam natürlich auch hinzu … unmittelbar nach der Frau Kulturdezernentin. Da waren sieben oder acht Leute. Ich traf Herrn Overbeck … Jawohl, sagte Overbeck, er traf mich. Diese Jugendlichen, Herr Oberbürgermeister, folgen mir manchmal, wohin ich gehe. Komm, komm, sagte Wenk, die Gruppe war schon längst da, als du kamst. Es war nämlich folgendermaßen, sagte Wenk, sich an Friedrichsen wendend …
    Friedrichsen war nun mit seiner Geduld am Ende, er komplimentierte Wenk und Overbeck aus seinem Büro. Fünf Minuten später saßen die Verbliebenen um den Konferenztisch und versuchten auch ohne Herrn Dr. Mai zur Sache zu kommen. Meckel referierte über den Kuratorenvertrag. Friedrichsen erfuhr, daß der Vertrag noch nicht retourniert worden sei. Laut Kupski öffnete Mai nämlich schon seit einiger Zeit seine Post nicht mehr, sondern ließ sie von dem Mädchen lesen. Bitte? fragte Friedrichsen.
    Der Magistratsvorsitzende bat um das Wort und gab zu erkennen, daß Mai seiner Meinung nach dringendwieder

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