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Santiago, Santiago

Santiago, Santiago

Titel: Santiago, Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Aebli
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verabschieden wir uns herzlich. Maurice begleitet uns noch einige Schritte mit seinem Schubkarren, und dann steigen wir durch einen kühlen Wald auf die Höhe von Arzacq. Maurice hat uns eines der zwei kleinen Hotels empfohlen. Wir richten der Wirtin seine Grüße aus und werden freundlich empfangen und untergebracht. So hat der Tag mit seinem unerfreulichen Anfang schließlich sein Gleichgewicht wiedergefunden.
     

Getrübte Harmonie trotz Abendsonne
26. Tag: Von Arzacq-Arraziguet nach Arthez-de-Béarn und nach Maslacq
 
Von Arzacq steigen wir durch Wiesen und Hecken in ein stilles Tal mit einem kleinen Flüßchen ab. Dieses trägt einen interessanten Namen: Luy de France. Warum »von Frankreich«?
Dann geht es wieder aufwärts zu einem Dorf, das einstmals um eine mächtige Burg geschart war, eine Gründung der Engländer, von Richelieu endgültig geschleift. Von dort aus wandern wir auf selbstgewählten Wegen über ein Netz von einsamen Höhenzügen in ein neues Tal hinunter. Hier fließt nun der Luy de Béarn. Warum »de Béarn«?
An diesem Tage sind uns die Gründe völlig unklar. Aber etwas später klären sich die Zusammenhänge. Wir bewegen uns in einer sich verändernden historischen Landschaft, sind im Begriffe, das alte Frankreich zu verlassen und in ein Pyrenäenland mit eigener Geschichte hinüberzuwechseln: das Béarn. Bis zur Zeit der Reformation war dieses Land einmal unabhängig, dann dem Königreich Aragon angeschlossen und dann wieder mit den Engländern verbündet. In der Reformationszeit setzte sich seine eigenständige Geschichte fort, das werden wir zwei Tage später erfahren.
Dies erklärt die ungewöhnlichen Flußnamen. Der Luy de France ist das letzte »französische« Flüßlein, dann war hier einmal Frankreich zu Ende, und es begann mit dem Luy de Béarn eine neue Landschaft mit eigenem Geist und eigener Tradition. Aber wie gesagt: vorerst ist uns dies noch keineswegs klar.
Das Tal des Luy de Béarn erscheint uns ähnlich still wie dasjenige des Luy de France. Das Flüßlein schlängelt sich zwischen Pappeln und Eschen, und wir überschreiten es im Schatten von großen Bäumen bei einer romantischen Mühle, die über dem Wasser gebaut ist. Dann kommen wir auf eine etwas erhöhte Talebene und nach einem erneuten Abstieg endlich gegen Arthez-de-Béarn hinauf.
Auf dem Kamm steht als letzter Rest einer Johanniterkomturei eine charaktervolle Kapelle. Gaston IV von Béarn soll sie nach seiner Rückkehr von der Eroberung Jerusalems gegründet haben. Nach einem langen abschließenden (so meinen wir wenigstens) Straßenmarsch sind wir schließlich im Zentrum von Arthez, hoch über dem Tal des Gave de Pau.
Jetzt haben sich die Häuser verändert. Sie wirken zwar immer noch historisch, aber ihr Geist ist nicht mehr derjenige des Mittelalters. Hier tritt uns das 16. Jahrhundert entgegen. Die Häuser haben größere Fenster und relativ steile Walmdächer. Sie sind immer noch niedrig, aber sie wirken vornehm und selbstbewußt und bei aller Ländlichkeit der Umgebung städtisch.
Auch hier gäbe es geschichtliche Kräfte zu ergründen, aber dazu ist jetzt keine Zeit. Denn in Arthez ereignet sich der Zwischenfall des Tages, und dazu noch einer, der uns zu Herzen geht. Nach unserem Wanderführer sollte es hier oben zwei Hotels geben, genug Platz also für uns. Doch beide sind geschlossen. Nur in der Pfarrei wäre eine Unterkunft zu finden. Das will uns nicht behagen. In der Mairie fragen wir nach den Gasthäusern der Umgebung: das nächstgelegene befindet sich zwei Wegstunden von hier im Tal unten.
Was tun? Verena hat genug von den sechs Marschstunden des Tages, mit ihrem Auf und Ab. Sie nähme am liebsten ein Taxi ins Tal hinunter. Mir will das nicht in den Kopf. Ich finde, von Zeit zu Zeit ereignen sich solche Pannen: dann gelte es, sie durchzustehen, zwei Stunden vermöchten wir an dem Abend noch gut zu gehen. Aber Verena will nicht. Da schlage ich vor, daß sie das Taxi nehme und ich zu Fuß nachkomme. Das ist nun Verena nicht recht. Eine gute Ehefrau läßt ihren Mann nicht einfach allein weiterwandern. Also wäre es an mir, meine Prinzipien aufzugeben. Ich finde aber, Verena wäre gar keine schlechte Ehefrau, wenn sie mich allein gehen ließe, und gebe daher meinen Plan nicht gerne auf. Wie weiter? Schließlich resigniert Verena. Sie will mitkommen. Aber ohne Begeisterung.
So scheint über dem Abend zwar eine goldene Sonne, und das Sträßchen führt bequem abwärts, aber harmonisch ist die Stimmung

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