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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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entgegenstreckte.
    »Mein liebes Kind«, sagte er und in seinen schokoladenbraunen Augen glitzerte es amüsiert, während er mir die Hand tätschelte. »Ich bewundere deine Eleganz. Nach vier Gläsern von Lady Bromptons Spezialpunsch können andere nicht mal mehr ihren Namen lallen.«
    Oh, er hatte mitgezählt. Ich senkte schuldbewusst den Blick. Eigentlich waren es fünf Gläser gewesen. Aber die waren es wirklich wert gewesen! Ich jedenfalls trauerte dem beklemmenden Gefühl diffuser Ängste kein bisschen hinterher. Und ich vermisste auch meine Minderwertigkeitskomplexe nicht. Nein, ich mochte mein betrunkenes Ich. Auch wenn es ein bisschen wackelig auf den Beinen war.
    »Merci pour le compliment«,
murmelte ich.
    »Entzückend!«, sagte der Graf.
    »Es tut mir leid, ich hätte besser aufpassen müssen«, sagte Gideon.
    Der Graf lachte leise. »Mein lieber Junge, du warst anderweitig beschäftigt. Und in erster Linie geht es uns doch heute Abend darum, uns zu amüsieren, nicht wahr? Zumal Lord Alastair, dem ich diese liebenswerte junge Dame unbedingt vorstellen wollte, bis jetzt noch nicht erschienen ist. Ich habe mir aber sagen lassen, dass er hierher unterwegs ist.«
    »Allein?«, fragte Gideon.
    Der Graf lächelte. »Das spielt keine Rolle.«
    Die Anna Netrebko für Arme und der Busengrapscher beendeten ihre Arie mit einem furiosen letzten Akkord und der Graf ließ meine Hand los, um Beifall zu klatschen. »Ist sie nicht wunderbar? Ein wirklich großes Talent und so schön dazu.«
    »Ja«, sagte ich leise und klatschte ebenfalls in die Hände, bemüht, nicht Backe-backe-Kuchen zu mimen. »Da gehört schon einiges zu, die Kronleuchter so zum Klirren zu bringen.« Das Klatschen brachte mein empfindliches Gleichgewicht durcheinander und ich taumelte leicht.
    Gideon fing mich auf. »Ich fasse das nicht«, sagte er böse, die Lippen ganz nah an meinem Ohr. »Wir sind keine zwei Stunden hier und du bist total betrunken! Was um Himmels willen hast du dir dabei gedacht?«
    »Du hast
total
gesagt, das petze ich aber Giordano«, kicherte ich. Im allgemeinen Tumult konnte es niemand sonst hören. »Außerdem ist es jetzt zu spät, um zu meckern. Das Kind ist bereits in den Spezialpunsch gefallen, würde ich mal sagen.« Ein Schluckauf unterbrach mich. »Hopsa, 'tschuldigung.« Ich sah mich um. »Die anderen sind aber noch viel betrunkener als ich, also keine falsche moralische Entrüstung, bitte. Ich habe alles unter Kontrolle. Du kannst mich auch ruhig wieder loslassen, ich stehe hier wie ein Fels in der Brandung.«
    »Ich
warne
dich«, flüsterte Gideon, aber dann ließ er mich tatsächlich los.
    Sicherheitshalber stellte ich mich ein bisschen breitbeiniger hin. Unter dem weiten Rock konnte man das ja nicht sehen.
    Der Graf hatte uns amüsiert zugeschaut, seine Miene zeigte nichts anderes als großväterlichen Stolz. Ich warf ihm einen verstohlenen Blick zu und erntete dafür ein Lächeln, das mir ganz warm ums Herz werden ließ. Warum hatte ich bloß so viel Angst vor ihm gehabt? Nur mit Mühe konnte ich mir in Erinnerung rufen, was Lucas erzählt hatte: dass dieser Mann seinem eigenen Vorfahren die Kehle durchgeschnitten hatte .. .
    Lady Brompton war wieder nach vorne geeilt und dankte Mr Merchant und Lady Lavinia für ihre Darbietung. Dann - bevor Miss Fairfax sich erneut erheben konnte - bat sie um einen kräftigen Applaus für den heutigen Ehrengast, den weit gereisten, geheimnisumwitterten, berühmten Grafen von Saint Germain. »Er hat mir versprochen, heute etwas auf seiner Violine zu spielen«, sagte sie und Lord Brompton kam mit einem Geigenkasten herbeigelaufen, so schnell, wie es seine dicke Wampe erlaubte. Das punschselige Publikum tobte vor Begeisterung. Wirklich, das war eine obercoole Party.
    Der Graf lächelte, während er die Violine aus dem Kasten nahm und zu stimmen begann. »Niemals würde es mir einfallen, Euch zu enttäuschen, Lady Brompton«, sagte er mit weicher Stimme. »Aber meine alten Finger sind nicht mehr so flink wie einst, als ich mit dem berüchtigten Giacomo Casanova am französischen Hof Duette spielte . . . und die Gicht quält mich in diesen Tagen ein wenig.«
    Ein kollektives Raunen und Aufseufzen ging durch den Raum.
    ». . . und deshalb möchte ich die Violine heute Abend an meinen jungen Freund hier weitergeben«, fuhr der Graf fort. Gideon sah ein bisschen erschrocken aus und schüttelte den Kopf. Aber als der Graf seine Augenbraue hochzog und
»Bitte!«
sagte, nahm er das

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