Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
Erschrocken kralle ich mich im nächstbesten Stoff fest den meine Finger finden. Ein entsetztes Keuchen gefolgt von heiserem Kichern.
„Schon in Ordnung. Wir mussten aufbrechen und wollten dich nicht wecken.“
Meine Beine zappeln hilflos in der Luft, meine Arme liegen um Cedrics Hals.
„Eigentlich wollte ich dich tragen, aber das hat er nicht zugelassen.“
„Wie könnte ich? Ich weiß nicht einmal wie dein Gesicht aussieht“, kontert Cedric und schenkt mir ein entwaffnendes Lächeln.
„Darf ich bitte alleine weiter laufen?“
„Entspann dich doch einfach.“
„Hast du meine Prinzessin nicht gehört? Sie möchte selbst gehen.“
Bei dem Wort „Prinzessin“ erröte ich. Es ist das erste Mal, dass Edan diesen Spitznamen vor anderen verwendet.
Mit einem theatralischen Seufzen setzt Cedric mich ab. Meine Füße rutschen auf dem steinigen Boden aus und ich rudere wild mit den Armen um mich. Es ist Edan, der blitzschnell an meiner Seite ist und mich festhält.
„Vielleicht kennst du mein Gesicht nicht“, zischt er Cedric leise zu. Sein Tonfall lässt erahnen, dass ich diese Worte nicht hören sollte.
„Aber ich bin wenigstens sofort an ihrer Seite.“
„Danke“, flüstere ich als hätte ich seine bösen Worte nicht gehört. Um diesen Eindruck zu unterstreichen hauche ich ihm einen Kuss auf die Wange und gehe weiter.
Erst als der Mond am immer dunkler werdenden Himmel steht erreichen wir den Gipfel des Berges. Unter uns breitet sich ein kleiner See aus, umgeben von hartem Gestein. Ein Wasserfall stürzt sich von einer Felsklippe in die Tiefe um den See mit neuem Wasser zu versorgen, da seines stetig in einem kleinen Bach hinfort fließt. Das Gewässer selbst ist von grünem Gras und Blumen umgeben, es finden sich weder Sträucher noch Bäume.
„Wir sind da.“
Ohne zu zögern folgt er einem zugewachsenen Pfad hinab zum Ufer.
„Das Volk der Berg-Ilyea scheint sich sehr sicher zu fühlen“, mutmaßt Enya und fängt sich dafür einen skeptischen Blick von Cedric ein.
„Wie kommst du darauf?“
„Nun“, entgegnet sie schnippisch, „wir haben das Diadem sehr weit von unserem Dorf entfernt aufbewahrt und es zudem von einer Nixe bewachen lassen...“
„Wie kommst du darauf, dass unsere Vorsichtsmaßnahmen nicht ebenfalls sehr ausgefallen sind?“
Ich stöhne und lenke somit beide von ihrem bevorstehenden Streit ab.
„Wie genau sehen diese Sicherheitsvorkehrungen denn aus?“
Der Berg-Ilyea wirft Enya noch einen letzten vorwurfsvollen Blick zu, bevor er mir antwortet:
„Zunächst werden wir uns durch ein Höhlenlabyrinth kämpfen müssen, welches schon vor der Zeit meines Ururgroßvaters geschaffen wurde. Danach treffen wir auf Yuhla, die Wächterin des Armbandes.“
„Was ist diese Yuhla für ein Wesen?“
„Eine Berg-Ilyea.“
Enya lacht auf, doch Cedric bringt sie mit einem Blick zum Schweigen.
„Sie ist besonders. Das werdet ihr sehen, sobald ihr sie kennenlernt.“
„Wir sollten schneller gehen.“
Edans Stimme klingt im Gegensatz zu Cedrics rau und unberechenbar. Er deutet mit dem Finger zur untergehenden Sonne die zwischen zwei Berggipfeln kaum mehr zu sehen ist.
Wir beschleunigen unsere Schritte und kommen vor dem Wasserfall zu sehen. Aufwirbelnde Gischt schlägt mir ins Gesicht und feuchter Nebel legt sich auf meine Haut. Zusammen mit der rapide fallenden Temperatur sorgen diese Umstände für eine Gänsehaut, die langsam von meinem Nacken über meine Arme bis hin zu meinem Bauch kriecht.
Hektisch krame ich in dem Lederbeutel, den ich an meine Hose gebunden habe, und schiebe mir ein bittersüß schmeckendes Blatt in den Mund. Die Übelkeit verschwindet so schnell wie sie gekommen ist und lässt lediglich ein flaues Gefühl zurück.
„Das Labyrinth hinter einem Wasserfall. Wie originell. Es gibt nur gefühlt zehntausend Geschichten, die von solchen Geheimverstecken handeln.“
Bei dem Wort „Geheimverstecken“ rollt Enya theatralisch die Augen und wischt sich einen verirrten Wassertropfen von der Stirn.
„Manchmal ist das Offensichtlichste das beste Versteck.“
Automatisch fahre ich mit meiner linken Hand über den glattpolierten Smaragd. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass auch Enya nach dem Diadem greift und sich umdreht.
Ich folge ihrem Blick und mein Atem stockt. Enya stößt wilde Flüche aus und ich reiße verwirrt die Augen auf.
Am pechschwarzen Himmel zeichnet sich eine weiße Silhouette ab. Ein geflügeltes Pferd landet direkt neben dem
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