Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
die er mir liebevoll auf den Boden ausbreitet.
Erst als ein gemütliches Feuer prasselt und frische Beeren für das Abendessen gesammelt sind, setzt er sich neben mich und beginnt damit, in einem alten Metalltopf eine Suppe zu kochen.
Ich lehne meinen Kopf gegen seine Schulter und stelle mir vor, dass wir zwei alleine auf Firyon sind. Ich rufe mir seine Reaktion auf meine Schwangerschaft in Erinnerung und seufze wohlig.
Er trägt noch immer die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und ich wünsche mir so sehr seine liebevollen Augen zu sehen dass ich sanft nach dem rauen Stoff greife und ihn abstreifen möchte. Doch er hält eisern mein Handgelenk fest und schüttelt den Kopf. Erschrocken ziehe ich mich wieder zurück und rutsche ein Stück von ihm weg. Die plötzliche Kälte verwirrt mich. Cedric und Enya sitzen uns gegenüber und ich sehe, wie sie sich einen bedeutungsschweren Blick zuwerfen.
Tränen schießen mir in die Augen und ich stehe auf, um ein wenig vom Feuerrauch und der merkwürdigen Stimmung weg zukommen.
„Wohin gehst du?“
Es schmerzt mich, dass Cedric und nicht Edan mich fragt.
„Ich brauche ein wenig Abstand vom Feuer“, sage ich wahrheitsgemäß und verschweige den zweiten Grund für meinen abrupten Aufbruch.
„Nur eine kleine Runde“, brumme ich noch und verlasse dann mit raschen Schritten den Lagerplatz. Meine Kapuze ziehe ich mir tief ins Gesicht um mich ein wenig vor dem kalten Wind zu schützen der jeden ungeschützten Fleck Haut nutzt um meine Wärme an sich zu reißen.
Der unbarmherzige Luftzug und Edans Ungerechtigkeit treiben mir Tränen in die Augen und ich blinzle sie schnell weg als ich Schritte hinter mir höre. Eine kräftige Hand legt sich auf meine Schulter und mir entfährt ein leiser Schluchzer.
„Behaupte nicht wieder, dass alles in Ordnung ist.“
„Cedric?“
Ich hasse mich selbst dafür, dass meiner Stimme die große Enttäuschung anzuhören ist, aber ich habe nicht die Kraft, um sie zu verbergen.
„Soll ich wieder gehen?“
Auch er gibt sich keine große Mühe, um seine wahren Gefühle zu verstecken. Trauer und Unverständnis.
„Nein, bitte bleib.“
Schon als die Worte meine Lippen verlassen wundere ich mich über sie.
„Ist dir nicht kalt?“
Als ich zögerlich nicke legt er mir seinen Mantel um die Schultern. Vorsichtig schiele ich zu ihm.
Obwohl der Mond nur schwach leuchtet sehe ich seine kräftige Statur. Unter dem weißen Hemd zeichnen sich deutlich beneidenswerte Muskeln ab. Er hat den Kopf gen Himmel gestreckt und die Augen geschlossen. Etwas mutiger wende ich mich ihm zu und betrachte ihn genauer. Seine gerade Nase und das markante Kinn machen ihn definitiv zu einem Ilyea, der gemeinhin als schön bezeichnet wird. Auf seinen Wangen ist der Ansatz eines Bartes zu erkennen.
„Niamh?“
Peinlich berührt stelle ich fest, dass er mich schon seit einiger Zeit beobachten muss. Seine Augenbrauen sind fragend nach oben gezogen und sein rechter Mundwinkel deutet ein Lächeln an.
Schnell hebe ich den Kopf und beobachte die funkelnden Sterne.
„Es ist schwierig.“
„Das verstehe ich.“
„Tust du das wirklich? Warst du jemals schwanger? Und war dein Kind im Begriff dich zu töten?“
Mit tränenverschleiertem Blick starre ich den Abhang hinunter zu dem uns meine Schritte unbewusst geführt haben. Einige kleine Sträucher krallen sich mit ihren Wurzeln unnachgiebig in dem porösen Gestein fest. Sie klammern sich genauso an ihr Leben wie ich. Ihr Kampf ist ebenso aussichtslos wie meiner.
Frustriert trete ich einen losen Stein Richtung Abgrund. Mit einem leisen Klicken trifft er dort auf und plötzlich löst sich noch mehr Gestein. Ein trostloser Seufzer entfährt mir als ich sehe, dass mein kleiner Kiesel alle Sträucher mit sich in die Tiefe gerissen hat.
„Wer ist wohl mein Kiesel?“
„Bitte?“
Verwirrt fahre ich mir mit einer Hand durch die Haare. Cedrics Anwesenheit habe ich total vergessen.
„Nichts“, weiche ich aus und drehe mich um, „lass uns zu den anderen zurückkehren. Mir ist kalt.“
Der Berg-Ilyea folgt mir wortlos. In dieser Nacht rolle ich mich bibbernd unter meinem Mantel zusammen. Als der Mond direkt über uns steht spüre ich plötzlich einen warmen Arm um meine Hüfte und eine Hand auf meinem Bauch. Erschrocken blicke ich hinter mich und sehe Edan selig lächeln.
Bevor ich versuche weiterzuschlafen schlage ich ihm die Kapuze wieder über den Kopf.
Ich erwache, als meine Welt plötzlich wackelt und bebt.
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