Sara & Fuxia: Das Zauberamulett (German Edition)
ein Troll keine Chance!
Aber: Wie so oft – erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Fuxias Mutter hatte inzwischen schon sehr wohl Vorkehrungen gegen unliebsame Besucher getroffen und den Schrank mit einem Zauber belegt. Als der Troll die Schranktüren öffnen wollte, fuhr ein blauer Blitz aus dem Schloss. Der Troll sprang erschrocken auf und blies heftig auf seine verbrannten Fingerspitzen. Lange ließ er sich davon aber nicht aufhalten. Er machte einen Schritt zurück und kramte in seiner großen, unförmigen Tasche herum. Dabei warf er fieberhaft nervöse Blicke auf den Schrank, ganz so, als ob der Kasten ihn nochmals verletzen könnte. Der Troll kramte und kramte und schließlich schien er gefunden zu haben, wonach er suchte. Zufrieden grinsend zog er es aus der Tasche und Fuxia konnte sich nicht erklären, worüber sich der Troll so freute. Sie erkannte nicht, was der Troll da zwischen Daumen und Zeigefinger hielt. Erst als er dieses Etwas höher hielt und durch ein Fenster einige Mondstrahlen darauf fielen konnte Fuxia es erkennen: Es war eines der Feenhaare, die der Troll in der Vornacht aus Mariellas Zimmer gestohlen hatte. Das Haar schimmerte glitzernd im Mondschein und schien den Troll zu hypnotisieren, denn er konnte seinen Blick nicht und nicht von dem silbernen Faden abwenden. Aber auch Fuxia war von dem Anblick gefangen. In der Nacht zuvor hatten sie das Haar nur undeutlich sehen können. Im Kerzenschein hatte es zwar auch schon sehr zauberhaft ausgesehen, aber diese absolut magische Anziehung entwickelte Mariellas Haar erst im Mondschein.
Schließlich hörte Fuxia ein Geräusch. Eigentlich waren es zwei Geräusche. Das eine konnte sie vermeintlich deutlich ausmachen: Sie sah, dass sich die Lippen des Trolls unablässig bewegten und er scheinbar einen weiteren Zauberspruch aufsagte. Aber das andere Geräusch . . . Es schien aus dem Nichts zu kommen und erst langsam begriff Fuxia, dass es der Klang des Feenhaares war. Fuxia wusste nicht, ob es sich durch den gemurmelten Zauberspruch oder durch einen Luftzug zu bewegen begonnen hatte, aber ganz offensichtlich spielte es eine Melodie. Unglaublich, dass ein einzelnes Haar eine so komplexe Melodie spielen konnte. Fuxia vergaß alle Sorgen, den Streit mit Sara und auch den Troll. Sie war ganz gefangen von der einschläfernden Melodie des Feenhaares.
Der Troll legte das Feenhaar vorsichtig auf ein Tischchen, das neben dem Kasten stand – und dennoch spielte es unbeirrbar und wie von Geisterhand gezupft weiter. Fuxia starrte das silbrig glänzende Haar fasziniert an. Der Troll war jetzt komplett nebensächlich geworden. Alles was zählte, war das Feenhaar und die wunderbare Musik, die es spielte. Nie zuvor hatte sie so etwas Reines gehört. Selbst die herrliche Singstimme von Madame Wisez kam an diesen Klang nicht heran. Fuxia versank völlig in dieser eigentlich völlig unmöglichen Symphonie zauberhafter Klänge und während dessen machte sich der Troll daran, den Zauberkasten ihrer Eltern zu durchstöbern. Die Feenhaar-Musik hatte alle Sicherheitsflüche unwirksam gemacht und der Troll nahm sich jetzt alle Zeit der Welt um den Kasten zu durchstöbern. Der Kasten war tief – viel tiefer, als er von außen aussah und so verschwand der Troll mit seinem, im Vergleich zum Rest des Körpers, übergroßen Hinterteil schon bald komplett im Kasten. Fuxia nahm das stöbernde Geräusch des Trolls nur ganz, ganz unbewusst war. Die Musik des Feenhaares überlagerte alle anderen Geräusche. Die Hexe konnte sich nicht einmal mehr von der Stelle rühren. Und ganz ehrlich: Sie wusste nicht einmal, ob sie sich überhaupt bewegen wollte. Alles was Fuxia in diesem Moment wollte war, dass diese wundervolle Musik niemals aufhörte.
Minuten später tauchte der Troll wieder aus dem Kasten auf. Zuerst erschien wieder das riesige Hinterteil und schließlich schob sich auch der kurze Oberkörper ins Freie. Zuletzt kamen der Troll-Kopf mit der knolligen Nase, den winzigen bebrillten Augen und schließlich die Arme des Trolls. Aus den Augenwinkeln nahm Fuxia wahr, dass der Troll die Arme weit von sich gestreckt hatte und etwas in den Händen hielt. Es schimmerte und glitzerte – wenn auch nicht so eindrucksvoll wie das Feenhaar. So weggetreten die kleine Hexe in diesem Moment auch war, sie wusste, dass der Troll die Zauberkugel ihrer Mutter stehlen wollte.
Macht nichts, dachte sie sich, die Musik ist ja soooo schön!
So schnell und lautstark der Troll in den Turm
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