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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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ist.«
    Faith konnte im Augenblick nicht als Frau reagieren, also reagierte sie als Polizistin. » Hat Anna sonst noch etwas gesagt?«
    » Nicht viel. Sie hat große Schmerzen. Jetzt, da sie wach ist, bekommt sie noch mehr Morphium.«
    Faith strich mit der Hand über den Rücken des Babys, spürte die Weichheit seiner Haut, die winzigen Knochen seiner Wirbelsäule. » Was glauben Sie, wie lange wurde er allein gelassen?«
    » Der Sanitäter hatte recht. Ich würde sagen, maximal zwei Tage. Sonst wäre er in einem ganz anderen Zustand.« Sara legte sich den Kleinen auf die andere Schulter. » Irgendjemand hat ihm Wasser gegeben. Er ist dehydriert, aber nicht so schlimm wie einige Kinder, die ich gesehen habe.«
    » Was machen Sie eigentlich hier?«, fragte Faith. Die Frage kam völlig unbedacht heraus. Sie hörte sie in ihren Ohren klingen und hielt sie für gut – gut genug, um sie zu wiederholen. » Warum sind Sie hier? Warum waren Sie überhaupt bei Anna?«
    Sara legte das Baby behutsam zurück in die Wiege. » Sie ist meine Patientin. Ich habe mich um sie gekümmert.« Sie steckte die Decke um den Kleinen fest. » So wie ich mich heute Morgen um Sie kümmern wollte. In Delia Wallace’ Praxis hat man mir gesagt, dass Sie noch nicht angerufen haben.«
    » Ich hatte ein bisschen was zu tun. Musste Babys aus Mülleimern retten.«
    » Faith, ich bin hier nicht der Feind.« Saras Stimme bekam das ärgerliche Timbre von jemandem, der versucht, vernünftig zu sein. » Es geht jetzt nicht mehr nur um Sie. Sie tragen ein Kind in sich – ein zweites Leben, für das Sie verantwortlich sind.«
    » Das ist meine Entscheidung.«
    » Ihre Entscheidungsuhr läuft ab. Wenn Ihr Körper zwischen dem Diabetes und dem Baby entscheiden muss, dann gewinnt immer der Diabetes.«
    Faith atmete tief durch, aber das machte es auch nicht besser. Sie nahm kein Blatt vor den Mund. » Wissen Sie, Sie können ja versuchen, sich in meinen Fall zu drängen, aber ich werde auf keinen Fall zulassen, dass Sie sich in mein Privatleben drängen.«
    » Wie bitte?« Sara hatte die Unverfrorenheit, überrascht zu klingen.
    » Sie sind keine Coroner mehr, Sara. Sie sind nicht mit einem Polizeichef verheiratet. Er ist tot. Sie haben mit eigenen Augen gesehen, wie er in Stücke gerissen wurde. Sie werden ihn nicht zurückbekommen, indem Sie in der Leichenhalle rumhängen und sich in eine Ermittlung einmischen.«
    Sara stand mit offenem Mund da, offensichtlich unfähig zu einer Reaktion.
    Unvermittelt brach Faith in Tränen aus. » O mein Gott, das tut mir leid. Das war furchtbar.« Sie hielt sich die Hand vor den Mund. » Ich kann nicht glauben, dass ich das eben gesagt …«
    Sara schüttelte den Kopf und schaute zu Boden.
    » Das tut mir so leid. O Gott, es tut mir leid. Bitte verzeihen Sie mir.«
    Sara ließ sich Zeit mit der Antwort. » Ich nehme an, Amanda hat Sie über die Details informiert.«
    » Ich habe im Netz recherchiert. Ich habe nicht …«
    » Hat Agent Trent es auch gelesen?«
    » Nein.« Faith ließ ihre Stimme fest klingen. » Nein. Er meinte, das gehe ihn nichts an, und er hat recht. Es geht auch mich nichts an. Ich hätte es nicht tun sollen. Ich bin einfach ein schrecklicher, schrecklicher Mensch, Sara. Ich kann nicht glauben, dass ich das zu Ihnen gesagt habe.«
    Sara bückte sich zu dem Baby, legte ihm die Hand ans Gesicht. » Alles okay.«
    Faith suchte verzweifelt nach Worten, ratterte all die schrecklichen Dinge herunter, die sie über sich sagen konnte. » Hören Sie, ich habe Sie angelogen, was mein Gewicht angeht. Ich habe fünfzehn Pfund zugelegt, nicht zehn. Ich esse Pop-Tarts zum Frühstück und manchmal auch zum Abendessen, aber meistens mit Diet Coke. Ich treibe nie Sport. Niemals. Zum Laufen bequeme ich mich nur, wenn ich es in der Werbepause aufs Klo und zurück schaffen will, und ganz ehrlich, seit ich einen Digitalrekorder habe, mache ich nicht mal mehr das.«
    Sara schwieg.
    » Es tut mir so leid.«
    Sara beschäftigte sich wieder mit der Decke, steckte sie noch fester, damit das Baby in einem engen, kleinen Kokon lag.
    » Es tut mir leid«, wiederholte Faith und fühlte sich so schlecht, dass sie dachte, sie würde gleich kotzen.
    Sara behielt ihre Gedanken für sich. Faith überlegte sich, wie sie den Raum möglichst würdevoll verlassen konnte, als die Ärztin sagte: » Ich wusste, dass es fünfzehn Pfund waren.«
    Faith spürte, wie die Spannung sich ein wenig löste. Sie war schlau genug, das nicht zu ruinieren,

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