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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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wir ganz von vorn anfangen wollen, müssen wir genau das tun – uns den ursprünglichen Bericht des ersten Polizisten vor Ort besorgen und ihn Punkt für Punkt sorgfältig durchgehen. Ich weiß, Galloway hat gesagt, der Kerl ist in Montana beim Fischen, aber wenn seine Notizen was taugen, müssen wir gar nicht mit ihm sprechen.«
    » Wonach suchen Sie?«
    » Ich weiß es nicht. Aber es nervt mich, dass Galloway den Bericht noch nicht gefaxt hat.«
    » Er ist ja nicht gerade derjenige, bei dem alle Fäden zusammenlaufen.«
    » Nein, aber alles, was er bis jetzt zurückgehalten hat, hat er aus einem bestimmten Grund zurückgehalten. Das haben Sie selbst gesagt. Leute tun nichts Dummes ohne eine logische Erklärung.«
    » Ich rufe in seinem Büro an und schaue, ob seine Sekretärin es auch ohne Galloway schafft.«
    » Sie sollten sich diese Kratzer auf Ihrem Handrücken mal behandeln lassen.«
    Er sah auf seine Hand hinunter. » Ich glaube, Sie haben sie sich lange genug angeschaut.«
    Bis auf das Gespräch mit Anna Lindsey tags zuvor hatte Faith noch nie direkt mit Amanda an einem Fall gearbeitet. Ihre Interaktion beschränkte sich bisher meistens darauf, dass Amanda an ihrem Schreibtisch saß, die Fingerspitzen aneinandergelegt wie eine missbilligende Gouvernante, während Faith nervös auf ihrem Stuhl herumrutschte und ihr berichtete. Aus diesem Grund vergaß Faith öfter mal, dass Amanda sich mit Klauen und Zähnen die Karriereleiter hochgearbeitet hatte, zu einer Zeit, als Frauen in Uniform nichts anderes tun durften, als Kaffee zu holen und Berichte zu tippen. Sie durften nicht einmal Waffen tragen, weil die hohen Tiere dachten, wenn eine Frau sich entscheiden musste, entweder einen Verbrecher zu erschießen oder sich die Nägel nicht abzubrechen, würde Letzteres den Ausschlag geben.
    Amanda war die erste Beamtin gewesen, die sie eines Besseren belehrt hatte. Sie war in einer Bank, um ihren Gehaltsscheck einzulösen, als ein Mann beschloss, einen schnellen Abgang zu machen. Eine der Schalterdamen war in Panik geraten, und der Bankräuber schlug mit der Pistole auf sie ein. Amanda schoss ihm ins Herz, voll ins Schwarze, wie man beim Scheibenschießen sagte. Faith hatte sie einmal erzählt, dass sie sich danach die Nägel hatte machen lassen.
    Für Otik Simkov, den Portier von Anna Lindseys Gebäude, wäre es von Vorteil gewesen, wenn er diese Geschichte gekannt hätte. Vielleicht aber auch nicht. Der Kerl war der Inbegriff an Ignoranz, obwohl er in einer zu kleinen, leuchtend orangefarbenen Gefängnisuniform und in offenen Sandalen steckte, die vor ihm schon Tausende von Gefangenen getragen hatten. Sein Gesicht war schrundig und zerschlagen, dennoch saß er aufrecht da. Als Faith das Verhörzimmer betrat, musterte er sie mit einem Blick wie ein Farmer eine Kuh.
    Cal Finney, Simkovs Anwalt, schaute demonstrativ auf seine Uhr. Faith hatte ihn schon oft im Fernsehen gesehen, seine Werbespots hatten einen ganz besonders nervtötenden Jingle. Er war persönlich so einnehmend wie im Fernsehen. Die Uhr an seinem Handgelenk hätte Jeremy durchs College gebracht.
    » Tut mir leid, dass ich zu spät komme.« Faith richtete die Entschuldigung an Amanda, wusste sie doch, dass sie die einzig Wichtige war. Sie setzte sich auf einen Stuhl Finney gegenüber und sah sofort den Blick offener Geringschätzung, mit dem Simkov sie unverblümt anstarrte. Das war offensichtlich kein Mann, der je gelernt hatte, Frauen zu respektieren. Vielleicht würde Amanda das ändern.
    » Vielen Dank, dass Sie bereit sind, mit uns zu sprechen, Mr Simkov«, sagte Amanda zur Gesprächseröffnung. Noch benutzte sie ihre freundliche Stimme, aber Faith kannte ihre Chefin gut genug, um zu wissen, dass Simkov in Schwierigkeiten war. Ihre Hände ruhten auf einem Aktenordner. Wenn Faith sich auf ihre Erfahrung verlassen konnte, dann würde Amanda irgendwann diesen Ordner aufschlagen und die Tore der Hölle öffnen.
    Sie sagte: » Wir haben nur ein paar Fragen an Sie bezüglich …«
    » Leck mich, Lady«, blaffte Simkov. » Reden Sie mit meinem Anwalt.«
    » Dr. Wagner«, sagte Finney. » Ihnen ist sicher bewusst, dass wir heute Morgen eine Klage gegen die Stadt wegen Polizeibrutalität eingereicht haben.« Er öffnete seinen Aktenkoffer und zog einen Stapel Papiere heraus, den er lautstark auf den Tisch fallen ließ.
    Faith spürte, dass sie errötete, aber Amanda schien völlig unbeeindruckt. » Ich weiß das durchaus, Mr Finney, aber Ihrem Mandant droht

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