Sara Linton 01 - Tote Augen
ohnmächtig geworden.«
Er schien zu schockiert, um zu sprechen.
» Ich hätte es Ihnen schon früher sagen sollen. Darum geht’s übrigens bei meinem geheimen Termin in Snellville. Ich gehe zu einer Ärztin, die mir mit dieser Diabetesgeschichte weiterhilft.«
» Sara kann nicht Ihre Ärztin sein?«
» Sie hat mich zu einer Spezialistin überwiesen.«
» Spezialistin heißt, dass es ernst ist.«
» Es ist eine Herausforderung. Der Diabetes macht es nur noch schwieriger. Doch es ist zu schaffen.« Sie musste einfach hinzufügen: » Das hat zumindest Sara gesagt.«
» Soll ich Sie zu diesem Termin begleiten?«
Faith hatte kurz vor Augen, wie Will mit ihrer Handtasche auf seinem Schoß im Wartezimmer von Delia Wallace’ Praxis saß. » Nein. Vielen Dank. Ich muss das selbst machen.«
» Weiß Victor …«
» Victor weiß nicht Bescheid. Niemand weiß davon bis auf Sie und Amanda, und ihr habe ich es nur gesagt, weil sie mich beim Insulinspritzen erwischt hat.«
» Sie müssen sich selbst spritzen?«
» Ja.«
Sie konnte sein Hirn beinahe arbeiten sehen, all die Fragen, die er ihr stellen wollte, aber nicht wusste, wie er sie formulieren sollte.
Faith sagte: » Wenn Sie einen anderen Partner wollen …«
» Warum sollte ich einen anderen Partner wollen?«
» Weil es ein Problem ist, Will. Ich weiß nicht, wie groß das Problem werden wird, aber mein Blutzucker geht rauf und runter, und ich werde emotional, und entweder beiße ich Ihnen den Kopf ab oder ich fühle mich, als würde ich gleich in Tränen ausbrechen, und ich weiß nicht, wie ich mit dieser Geschichte meine Arbeit schaffen werde.«
» Sie werden damit schon zurechtkommen«, sagte er, so vernünftig wie immer. » Ich bin auch zurechtgekommen. Mit meinem Problem, meine ich.«
Er war so anpassungsfähig. Wenn irgendwas Schlimmes passierte, egal, wie entsetzlich es war, nickte er nur und machte weiter. Sie vermutete, dass er das im Waisenhaus gelernt hatte. Vielleicht hatte aber auch Angie Polaski es ihm eingebläut. Als Überlebenstechnik war das sehr empfehlenswert. Als Basis für eine Beziehung war es verdammt irritierend.
Und Faith konnte absolut nichts dagegen tun.
Will setzte sich auf. Er benutzte seinen üblichen Trick, machte einen Witz, um die Spannung zu lösen. » Wenn ich was zu sagen hätte, wäre es mir lieber, Sie beißen mir den Kopf ab, als dass Sie anfangen zu weinen.«
» Das geht mir mit Ihnen auch so.«
» Ich muss mich entschuldigen.« Plötzlich war er wieder ernst. » Für das, was ich mit Simkov gemacht habe. Ich bin noch nie irgendjemanden so angegangen. Wirklich noch nie.« Er schaute ihr in die Augen. » Ich verspreche Ihnen, es wird nie wieder vorkommen.«
Faith konnte nur eines darauf sagen: » Danke.« Natürlich war sie nicht einverstanden mit dem, was Will getan hatte, aber es war schwer, jemandem Vorwürfe zu machen, der sich selbst bereits so offensichtlich hasste.
Jetzt war es an Faith, für Entspannung zu sorgen. » Wir sollten das Spiel › guter Bulle, böser Bulle ‹ für eine Weile sein lassen.«
» Ja, das › blöder Bulle, Bullenzicke ‹ funktioniert bei uns viel besser.« Er griff in seine Westentasche und gab ihr den Zettel mit Jake Bermans Adresse zurück. » Wir sollten in Coweta anrufen und die Kollegen bitten, sich Jake Berman anzusehen, damit wir sicher wissen, ob er auch der Richtige ist.«
Die Rädchen in Faiths Hirn brauchten eine Weile, um sich in eine neue Richtung zu bewegen. Sie schaute sich Sams Blockschrift an, das blöde Herz um die Adresse. » Ich weiß nicht, warum Sam denkt, er kann den Kerl in fünf Minuten aufspüren, wenn unsere gesamte Datenverarbeitung ihn in zwei Tagen nicht findet.«
Faith zog ihr Handy heraus. Da sie sich nicht lange mit dem vorgeschriebenen Behördenweg aufhalten wollte, rief sie Caroline, Amandas Assistentin, an. Die Frau lebte praktisch in dem Polizeigebäude und reagierte bereits nach dem ersten Klingeln. Faith nannte ihr Bermans Adresse und bat sie, den Field Agent im Coweta County überprüfen zu lassen, ob dieser Jake Berman derjenige war, nach dem sie suchten.
» Soll er den Kerl in die Zentrale bringen?«, fragte Caroline.
Faith überlegte kurz, wollte aber dann die Entscheidung nicht allein treffen. Sie fragte Will: » Wollen Sie, dass Berman hergebracht wird?«
Er zuckte die Achseln, antwortete aber: » Wollen wir ihn warnen?«
» Ein Polizist, der an die Tür klopft, ist sowieso schon eine Warnung.«
Will zuckte noch einmal die
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