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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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nach Hause gehen, der gut aussah, und dann zwanzig Minuten vor dem Aufbruch zur Arbeit aufstehen konnte.
    Pauline strich Felix durch die Haare und dachte, dass sie das kein bisschen vermisste. Auch wenn eine Nummer dann und wann ein verdammtes Himmelsgeschenk wäre.
    » Törtchen«, sagte sie erleichtert, als sie mehrere Stapel davon vor der Bäckereitheke aufgereiht sah. Ihre Erleichterung ließ schnell nach, als sie sah, dass jedes in Pastellfarben verpackt und mit Osterhasen und bunten Eiern verziert war. Die Benachrichtigung, die sie von der Schule erhalten hatte, hatte explizit konfessionsfreie Törtchen verlangt, aber Pauline wusste nicht so recht, was das heißen sollte, außer dass Felix’ Schule eine extrem teure Privatschule war, die vor politisch korrektem Unsinn nur so strotzte. Sie würden es nie eine Osterparty nennen – es war eine Frühlingsparty, die zufällig ein paar Tage vor dem Ostersonntag stattfand. Welche Religion feierte Ostern nicht? Sie wusste, dass die Juden kein Weihnachten hatten, aber um der Liebe Gottes willen, Ostern drehte sich doch nur um sie. Sogar die Ungläubigen hatten den Osterhasen.
    » Na gut«, sagte Pauline und gab Felix ihre Handtasche. Er hängte sie sich über die Schulter, und Pauline bekam es ein wenig mit der Angst. Sie arbeitete im Innenarchitekturbereich. So ziemlich jeder Mann in ihrem Leben war ein flammender Schwuler. Sie würde sich anstrengen müssen, um ein paar normale Männer kennenzulernen, ihnen beiden zuliebe.
    In jeder Schachtel waren sechs Törtchen, Pauline nahm sich deshalb sechs Schachteln, weil sie dachte, dass auch die Lehrerinnen etwas davon haben wollten. Sie konnte die Lehrerschaft der Schule nicht ausstehen, aber die Lehrer liebten Felix, und Pauline liebte ihren Sohn, was bedeuteten da schon die vier Dollar fünfundsiebzig zusätzlich, um die fetten Kühe, die sich um ihren Sohn kümmerten, durchzufüttern?
    Als sie die Schachteln in den vorderen Teil des Ladens trug, machte sie der Backwarengeruch hungrig und zugleich ekelte er sie an, so als könnte sie alle auf einmal essen und dann die nächste Stunde auf der Toilette verbringen. Es war zu früh, um irgendetwas mit Zuckerglasur zu riechen, das war klar. Sie drehte sich um und schaute nach Felix, der sich hinter ihr herschleppte. Er war erschöpft, und das war ihre Schuld. Sie überlegte sich, ihm doch die Gummibären zu kaufen, die er gewollt hatte, aber ihr Handy klingelte, als sie die Törtchen auf das Förderband an der Kasse legte, und alles war vergessen, als sie die Nummer erkannte.
    » Ja?«, fragte sie und sah zu, wie die Schachteln auf dem Band langsam zu der hängeschultrigen Kassiererin wanderten. Die Frau war so dick, dass sie ihre Hände kaum vor dem Bauch falten konnte, wie ein T-Rex oder ein Seehundbaby.
    » Pauline.« Morgan, ihr Chef, klang verzweifelt. » Glauben Sie wirklich, dass wir diese Besprechung abhalten müssen?«
    Er tat so, als wäre er auf ihrer Seite, aber sie wusste, er würde ihr in den Rücken fallen, sobald sie nur einen Augenblick lang nicht aufpasste. Sie würde es genießen zuzusehen, wie er sein Büro räumte, wenn sie bei der Besprechung die E-Mail präsentierte. » Ich weiß«, erwiderte sie mitfühlend, » es ist furchtbar.«
    » Sind Sie im Supermarkt?«
    Anscheinend hatte er das Piepsen des Scanners gehört. Der T-Rex zog jede Schachtel einzeln darüber, auch wenn sie alle identisch waren. Wenn Pauline nicht telefoniert hätte, wäre sie über das Förderband gesprungen und hätte sie selbst eingescannt. Sie ging zum Ende der Kasse und schnappte sich ein paar Plastiktüten, um das Ganze etwas zu beschleunigen. Das Handy zwischen Ohr und Schulter, fragte sie: » Was glauben Sie, was passieren wird?«
    » Na ja, Sie sind auf jeden Fall nicht schuld«, sagte er, aber sie hätte wetten mögen, dass dieser Mistkerl seinem Chef genau das gesagt hatte.
    » Sie aber auch nicht«, entgegnete sie, obwohl Morgan den Polsterer überhaupt erst empfohlen hatte, wahrscheinlich weil der Kerl aussah wie dreizehn und seine Fitnessstudio-Beine zu glänzender Perfektion wachste. Sie wusste, dass das Tuntchen mit Morgan die Schwulennummer durchzog, aber er hatte sich sehr getäuscht, wenn er glaubte, dass Pauline als Frau sich damit ausspielen ließe. Sie hatte sechzehn Jahre gebraucht, um sich von der Sekretärin zur Assistentin des Designers hochzuarbeiten. Sie hatte endlose Abende an der Atlanta School of Art and Design zugebracht, um ihren Abschluss zu

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