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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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seine Wange und dachte sich nicht zum ersten Mal, was für ein Wunder es war, dass etwas so Vollkommenes aus ihrem unvollkommenen Körper herausgekommen war. » Komm, mein Süßer«, sagte sie und kitzelte ihn, bis er sich wand wie ein Wurm.
    Sie stieg aus dem Auto und half Felix, vom Rücksitz des SUV zu klettern. Seine Füße waren noch nicht auf dem Boden, als sie schon mit ihrer eingeübten Routine anfing. » Siehst du, wo unser Auto steht?« Er nickte. » Was tun wir, wenn wir uns verlieren?«
    » Am Auto treffen.« Er bemühte sich, nicht zu gähnen.
    » Braver Junge.« Sie zog ihn dicht an sich, als sie zu dem Laden gingen. Als Pauline selbst noch ein Kind war, hatte man ihr gesagt, dass sie sich an einen Erwachsenen wenden sollte, falls sie sich verirrte, aber heutzutage wusste man ja nie, wer dieser Erwachsene sein könnte. Ein Sicherheitsmann könnte ein Pädophiler sein. Eine kleine, alte Dame könnte eine Spinnerin sein, die ihre Freizeit damit zubrachte, Rasierklingen in Äpfeln zu verstecken. Es war schon traurig, dass die sicherste Hilfe für einen verirrten Sechsjährigen ein unbelebtes Objekt war.
    Das Kunstlicht des Ladens war ein bisschen grell für die frühe Morgenstunde, aber Pauline war selbst schuld, dass sie die Törtchen für Felix’ Unterricht nicht bereits gekauft hatte. Sie hatte die Benachrichtigung schon vor einer Woche erhalten, aber sie hatte nicht erwartet, dass in der Zwischenzeit in der Arbeit die Hölle losbrach. Einer der wichtigsten Kunden des Innenarchitekturbüros hatte eine maßgefertigte, italienische, braune Ledercouch für sechzigtausend Dollar bestellt, die nicht in den verdammten Aufzug passte, und die einzige Möglichkeit, sie in sein Penthouse hinaufzuschaffen, war mit einem Kran, der zehntausend Dollar pro Stunde kostete.
    Der Kunde machte die Agentur dafür verantwortlich, dass sie den Fehler nicht bemerkt hatte, die Agentur machte Pauline dafür verantwortlich, weil sie die Couch zu groß entworfen hatte, und Pauline machte den beschissenen Polsterer dafür verantwortlich, weil sie ihm extra gesagt hatte, er solle in das Gebäude an der Peachtree gehen, um den Aufzug auszumessen, bevor er die verdammte Couch anfertigte. Konfrontiert mit einer Zehntausend-Dollar-Rechnung für den Kran oder der Neuanfertigung einer Sechzigtausend-Dollar-Couch hatte der Polsterer diese Unterhaltung natürlich bequemerweise vergessen, aber Pauline hatte absolut nicht vor, ihn damit durchkommen zu lassen.
    Pünktlich für sieben Uhr war eine Besprechung mit allen Beteiligten angesetzt, und sie wollte die Erste sein, die ihre Version der Geschichte darlegte. Wie ihr Vater immer gesagt hatte, Scheiße rollt den Hügel runter. Pauline McGhee wollte nicht diejenige sein, die stank wie ein Kanal, wenn der Tag vorüber war. Sie hatte auch einen Beweis für ihre Version – die Kopie einer E-Mail an ihren Chef, in der sie ihn bat, den Polsterer ans Maßnehmen zu erinnern. Der kritische Teil war Morgans Antwort: Ich kümmere mich darum. Ihr Chef tat so, als hätte es diese E-Mails nie gegeben, aber Pauline hatte nicht vor, den Kopf hinzuhalten. Irgendjemand würde heute seinen Job verlieren, aber sie würde es auf keinen Fall sein.
    » Nein, Baby«, sagte sie und zog Felix’ Hand von einem Päckchen Gummibären weg, das halb aus dem Regal hing. Pauline hätte schwören können, dass man diese Dinger auf Kinderhöhe präsentierte, damit die Eltern praktisch dazu gedrängt wurden, sie zu kaufen. Sie hatte mehr als eine Mutter gesehen, die einem schreienden Jungen nachgab, nur damit er endlich still war. Pauline spielte da nicht mit, und Felix wusste es. Wenn er irgendetwas in der Richtung versuchte, würde sie ihn packen und ihn aus dem Laden zerren, auch wenn das hieß, einen halb vollen Einkaufswagen stehen zu lassen.
    Sie bog in den Gebäck-Gang ein und wäre fast mit einem Einkaufswagen zusammengestoßen. Der Mann hinter dem Wagen lachte gutmütig, und Pauline schaffte ein Lächeln.
    » Einen schönen Tag für Sie«, sagte er.
    » Für Sie auch«, entgegnete sie.
    Das, dachte sie, wäre das letzte Mal, dass sie an diesem Vormittag zu irgendjemandem nett war. Sie hatte sich die ganze Nacht im Bett herumgeworfen und war dann um drei Uhr aufgestanden, damit sie eine halbe Stunde auf dem Laufband trainieren, sich schminken, das Frühstück für Felix machen und ihn für die Schule herrichten konnte. Lange vergangen waren ihre Tage als Single, als sie die ganze Nacht durchfeiern, mit demjenigen

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