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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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die Infusion korrekt lief. » Die Blutgase sind da.«
    Sara öffnete die Akte und schaute sich die Werte an. In der letzten Nacht hatte der Puls-Oximeter auf Annas Finger permanent eine niedrige Sauerstoffsättigung im Blut angezeigt. Heute Morgen schien sich dieser Wert von selbst normalisiert zu haben. Sara musste den Selbstheilungskräften des Körpers immer wieder großen Respekt bezeugen. » Dabei kommt man sich fast überflüssig vor, nicht?«
    » Ärzte vielleicht«, spöttelte Jill. » Aber Schwestern?«
    » Gutes Argument.« Sara steckte die Hand in die Tasche ihres Arztmantels und spürte darin den Brief. Sie hatte sich nach Annas Behandlung gestern Abend umgezogen und automatisch den Brief in die Tasche des frischen Kittels gesteckt. Vielleicht sollte sie ihn öffnen. Vielleicht sollte sie sich hinsetzen und ihn aufreißen, um es ein für alle Mal hinter sich zu bringen.
    Jill fragte: » Stimmt was nicht?«
    Sara schüttelte den Kopf. » Nein. Danke, dass Sie es gestern Nacht mit mir ausgehalten haben.«
    » Sie haben mir die Arbeit ein bisschen einfacher gemacht«, gab die Schwester zu. Die Intensivstation war wie immer voll bis an die Decke. » Ich rufe Sie, wenn sich irgendwas ändert.« Jill legte die Hand an Annas Wange und lächelte auf die Frau hinab. » Vielleicht wacht unser Mädchen ja heute auf.«
    » Da bin ich mir ziemlich sicher.« Sara glaubte nicht, dass Anna sie hören konnte, aber es gab ihr ein gutes Gefühl, es laut ausgesprochen zu hören.
    Die beiden Polizisten vor der Tür tippten sich an die Mütze, als Sara den Raum verließ. Sie spürte, wie ihre Blicke ihr folgten, als sie den Gang hinunterging – nicht weil sie sie für attraktiv hielten, sondern weil sie wussten, dass sie die Witwe eines Polizisten war. Im Grady hatte Sara nie mit irgendjemandem über Jeffrey gesprochen, aber es gingen so viele Polizisten in der Notaufnahme aus und ein, dass es sich herumgesprochen hatte. Es wurde sehr schnell zu einem dieser bekannten Geheimnisse, über die jeder sprach, nur nicht vor Sara. Sie hatte nicht vorgehabt, eine tragische Figur zu werden, aber es hielt die Leute davon ab, Fragen zu stellen, deshalb beklagte sie sich nicht.
    Unerklärlich war Sara allerdings, warum sie mit Faith Mitchell so offen über Jeffrey gesprochen hatte. Sara redete sich lieber ein, dass Faith einfach eine wirklich gute Polizistin war, als zuzugeben, was der Wahrheit vermutlich viel näher kam, nämlich dass Sara einsam war. Ihre Schwester lebte eine halbe Welt entfernt, ihre Eltern waren vier Stunden und ein ganzes Leben weit weg, und Saras Tage beschränkten sich auf die Arbeit und das, was gerade im Fernsehen lief, wenn sie nach Hause kam.
    Was noch schlimmer war: Sie hatte den nagenden Verdacht, dass es nicht Faith war, die sie faszinierend fand, sondern der Fall. Jeffrey hatte Sara bei seinen Ermittlungen immer als Testperson für seine Hypothesen benutzt, und diese Art von Hirntätigkeit fehlte ihr.
    In der letzten Nacht hatte Sara zum ersten Mal seit Ewigkeiten als Letztes vor dem Einschlafen nicht an Jeffrey gedacht, sondern an Anna. Wer hatte sie entführt? Warum hatte man gerade sie ausgesucht? Welche Spuren waren auf ihrem Körper zu finden, die vielleicht die Motive des Ungeheuers erklärten, das ihr so wehgetan hatte? Bei dem Gespräch mit Faith gestern Abend in der Cafeteria hatte Sara endlich wieder das Gefühl gehabt, ihr Hirn tue etwas Nützlicheres, als sie nur am Leben zu halten. Und wahrscheinlich war es für eine ziemlich lange Zeit wieder einmal das letzte Mal, dass sie sich so gefühlt hatte.
    Sara rieb sich die Augen. Sie hatte gewusst, dass das Leben ohne Jeffrey schmerzlich sein würde. Nicht vorbereitet war sie allerdings darauf, dass es so unwichtig sein würde.
    Sie war schon fast bei den Aufzügen, als ihr Handy klingelte. Sie drehte sich auf dem Absatz um, und als sie das Handy aufklappte, ging sie bereits zu Annas Zimmer zurück. » Bin schon unterwegs.«
    Mary Schroder sagte: » Sonny ist seit ungefähr zehn Minuten weg.« Sara blieb stehen, bei den Worten der Schwester gab es ihr einen Stich ins Herz. Sonny war Marys Mann, ein Streifenpolizist, der in der Frühschicht arbeitete. Was meinte sie mit weg? Ohnmächtig oder unterwegs? » Ist er okay?«
    » Sonny?«, fragte Mary. » Natürlich. Wo sind Sie?«
    » Oben in der Intensivstation.« Sara drehte sich wieder um und kehrte zu den Aufzügen zurück. » Was ist los?«
    » Sonny bekam einen Anruf über einen kleinen Jungen, der

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