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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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sie kontaktierte diverse Behörden, um die Ermittlungen in Schwung zu bringen, und jagte sich zwischendurch selbst eine Heidenangst ein, indem sie Diabetes Typ 2 auf ihrem Laptop googelte. Die ersten zehn Minuten verbrachte sie in der Warteschleife des Atlanta Police Department und suchte unterdessen nach alternativen Diagnosen für den Fall, dass Sara Linton sich geirrt hatte. Das erwies sich als Wunschtraum, und als Faith dann in der Warteschleife des Forensiklabors des GBI in Atlanta hing, stolperte sie über den ersten Diabetes-Blog. Sie fand einen zweiten, dann noch einen – Tausende von Leuten, die sich über die Mühsal des Lebens mit einer chronischen Krankheit ausheulten.
    Faith las über Pumpen und Kontrollgeräte und diabetische Netzhauterkrankungen und Durchblutungsstörungen und Libidoverlust und all die wunderbaren Dinge, die der Diabetes einem bescheren konnte. Es gab Wunderheilmittel und Testberichte über Geräte und einen Verrückten, der behauptete, Diabetes sei eine Intrige der Regierung, um arglosen Menschen Milliarden von Dollar zur Finanzierung des Kriegs um Öl zu entlocken.
    Während Faith sich durch die Verschwörungsseiten arbeitete, war sie bereit, alles zu glauben, was sie möglicherweise davor bewahrte, den Rest ihres Lebens unter permanenter Selbstkontrolle verbringen zu müssen. Nachdem sie ein Leben lang jeder Diätmode gefolgt war, die Cosmopolitan hervorwürgen konnte, wusste sie, wie man Kohlenhydrate und Kalorien zählte, aber der Gedanke, aus sich ein menschliches Nadelkissen machen zu müssen, war beinahe unerträglich. Völlig deprimiert – und in der Warteschleife bei Equifax – hatte sie sich schnell zurückgeklickt zu den pharmazeutischen Sites mit ihren Bildern von lächelnden, gesunden Diabetikern, die Fahrrad fuhren und Yoga machten, mit Hündchen, Kätzchen, kleinen Kindern und Drachen spielten. Diese Frau, die da ein entzückendes Baby durch die Luft schwenkte, litt mit Sicherheit nicht an vaginaler Trockenheit.
    Und mit Sicherheit hätte Faith, nachdem sie den ganzen Vormittag am Telefon verbracht hatte, die Praxis dieser Ärztin anrufen und einen Termin für den späteren Nachmittag vereinbaren können. Sie hatte die Nummer, die Sara ihr aufgeschrieben hatte – natürlich hatte sie sich über Delia Wallace informiert, hatte recherchiert, ob man sie wegen ärztlicher Fahrlässigkeit verklagt oder wegen Fahren unter Alkohol verurteilt hatte. Faith wusste jedes Detail über die Ausbildung dieser Ärztin sowie über ihr Fahrverhalten, dennoch konnte sie sich nicht dazu überwinden, diesen Anruf zu machen.
    Faith wusste, dass ihr wegen der Schwangerschaft eine längere Zeit ausschließlich hinter dem Schreibtisch bevorstand. Amanda hatte ein Verhältnis mit Faiths Onkel Ted gehabt, bis die Beziehung etwa zu der Zeit, als Faith in die Junior Highschool kam, in die Brüche ging. Aber Chefin Amanda war anders als Tante Amanda. Sie würde Faith das Leben zur Hölle machen auf eine Art, wie nur eine Frau es kann, weil sie etwas getan hatte, was die meisten Frauen tun. Auf diese Art von Hölle war Faith gefasst, aber würde man ihr auch erlauben, in ihren Job zurückzukehren, obwohl sie Diabetes hatte?
    Konnte sie hinausgehen, eine Waffe führen und die bösen Jungs fangen, wenn ihr Blutzucker aus dem Lot war? Körperliche Anstrengung konnte zu einem jähen Absinken des Blutzuckerspiegels führen. Was, wenn sie einen Verdächtigen jagte und ohnmächtig wurde? Auch emotionale Momente konnten den Blutzuckerhaushalt beeinflussen. Was, wenn sie einen Zeugen befragte und sich aufführte wie eine Verrückte, bis man die Abteilung für innere Angelegenheiten einschalten musste? Und was war mit Will? Konnte man darauf vertrauen, dass sie ihm den Rücken deckte? Trotz all ihr Klagen über ihren Partner fühlte sie sich für diesen Mann verantwortlich. Manchmal war sie seine Navigatorin, sein Puffer gegen die Welt und seine große Schwester. Wie konnte sie Will schützen, wenn sie sich selbst nicht schützen konnte?
    Vielleicht hatte sie in dieser Sache keine eigene Entscheidungsmöglichkeit.
    Faith starrte ihren Monitor an und überlegte, ob sie noch eine Suche starten sollte, um herauszufinden, was die Standardpolitik der Ermittlungsbehörden bei Diabetikern war. Wurden sie hinter Schreibtische gesteckt, bis sie vertrockneten oder selbst kündigten? Wurden sie gefeuert? Ihre Hände wanderten zum Laptop, die Finger lagen auf der Tastatur. Wie schon bei dem Insulinstift versteifte ihr

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