Sara Linton 01 - Tote Augen
allein vor dem City Foods an der Ponce de Leon zurückgelassen wurde. Sechs Jahre alt. Der arme Kerl saß drei Stunden lang auf dem Rücksitz des Autos.«
Sara drückte auf den Aufzugsknopf. » Wo ist die Mutter?«
» Verschwunden. Ihre Handtasche liegt auf dem Vordersitz, der Schlüssel steckt in der Zündung, und auf dem Boden neben dem Auto ist Blut.«
Sara spürte, wie ihr Herzschlag sich wieder beschleunigte. » Hat der Junge irgendwas gesehen?«
» Er ist viel zu verstört, um zu reden, und Sonny kann das einfach nicht. Er weiß nicht, wie er mit Kindern in diesem Alter umgehen soll. Sind Sie auf dem Weg nach unten?«
» Ich warte auf den Aufzug.« Sara fragte wegen der Zeit noch einmal nach. » Ist Sonny sicher, was die drei Stunden angeht?«
» Dem Geschäftsführer fiel das Auto auf, als er zur Arbeit kam. Er sagte, die Mutter sei zuvor da gewesen, hätte völlig durchgedreht, weil sie ihren Jungen nicht finden konnte.«
Sara drückte noch einmal auf den Knopf, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war. » Warum hat er drei Stunden gewartet, bis er anrief?«
» Weil Leute Arschlöcher sind«, antwortete Mary. » Einige Leute sind ganz einfach gottverdammte Arschlöcher.«
7 . Kapitel
F aiths roter Mini stand in ihrer Einfahrt, als sie an diesem Morgen aufwachte. Anscheinend war Amanda Will hierher gefolgt und hatte ihn dann nach Hause gefahren. Er hatte wahrscheinlich gedacht, er tue Faith einen Gefallen, aber sie hätte ihn am liebsten über glühende Kohlen gezogen. Als Will heute Morgen angerufen hatte, um ihr zu sagen, dass er sie wie gewohnt um halb neun abholen werde, hatte sie nur hochnäsig » Gut« geblafft.
Ihre Wut hatte sich etwas gelegt, als Will ihr berichtete, was letzte Nacht passiert war – sein idiotischer Abstieg in die Höhle, die Entdeckung des zweiten Opfers, der Schlagabtausch mit Amanda. Letzteres klang besonders anstrengend; mit Amanda war es nie einfach. Will hatte erschöpft geklungen, und Faith hatte Mitleid mit ihm, als er die im Baum hängende Frau beschrieb, aber kaum hatte sie aufgelegt, war sie wieder wütend auf ihn.
Was hatte er sich dabei gedacht, allein in diese Höhle zu steigen, nur mit diesem Idioten Fierro oben am Eingang? Warum, zum Teufel, hatte er sie nicht angerufen, damit sie ihm bei der Suche nach dem zweiten Opfer half? Warum, in Gottes Namen, glaubte er, er tue ihr einen Gefallen, indem er sie davon abhielt, ihre Arbeit zu erledigen? Hielt er sie nicht für fähig, für nicht gut genug? Faith war nicht irgendein nutzloses Maskottchen. Ihre Mutter war Polizistin gewesen. Faith hatte sich schneller als jeder andere in der Truppe von der Streifenpolizistin zur Detective im Morddezernat hochgearbeitet. Sie hatte keine Gänseblümchen gepflückt, als Will über sie stolperte. Sie war nicht der verdammte Watson für seinen Sherlock Holmes.
Faith hatte sich gezwungen, tief durchzuatmen. Sie war klar genug, um zu erkennen, dass der Grad ihrer Wut vielleicht unverhältnismäßig war. Erst als sie sich an den Tisch setzte und ihren Blutzucker maß, wurde ihr bewusst, wieso. Sie hatte wieder einen Wert um einhundertfünfzig, was laut » Ihr Leben mit Diabetes« einen Menschen nervös und reizbar machen konnte. Es verringerte ihre Nervosität und Reizbarkeit nicht gerade, als sie versuchte, sich mit dem Insulinstift zu spritzen.
Ihre Hände waren ruhig, als sie an dem Rädchen drehte, um die, wie sie hoffte, korrekte Dosis einzustellen, aber ihr Bein fing an zu zittern, als sie versuchte, sich selbst mit der Nadel zu stechen. Offensichtlich hielt irgendein Teil ihres Unterbewusstseins ihre Hand wie erstarrt über dem zitternden Bein, unfähig, sich selbst Schmerz zuzufügen. Wahrscheinlich lag auch die Ursache dafür, dass Faith unfähig war zu einer langfristigen Beziehung mit einem Mann, irgendwo in der Nähe dieser gestörten Region.
» Scheiß drauf«, sagte sie, als sie den Stift in den Schenkel rammte und den Knopf drückte. Die Nadel brannte wie Höllenfeuer, obwohl die Broschüre für das Ding behauptete, es sei praktisch schmerzfrei. Wahrscheinlich fühlte sich ein Stich in den Oberschenkel oder in den Bauch erst dann relativ schmerzfrei an, wenn man sich schon unzählige Male pro Woche gepiekt hatte, aber Faith war noch nicht so weit, und sie konnte sich nicht vorstellen, jemals so weit zu sein. Als sie die Nadel wieder herauszog, schwitzte sie so heftig, dass ihre Achseln klebten.
Die nächste Stunde brachte sie zwischen Telefon und Internet zu,
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