Sara Linton 01 - Tote Augen
und zog ihn zurück. » Können Sie das glauben?«
» Was glauben?«
» Dass Sara sich in unsere Autopsie einmischt.«
» Aber es ist nicht verkehrt, wenn sie beide Opfer sieht.«
» Sie haben beide Opfer gesehen.«
» Ich bin kein Coroner.«
» Sie auch nicht«, blaffte Faith zurück. » Sie ist nicht mal eine richtige Ärztin. Sie ist Kinderärztin. Und was, zum Teufel, meinte Amanda mit dem Coastal?«
Auch Will wollte gern wissen, was im Coastal State Prison passiert war, aber in erster Linie fragte er sich, warum Faith sich über das Ganze so sehr ärgerte.
Über die Schulter hinweg rief Amanda ihnen zu: » Sie haben jede Hilfe anzunehmen, die Sara Linton anzubieten bereit ist.« Anscheinend hatte sie sie flüstern hören. » Ihr Mann war einer der besten Polizisten in diesem Staat, und ich würde mich bei jeder Ermittlung auf Saras medizinische Fähigkeiten verlassen.«
Faith machte sich gar nicht die Mühe, ihre Neugier zu verstecken. » Was ist mit ihm passiert?«
» In Ausübung seiner Pflicht«, war alles, was Amanda zu sagen bereit war. » Wie geht’s Ihnen eigentlich nach Ihrem Zusammenbruch, Faith?«
Faith klang ungewöhnlich fröhlich. » Perfekt.«
» Hat die Ärztin Entwarnung gegeben?«
Sie wurde noch fröhlicher. » Hundert Prozent.«
» Darüber werden wir noch reden müssen.« Amanda winkte die Wachmänner weg, als sie das Foyer betraten, und sagte zu Faith: » Ich habe danach noch eine Besprechung mit dem Bürgermeister, aber ich erwarte Sie bis zum Ende des Tages in meinem Büro.«
» Ja, Ma’am.«
Will fragte sich, ob er mit jeder Minute dümmer wurde oder ob die Frauen in seinem Leben einfach immer begriffsstutziger wurden. Jetzt war jedoch nicht die Zeit, das herauszufinden. Er griff an Amanda vorbei und öffnete die gläserne Eingangstür. Draußen war ein Podium aufgebaut, dahinter lag ein kleiner Teppich, auf dem Amanda stehen konnte. Will stellte sich wie gewöhnlich neben sie. Er war entspannt, weil er wusste, dass die Kameras seine Brust und vielleicht den Krawattenknoten einfangen würden, wenn sie sich in Nahaufnahme auf Amandas Gesicht richteten. Faith dagegen wusste offensichtlich, dass sie nicht so viel Glück hatte, denn sie machte eine finstere Miene, als sie sich hinter ihre Chefin stellte.
Die Kameras blitzten. Amanda trat an die Mikrofone. Fragen wurden gerufen, aber sie wartete, bis der Tumult abgeklungen war, bevor sie ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus ihrer Jackentasche zog und auf dem Podest glättete. » Ich bin Dr. Amanda Wagner, Stellvertretende Direktorin des Georgia Bureau of Investigation in Atlanta.« Sie machte eine bedeutungsschwere Pause. » Einige von Ihnen haben die falschen Gerüchte über einen sogenannten Nierenmörder gehört. Ich bin hier, um klarzustellen, dass dieses Gerücht nicht den Tatsachen entspricht. Es gibt in unserer Mitte keinen solchen Mörder. Die Niere des Opfers wurde nicht entfernt; es gab keine wie auch immer geartete chirurgische Manipulation. Das Rockdale County Police Department bestreitet, das Gerücht in die Welt gesetzt zu haben, und wir müssen darauf vertrauen, dass unsere Kollegen in dieser Sache die Wahrheit sagen.«
Will musste Faith nicht ansehen, um zu wissen, dass sie gegen ein Grinsen ankämpfte. Detective Max Galloway war ihr mit Sicherheit auf die Nerven gegangen, und Amanda hatte eben die gesamte Polizeitruppe des Rockdale County vor laufenden Kameras heruntergeputzt.
Einer der Reporter fragte: » Was können Sie uns über die Frau sagen, die gestern Nacht ins Grady eingeliefert wurde?«
Nicht zum ersten Mal wusste Amanda mehr über den Fall, als Will oder Faith ihr gesagt hatten. » Bis ein Uhr heute Nachmittag sollten wir eine Zeichnung des Opfers haben.«
» Warum keine Fotos?«
» Das Opfer hat Schläge ins Gesicht erhalten. Wir wollen der Öffentlichkeit die beste Chance geben, sie zu identifizieren.«
Eine Frau von CNN fragte: » Wie lautet Ihre Prognose?«
» Vorsichtig optimistisch.« Amanda wandte sich der nächsten Person zu, die die Hand hob. Es war Sam, der Faith zugerufen hatte, als sie das Krankenhaus betreten hatten. Er war der einzige Reporter, den Will sah, der sich noch auf die altmodische Art Notizen machte, anstatt einen Digitalrekorder zu benutzen. » Haben Sie etwas über die Erklärung von Jacquelyn Zabels Schwester Joelyn Zabel zu sagen?«
» Die Familie ist offensichtlich sehr bestürzt«, antwortete Amanda. » Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um diesen
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