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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Kindheit, der Unterschied war nur, dass die Kinder hier wenigstens noch eine Mutter hatten, die sich um sie kümmerte, eine Verbindung in die normale Welt.
    » Ach Gott«, murmelte Faith und griff in ihre Handtasche. Auf der Theke am Vordereingang stand eine Spendendose, und sie steckte ein paar Zehner hinein. » Wer passt denn auf diese Kinder auf?«
    Will schaute den Gang hinunter. Die Wände waren mit Ostermotiven und ein paar Kinderzeichnungen geschmückt. Er sah eine geschlossene Tür mit dem Symbol für die Damentoilette darauf. » Sie ist wahrscheinlich auf dem Klo.«
    » Die könnte sich doch jeder schnappen.«
    Will glaubte nicht, dass viele Leute diese Kinder wollten. Das war ja ein Teil des Problems.
    » Bitte klingeln für Service«, sagte Faith, und Will nahm an, sie las von dem Schild unter der Klingel ab, doch das hätte auch ein Affe herausfinden können.
    Will drückte auf die Klingel.
    Sie sagte: » Sie bieten hier Computerkurse an.«
    » Was?«
    Faith nahm eine der Broschüren auf der Theke zur Hand. Vorne drauf sah Will Fotos von lächelnden Frauen und Kindern und darunter die Firmenlogos von Sponsoren. » Computertraining, Beratung, Mahlzeiten.« Ihre Augen wanderten hin und her, als sie den Text überflog. » Medizinische Beratung mit christlicher Orientierung.« Sie legte die Broschüre wieder zu den anderen. » Schätze, das heißt, sie sagen dir, dass du in die Hölle kommst, wenn du abtreiben lässt. Ein guter Rat für Frauen, die bereits ein Kind haben, das sie nicht satt bekommen können.« Sie drückte wieder auf die Klingel, jedoch so fest, dass das Ding von der Theke sprang.
    Will hob die Klingel auf. Als er sich wieder aufrichtete, sah er hinter der Theke eine kräftige, hispanische Frau mit einem Baby auf dem Arm. Sie sprach mit ausgeprägt texanischem Akzent, ihre Worte waren an Faith gerichtet. » Wenn Sie hier sind, um jemanden zu verhaften, müssen wir Sie bitten, es nicht vor den Kindern zu tun.«
    » Wir sind hier, um mit Judith Coldfield zu sprechen«, erwiderte Faith mit leiser Stimme, denn ihr war durchaus bewusst, dass die Kinder sie nicht nur beobachteten, sondern ihren Beruf ebenso erraten hatten wie die Frau.
    » Gehen Sie um das Gebäude herum zur Ladenfront. Judith arbeitet heute im Verkauf.« Sie wartete nicht auf ein Dankeschön. Stattdessen drehte sie sich um und ging mit dem Kind wieder den Korridor hinunter.
    Faith stieß die Tür auf und trat auf die Straße. » Solche Einrichtungen machen mich aggressiv.«
    Will fand, dass ein Obdachlosenheim ein merkwürdiges Hassobjekt war, sogar für Faith. » Warum denn das?«
    » Hilf ihnen einfach. Zwing sie deswegen nicht zum Beten.«
    » Einige Menschen finden Trost im Gebet.«
    » Und wenn nicht? Sind sie es dann nicht wert, dass man ihnen hilft? Man kann obdachlos und am Verhungern sein, aber eine freie Mahlzeit und einen sicheren Ort zum Schlafen bekommst du nur, wenn du akzeptierst, dass Abtreibung Sünde ist und andere Leute das Recht haben, dir zu sagen, was du mit deinem Körper machen sollst!«
    Will wusste nicht so recht, was er darauf sagen sollte, deshalb folgte er ihr einfach um das Gebäude herum und beobachtete, wie sie verärgert den Riemen ihrer Tasche auf der Schulter hochzog. Sie murmelte noch immer vor sich hin, als sie um die Ecke zur Ladenfront gingen. An der Fassade hing ein großes Schild, auf dem wahrscheinlich der Name des Heims stand. Das Leben war in Zeiten wirtschaftlicher Probleme für alle schwierig, aber besonders schlecht lief es für wohltätige Einrichtungen, die abhängig waren von Leuten, die gut genug bei Kasse waren, um dem Nächsten zu helfen. Viele der örtlichen Heime nahmen Spenden an, die sie dann verkauften, um zur Grundversorgung des Heims beizutragen. Fensterbeschriftungen verkündeten das Warenangebot. Faith las sie vor, während sie zum Eingang gingen.
    » Haushaltswaren, Bettwäsche, Kleidung. Spenden sehr willkommen, größere Stücke werden kostenlos abgeholt.«
    Will öffnete die Tür, weil er wollte, dass sie endlich den Mund hielt.
    » Täglich geöffnet außer Sonntag. Hunde verboten.«
    » Ich hab’s kapiert«, sagte er zu ihr und schaute sich im Laden um. Auf einer Regalebene standen Mixer, darunter Toaster und kleine Mikrowellen. Auf Ständern hingen einige Kleidungsstücke, die meisten in dem Stil, der in den Achtzigern sehr populär war. Suppendosen und andere haltbare Lebensmittel lagerten im hinteren Teil des Ladens, wo die durchs Fenster hereinströmende

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