Sara Linton 01 - Tote Augen
bauen damit eine Burg.«
» Wo waren Sie stationiert?«, fragte Faith ihn.
» Ich war beide Dienstzeiten auf der Keesler«, antwortete er. » Ich habe dort meine Ausbildung erhalten und mich dann zum Master Sergeant der 334th Training Squadron hochgearbeitet, wo ich für die Tower-Grundausbildung zuständig war. Ich war zur Verlegung nach Altus vorgesehen, als ich um meine Entlassung bat.«
» Ich wollte Sie eben fragen, warum Sie die Air Force verlassen haben, dann fiel mir ein, dass Keesler dichtgemacht wurde.«
Wieder errötete Tom bis in die Haarspitzen und lachte verlegen auf. » Ja, Ma’am.«
Faith wandte ihre Aufmerksamkeit Henry zu, wahrscheinlich weil sie vermutete, dass sie ohne Henrys Zustimmung aus Judith nicht viel herausbringen würden. » Haben Sie die Staaten je verlassen?«
» Sind immer in den U. S. geblieben.«
» Sie haben einen Armee-Akzent«, sagte Faith, und Will nahm an, sie meinte, dass er gar keinen Akzent hatte.
Dank Faiths Zuwendung schien Henry seine Zurückhaltung langsam aufzugeben. » Man geht dorthin, wo man hingeschickt wird.«
» Genau das hat mein Bruder auch gesagt, als er sich nach Übersee einschiffte.« Faith beugte sich vor. » Wenn Sie die Wahrheit hören wollen, ich glaube, es gefällt ihm, dauernd herumzuziehen und nie irgendwo Wurzeln zu schlagen.«
Henry wurde zugänglicher. » Verheiratet?«
» Nein.«
» Braut in jedem Hafen?«
» O Gott, ich hoffe nicht.« Faith lachte. » Was meine Mutter anging, war es entweder die Air Force oder das Priesteramt.«
Henry kicherte. » Die meisten Mütter empfinden so, wenn es um ihre Söhne geht.« Er drückte seiner Frau die Hand, und Judith strahlte Tom stolz an.
Faith wandte sich nun wieder dem Sohn zu. » Sie sagten, Sie sind Fluglotse?«
» Ja, Ma’am«, antwortete er, obwohl Faith wahrscheinlich jünger war als Tom.
Er erzählte weiter: » Ich arbeite im Charlie Brown.« Er meinte den Allgemeinen Flughafen westlich von Atlanta. » Bin seit ungefähr zehn Jahren dort. Angenehme Arbeit. Manchmal überwachen wir nachts auch die Flugbewegungen auf Dobbins.« Die Dobbins Air Base lag direkt außerhalb der Stadtgrenze. » Ich wette, Ihr Bruder ist auch schon mal von da losgeflogen.«
» Bestimmt«, entgegnete Faith und hielt den Augenkontakt gerade so lange aufrecht, dass er sich geschmeichelt fühlte. » Sie wohnen jetzt draußen in Conyers?«
» Ja, Ma’am.« Tom lächelte offen, und seine Zähne ragten vor wie die Stoßzähne eines Elefanten. Er war jetzt entspannter, redseliger. » Ich zog gleich von Keesler nach Atlanta.« Er nickte in die Richtung seiner Mutter. » Ich war total glücklich, als meine Eltern beschlossen, auch hierherzuziehen.«
» Sie wohnen an der Clairmont Road, richtig?«
Tom nickte, noch immer lächelnd. » Nahe genug, um sie besuchen zu können, ohne einen Koffer packen zu müssen.«
Judith schien das entspannte Verhältnis, das sich zwischen ihnen entwickelte, nicht zu gefallen. Sie mischte sich schnell wieder in die Unterhaltung ein. » Toms Frau liebt ihren Blumengarten.« Sie fing an, in ihrer Handtasche zu stöbern. » Mark, sein Sohn, ist besessen von der Fliegerei. Von Tag zu Tag sieht er mehr aus wie sein Vater.«
» Mom, sie wollen bestimmt nicht …«
Es war zu spät. Judith zog ein Foto heraus und zeigte es Faith, die angemessen bewundernde Geräusche von sich gab, bevor sie es an Will weiterreichte.
Mit neutralem Gesichtsausdruck schaute er sich das Foto an. Die Gene der Coldfields waren offensichtlich sehr stark. Das Mädchen und der Junge auf dem Foto waren dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Um die Sache noch schlimmer zu machen, hatte Tom nicht gerade eine attraktive Frau gefunden, die den Genpool der Coldfields hätte verdünnen können. Sie hatte strähnige blonde Haare und einen resignierten Zug um den Mund, der anzudeuten schien, dass sie etwas Besseres nicht kriegen würde.
» Darla«, sagte Judith und meinte die Frau. » Sie sind jetzt seit fast zehn Jahren verheiratet. Nicht, Tom?«
Er zuckte auf diese verlegene Art die Achseln, wie Kinder es ihren Eltern gegenüber tun.
» Ganz reizend«, sagte Will und gab Judith das Foto zurück.
Judith fragte Faith: » Haben Sie Kinder?«
» Einen Sohn.« Mehr sagte Faith nicht dazu. Stattdessen fragte sie Judith: » Ist Tom ein Einzelkind?«
» Ja.« Judith lächelte wieder und bedeckte den Mund. » Henry und ich meinten, wir würden es nicht schaffen, noch ein …« Sie beendete den Satz nicht, sondern
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