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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einen Spruch aus der Bibel, daß wir im hohen Alter keine Freude mehr an unseren Tagen empfinden. Mir brach das Herz. Vielleicht sah er es, denn er ergriff meine Hand. ›Schließ mich nicht aus.‹ Und in diesem Augenblick konnte ich Lance in seinem Gesicht sehen. Ich fing an zu weinen. Ich sagte: ›Das werde ich nur tun, wenn Sie mich nicht dazu zwingen.‹«
    Ich sah sie im Foyer des Bestattungsinstituts vor mir, er sitzend, sie stehend, das kleine Mädchen verwirrt und mit großen Augen dazwischen, während sie die süße Praline lutschte. Orgelmusik vom Band im Hintergrund. Am Tag der Aufbahrung seines Sohnes war der arme alte Max Devore durchaus listig gewesen. Schließ mich nicht aus, allerdings.
    Ich habe versucht, dich auszuzahlen, und als das nicht geklappt hat, habe ich die Summe erhöht und versucht, dein Baby zu kaufen. Als auch das nicht geklappt hat, habe ich meinem Sohn gesagt, daß du und er und mein Enkelkind am Staub eurer eigenen Entscheidung ersticken könnt. In gewisser Weise bin ich dafür verantwortlich, daß er war, wo er war, als er sich das Genick gebrochen hat, aber schließ mich nicht aus, Mattie, ich bin nur ein armer alter Tattergreis, also schließ mich nicht aus.
    »Ich war dumm, nicht?«
    »Sie sind davon ausgegangen, daß er besser wäre, als er ist. Wenn das Dummheit ist, Mattie, könnte die Welt mehr davon gebrauchen.«
    »Ich hatte meine Zweifel«, sagte sie. »Darum habe ich nichts von seinem Geld genommen, und letzten Oktober hat er auch
aufgehört, mir welches anzubieten. Aber ich habe sie zu ihm gehen lassen. Ich glaube, ja, zum Teil lag das daran, weil ich dachte, es könnte später etwas für Ki rausspringen, aber daran habe ich nicht oft gedacht, ehrlich. Hauptsächlich daran, daß er der einzige Blutsverwandte ihres Vaters war. Sie sollte sich daran freuen können, wie sich jedes Kind an seinen Großeltern freut. Ich wollte nicht, daß sie von dem ganzen Mist angesteckt wurde, der sich vor Lances Tod abgespielt hatte.
    Anfangs schien es zu funktionieren. Dann änderte sich die Lage ganz allmählich. Zunächst fiel mir auf, daß Ki ihren ›weißen Opa‹ gar nicht mehr so sehr mochte. Ihre Gefühle Rogette gegenüber sind unverändert, aber Max Devore macht sie auf eine Weise nervös, die ich nicht verstehe und sie nicht erklären kann. Ich habe sie einmal gefragt, ob er sie irgendwo angefaßt und sie sich komisch dabei gefühlt hätte. Ich zeigte ihr die Stellen, die ich meinte, und sie sagte, nein. Ich glaube ihr, aber … er hat etwas gesagt oder etwas getan. Ich bin fast sicher.«
    »Könnte einfach nur sein, daß die Geräusche, die er beim Atmen macht, schlimmer geworden sind«, sagte ich. »Das allein könnte ausreichen, einem Kind angst zu machen. Vielleicht hatte er auch eine Art Anfall, während sie da war. Was ist mit Ihnen, Mattie?«
    »Nun … eines Tages im Februar hat Lindy Briggs mir gesagt, daß George Footman dagewesen wäre, um die Feuerlöscher und Rauchmelder der Bibliothek zu überprüfen. Er fragte auch, ob Lindy in letzter Zeit Bierdosen oder Schnapsflaschen im Abfall gefunden hätte. Oder Stummel von Zigaretten, die eindeutig selbstgedreht waren.«
    »Von Joints, mit anderen Worten.«
    »Hm-hmm. Und Dickie Osgood hat meine alten Freundinnen besucht, soweit ich gehört habe. Schwätzchen gehalten. Nach Gold geschürft. Im Schmutz gegraben.«
    »Gibt es etwas auszugraben?«
    »Gott sei Dank nicht viel.«
    Ich hoffte, daß sie recht hatte, und ich hoffte, wenn sie mir etwas verheimlichte, daß John Storrow es aus ihr herausbekommen würde.

    »Aber trotz alledem haben Sie Ki weiter zu ihm gehen lassen.«
    »Was hätte es gebracht, die Besuche zu unterbinden? Und ich dachte mir, wenn ich es weiter zuließe, könnte ich ihn wenigstens davon abhalten, mögliche Pläne schneller voranzutreiben.«
    Das, dachte ich mir, ergab auf eine einsame Weise einen Sinn.
    »Dann, im Frühjahr, bekam ich ein äußerst unheimliches, beängstigendes Gefühl.«
    »Inwiefern unheimlich? Inwiefern beängstigend?«
    »Ich weiß nicht.« Sie holte die Zigaretten heraus, betrachtete sie und steckte sie in die Tasche zurück. »Es war nicht nur, daß mein Schwiegervater nach schmutziger Wäsche in meinen Schränken suchte. Es war wegen Ki. Ich machte mir zunehmend Sorgen um Ki, immer wenn sie bei ihm war … bei ihnen . Rogette kam mit dem BMW, den sie gekauft oder geleast hatten, und Ki saß auf den Stufen und wartete auf sie. Hatte sie ihre Tasche mit Spielsachen dabei, war

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