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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zweispurigen Straße, auf denen es jetzt vor Urlaubern und Winnebagos wimmeln würde. Ich wollte schwimmen gehen und danach ein langes Nickerchen machen. Ein langes und traumloses Nickerchen.
    »Nicht nötig. Rufen Sie ihn an, und unterhalten Sie sich kurz mit ihm. Er ist nur ein Sicherheitsnetz - er wird Einspruch erheben, wenn die Befragung vom Zwischenfall am Morgen des vierten Juli abweicht. Über diesen Zwischenfall sagen Sie die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Verstanden?«
    »Ja.«
    »Reden Sie vorher mit ihm; Sie treffen sich mit ihm am Freitag … Moment … hier habe ich es …« Der Notizblock raschelte wieder. »Sie treffen ihn um neun Uhr fünfzehn im Imbiß an der Route 120. Kaffee. Reden Sie miteinander, beschnuppern Sie sich ein bißchen, werfen vielleicht eine Münze, wer die Rechnung übernimmt. Ich werde mich mit Mattie treffen und soviel von ihr erfahren, wie ich kann. Vielleicht müssen wir einen Privatschnüffler anheuern.«
    »Es gefällt mir, wenn Sie zur Sache kommen.«
    »Hm-hmm. Ich werde dafür sorgen, daß die Rechnungen an diesen Goldacre gehen. Er schickt Sie Ihrem Agenten, und Ihr Agent kann -«

    »Nein«, sagte ich. »Geben Sie Goldacre die Anweisung, daß er sie direkt hierher schickt. Harold ist wie eine jüdische Mutter. Wieviel wird es mich kosten?«
    »Fünfundsiebzigtausend Dollar Minimum«, sagte er ohne zu zögern. Und ohne entschuldigenden Unterton in der Stimme.
    »Sagen Sie es Mattie nicht.«
    »Einverstanden. Macht Ihnen die Sache Spaß, Mike?«
    »Wissen Sie, irgendwie schon«, sagte ich nachdenklich.
    »Sollte es auch für fünfundsiebzig Riesen.« Wir verabschiedeten uns, und John legte auf.
    Als ich den Telefonhörer auflegte, kam mir der Gedanke, daß ich in den vergangenen fünf Tagen mehr gelebt hatte als in den vergangenen vier Jahren.
     
    Diesmal läutete das Telefon nicht, und ich schaffte es bis ins Arbeitszimmer, wußte aber, daß ich für heute definitiv fertig war. Ich setzte mich an die IBM, drückte mehrmals die Rücksetztaste und begann eine Fortsetzungs-Notiz an den unteren Rand der Seite zu schreiben, an der ich gearbeitet hatte, als das Telefon mich unterbrach. Was für ein unangenehmer kleiner Störenfried das Telefon doch ist, und wie wenige gute Nachrichten es uns bringt! Aber heute war eine Ausnahme, und ich dachte, daß ich mit einem Grinsen aufhören konnte. Immerhin arbeitete ich - arbeitete . Ein Teil von mir staunte immer noch darüber, daß ich hier saß, problemlos atmete, mein Herz ganz normal in meiner Brust schlug und nicht einmal der Schimmer eines nervösen Anfalls an meinem persönlichen Ereignishorizont zu sehen war. Ich schrieb:
    [FORTSETZUNG: Drake nach Raiford. Hält zwischendurch an Gemüsestand und spricht mit Inhaber, alter Informant, braucht einen guten & farbigen Namen. Strohhut. Disneyworld-T-Shirt. Sie sprechen über Shackleford.]
    Ich drehte die Walze, bis die IBM das Blatt ausspuckte, legte es auf das Manuskript und kritzelte eine abschließende Notiz für mich darauf: »Ted Rosencrief wegen Raiford anrufen.« Rosencrief
war ein pensionierter Navy-Mann, der in Derry lebte. Ich hatte ihn bei verschiedenen Büchern mit Recherchen beauftragt; bei einem Projekt mußte er in Erfahrung bringen, wie Papier hergestellt wurde, bei einem anderen die Wanderwege bekannter Zugvögel, bei einem dritten ein kleines bißchen über die Architektur der Grabkammern von Pyramiden. Und ich will immer nur ›ein kleines bißchen‹, nie ›die ganze verdammte Chose‹. Als Schriftsteller ist mein Motto stets gewesen: Verwirrt mich nicht mit Fakten. Zu Tatsachenromanen à la Arthur Hailey habe ich keinen Draht - ich kann sie nicht lesen, geschweige denn schreiben. Ich will gerade genug wissen, daß ich farbenprächtig lügen kann. Rosie wußte das, und wir hatten immer gut zusammengearbeitet.
    Diesmal mußte ich ein kleines bißchen über das Staatsgefängnis Floridas in Raiford wissen, und wie es dort in der Abteilung wirklich aussah, in der die zum Tode Verurteilten auf ihre Hinrichtung warteten. Außerdem ein wenig über die Psychologie von Serienkillern. Ich dachte, Rosie würde sich wahrscheinlich freuen, von mir zu hören … fast so sehr wie ich, daß ich endlich wieder etwas hatte, weswegen ich ihn anrufen konnte.
    Ich nahm die acht Seiten, die ich - mit doppeltem Zeilenabstand - beschrieben hatte, und blätterte sie durch, immer noch fassungslos, daß sie existierten. Waren eine alte Schreibmaschine von IBM

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