Sara
länger, was vielleicht daran liegt, daß Leser ein bißchen heller sind als Fans der nichtschriftlichen Künste und demzufolge über ein marginal längeres Gedächtnis verfügen. David Soul aus Starsky und Hutch ist weiß Gott wo, dasselbe gilt für Vanilla Ice, diesen seltsamen weißen Rapper, aber 1994 waren Herman Wouk, James Michener und Norman Mailer immer noch alle präsent; da rede einer davon, als Dinosaurier die Erde beherrschten.
Arthur Hailey schrieb ein neues Buch (lautete jedenfalls das Gerücht, und es erwies sich als zutreffend), Thomas Harris konnte sich sieben Jahre Zeit lassen zwischen seinen Lecter-Romanen und dennoch Bestseller produzieren, und obwohl man seit fast vierzig Jahren nichts mehr von ihm gehört hat, ist J. D. Salinger immer noch im Englischunterricht und bei zwanglosen literarischen Zirkeln in Kaffeehäusern angesagt. Leser besitzen eine Loyalität, wie es sie nirgendwo sonst in den kreativen Künsten gibt, was erklärt, warum so viele Schriftsteller, denen das Benzin ausgegangen ist, trotzdem weiterfahren können und durch die magischen Worte AUTOR VON auf den Umschlägen ihrer Bücher in die Bestsellerlisten katapultiert werden.
Was der Verleger im Gegenzug möchte, besonders von einem Autor, bei dem man sich darauf verlassen kann, daß er von jedem Roman fünfhunderttausend Exemplare im Hardcover und eine Million mehr im Taschenbuch verkauft, ist ganz einfach: ein Buch pro Jahr. Das, haben die Obermacker in New York entschieden, ist das Optimum. Alle zwölf Monate dreihundertachtzig Seiten fadengeheftet oder gelumbeckt, einen Anfang, eine Mitte und einen Schluß, Serienhelden wie Kinsey Millhone oder Kay Scarpetta nicht zwingend, aber höchst gern gesehen. Leser lieben Serienhelden; das ist, als würde man in die Arme einer Familie zurückkehren.
Weniger als ein Buch pro Jahr, und du vermasselst dem Verleger die Investition in dich, beeinträchtigst die Fähigkeit deines
Geschäftsführers, mit deinen sämtlichen Kreditkarten zu jonglieren, und riskierst, daß dein Agent seinen Seelenklempner nicht pünktlich bezahlen kann. Außerdem gibt es immer eine gewisse Zermürbung unter den Fans, wenn du dir zu lange Zeit läßt. Kann man nichts machen. Genauso, wie es andrerseits, wenn du zuviel veröffentlichst, Leser gibt, die sagen: »Puh, ich hab’ eine Zeitlang genug von dem Kerl, schmeckt allmählich alles wie Bohneneintopf.«
Ich erzähle Ihnen das alles, damit Sie verstehen, wie ich meinen Computer vier Jahre lang als das teuerste Scrabble-Brett der Welt benutzen konnte, ohne daß jemals jemand dahinterkam. Schreibblockade? Was für eine Schreibblockade? Wir ham keine stinkende Schreibblockade nich. Wie konnte jemand auf so einen Gedanken kommen, wo doch jeden September ein neuer spannender Roman von Michael Noonan erschien, pünktlich wie ein Uhrwerk, genau richtig als Spätsommer-Freizeitlektüre, Leute, und übrigens, vergeßt nicht, daß die Ferien vor der Tür stehen und eure sämtlichen Verwandten den neuen Noonan wahrscheinlich auch gern lesen würden, den man bei Borders mit dreißig Prozent Rabatt bekommen kann, o ja, prima Geschäft.
Das Geheimnis ist einfach, und ich bin nicht der einzige Unterhaltungsschriftsteller in Amerika, der es kennt - wenn die Gerüchte stimmen, benutzt Danielle Steele (um nur eine zu nennen) schon seit Jahrzehnten die Noonan-Formel. Sehen Sie, obwohl ich, angefangen mit Zweisamkeit im Jahr 1984, ein Buch pro Jahr veröffentlicht habe, habe ich in vier von diesen zehn Jahren zwei Bücher geschrieben, eins veröffentlicht und das andere gebunkert.
Ich kann mich nicht erinnern, daß ich je mit Jo darüber geredet hätte, und da sie nie fragte, ging ich stets davon aus, daß sie wußte, was ich machte: einen Vorrat an Nüssen anlegen. Allerdings dachte ich nicht an eine Schreibblockade. Scheiße, ich hatte nur meinen Spaß.
Im Februar 1995, als ich mit mindestens zwei guten Ideen eine Bruchlandung hingelegt hatte (diese spezielle kreative Funktion - dieses Heureka! -Ding - hat nie aufgehört, was eine ganz eigene Version der Hölle schafft), konnte ich das Offensichtliche
nicht länger leugnen: Ich steckte in der schlimmsten Klemme, in die ein Schriftsteller kommen kann, abgesehen von Alzheimer oder einem katastrophalen Hirnschlag. Doch ich hatte noch vier Kartons mit fertigen Manuskripten in dem großen Schließfach bei Fidelity Union. Sie trugen die Aufschriften Versprechen, Gefahr, Darcy und Oben . Um den Valentinstag herum rief mein
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