Sara
Telefon - mit unserer Mutter verbrachte als ich.
»Nun, dann will ich dich gehen lassen«, sagte Siddy nach einigen weiteren Höflichkeitsfloskeln - er sagt nie auf Wiedersehen oder Tschüs am Telefon, sondern immer nun, dann will ich dich gehen lassen , als hätte er einen gefangengehalten. »Du solltest da oben cool bleiben, Mike - der Wetterbericht sagt, daß es in Neuengland das ganze Wochenende über heißer als in der Hölle sein wird.«
»Wenn es zu schlimm wird, habe ich immer noch den See. He, Sid?«
»He, was?« Wie Dann will ich dich gehen lassen reichte auch He, was bis in unsere Kindheit zurück. Es war irgendwie tröstlich, aber auch irgendwie unheimlich.
»Unsere Familie stammt doch aus Prout’s Neck, richtig? Ich meine, von Vaters Seite.« Mom stammte aus einer vollkommen anderen Welt - einer, wo die Männer Polohemden von Lacoste tragen, die Frauen immer Liebestöter unter den Kleidern tragen und alle die zweite Strophe von ›Dixie‹ auswendig kennen. Sie hatte meinen Dad in Portland bei der Vorentscheidung eines College-Cheerleader-Wettbewerbs kennengelernt. Materfamilias stammte aus den besten Kreisen von Memphis, Liebling, und ließ einen das nie vergessen.
»Schätze ja«, sagte er. »Ja. Aber frag mich nicht nach dem Familienstammbaum, Mike - ich bin immer noch nicht sicher, was der Unterschied zwischen einem Neffen und einem Cousin ist, und dasselbe habe ich Jo auch gesagt.«
»Das hast du?« Alles in mir war still geworden … aber ich kann nicht sagen, daß ich überrascht gewesen wäre. Da noch nicht.
»Hm-hmm, allerdings.«
»Was wollte sie wissen?«
»Alles, was ich wußte. Ist aber nicht viel. Ich hätte ihr alles über Mas Ururgroßvater erzählen können, der von Indianern getötet worden ist, aber Jo schien sich nicht für Mas Vorfahren zu interessieren.«
»Wann war das?«
»Ist das wichtig?«
»Könnte sein.«
»Okay, mal sehen. Ich glaube, es war etwa zu der Zeit, als Patrick der Blinddarm rausgenommen wurde. Ja, ich bin ziemlich sicher. Februar 1994. Vielleicht auch erst im März, aber ich bin ziemlich sicher, es war Februar.«
Sechs Monate vor dem Parkplatz des Rite Aid. Jo trat in den Schatten ihres eigenen Todes wie eine Frau, die unter den Schatten eines Baldachins tritt. Aber nicht schwanger, noch nicht. Jo, die Tagesausflüge ins TR unternahm. Jo, die Fragen stellte, bei denen die Leute teils kein gutes Gefühl hatten, wie Bill Dean meinte … aber sie hatte sie trotzdem gestellt. Ja. Denn wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war Jo wie ein Terrier mit einem Fetzen Stoff im Maul. Hatte sie dem Mann in der braunen Sportjacke Fragen gestellt? Wer war der Mann in der braunen Sportjacke?
»Klar, Pat war im Krankenhaus. Dr. Alpert sagte, es ginge ihm prima, aber als das Telefon läutete, bin ich hingerannt - ich rechnete fast damit, daß er es wäre, Alpert, und mir sagte, Pat hätte einen Rückfall gehabt oder so was.«
»Woher, um alles in der Welt, hast du dieses Gefühl eines drohenden Unheils, Sid?«
»Keine Ahnung, Junge, aber es ist da. Wie auch immer, es ist nicht Alpert, es ist Johanna. Sie will wissen, ob wir irgendwelche Vorfahren hatten - vor drei, möglicherweise vier Generationen -, die lebten, wo du jetzt bist, oder in einer der umliegenden Städte. Ich sagte ihr, das wüßte ich nicht, aber du vielleicht. Sie sagte, sie wollte dich nicht fragen, weil es eine Überraschung sein sollte. War es eine Überraschung?«
»Eine große«, sagte ich. »Daddy war Hummerfischer -«
»Hüte deine Zunge, er war Künstler - ›ein Naiver von der Küste‹. So nennt Ma ihn immer noch.« Siddy lachte nicht richtig.
»Scheiße, er hat den Touristen Beistelltischchen aus Hummerreusen verkauft, als sein Rheuma so schlimm geworden war, daß er nicht mehr auf die Bucht rausfahren und Fallen einholen konnte.«
» Ich weiß das, aber Ma hat ihre Ehe wie einen Film fürs Fernsehen zurechtgeschnitten.«
Wie wahr. Unsere eigene Version von Blanche DuBois. »Dad war Hummerfischer in Prout’s Neck. Er -«
» ›Pappa was a rolling stone‹ «, sang Siddy mit einer schrecklich falschen Tenorstimme, » ›and wherever he hung his hat was his home -‹ «
»Hör auf, das ist ernst. Er bekam sein erstes Boot von seinem Vater, richtig?«
»So sagt man«, stimmte Sid zu. »Jack Noonans Lazy Betty , ursprünglicher Besitzer Paul Noonan. Ebenfalls aus Prout’s. Das Boot wurde 1960 vom Hurrikan Donna übel zugerichtet. Ich glaube, es war Donna.«
Zwei Jahre
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