Sara
In der Tüte hatte ich Fritten und Big Macs für Mattie und mich. Für Ki hatte ich eine bunte Box, auf der Ronald McDonald und seine ungestraften Mitverschwörer herumtollten.
»Mattie, ich hab’ eine Juniortüte! Mike hat mir eine Juniortüte mitgebracht! Da ist Spielzeug drin!«
»Sieh nach, was du für eins hast.«
Kyra machte die Schachtel auf, kramte darin herum und lächelte. Ihr ganzes Gesicht strahlte dabei. Sie holte etwas heraus, das ich zuerst für eine große Staubfluse hielt. Einen gräßlichen Augenblick war ich wieder in meinem Traum, in dem Jo mit dem Buch auf dem Gesicht unter dem Bett lag. Gib das her , hatte sie gefaucht. Das ist mein Staubfänger . Und noch etwas - eine andere Assoziation, möglicherweise aus einem anderen Traum. Aber sie wurde nicht klarer.
»Mike?« fragte Mattie. Neugier in der Stimme und vielleicht ein bißchen Besorgnis.
»Ein Hündchen!« sagte Ki. »Ich hab’ ein Hündchen in meiner Juniortüte bekommen!«
Ja, natürlich. Ein Hund. Ein kleiner Plüschhund. Und er war grau, nicht schwarz … aber ich wußte nicht, weshalb die Farbe überhaupt eine Rolle spielen sollte.
»Das ist ein ziemlich schönes Stück«, sagte ich und nahm ihn. Er war weich, das war gut, und grau, das war noch besser. Daß er grau war, machte es irgendwie richtig. Verrückt, aber wahr. Ich gab ihn ihr lächelnd zurück.
»Wie heißt er?« fragte Ki und ließ den kleinen Hund auf ihrer Juniortüte hin und her springen. »Wie ist Hundis Name, Mike?«
Und ohne nachzudenken sagte ich: »Strickland.«
Ich dachte, sie würde verwirrt dreinschauen, aber das tat sie nicht. Sie sah entzückt aus. »Stricken!« sagte sie und ließ den Hund noch höher auf der Box hin und her springen. »Strikken! Stricken! Mein Hund Stricken!«
»Wer ist dieser Strickland?« fragte Mattie, andeutungsweise lächelnd. Sie wickelte ihren Hamburger aus.
»Eine Figur in einem Buch, das ich einmal gelesen habe«, sagte ich und sah Ki zu, wie sie mit ihrem Staubflusenhund spielte. »Niemand aus dem wirklichen Leben.«
»Mein Opa ist gestorben«, sagte sie fünf Minuten später.
Wir saßen noch am Picknicktisch, aber das Essen war weitgehend verschwunden. Strickland die Staubfluse durfte die letzten Fritten bewachen. Ich hatte das Kommen und Gehen der Leute verfolgt und mich gefragt, wer aus dem TR stammen, unser Stelldichein beobachten mochte und es kaum erwarten konnte, die Neuigkeit nach Hause zu bringen. Ich sah niemanden, den ich kannte, aber das sagte nicht viel, wenn man bedachte, wie lange ich nicht mehr in diesem Teil der Welt gewesen war.
Mattie legte ihren Burger weg und sah Ki mit einer gewissen Besorgnis an, aber ich dachte, daß dafür kein Grund vorlag - das Mädchen hatte mir eine Neuigkeit mitgeteilt, nicht Trauer ausgedrückt.
»Ich weiß«, sagte ich.
»Opa war schrecklich alt.« Ki klemmte zwei Fritten zwischen ihre pummeligen kleinen Finger. Sie wanderten zu ihrem Mund, haps, und weg waren sie. »Er ist jetzt bei unserem Herrn Jesus. Über Jesus haben wir alles in der FBS gelernt.«
Ja, Ki , dachte ich, in diesem Augenblick bringt er Herrn Jesus wahrscheinlich bei, wie man Pixel Easel bedient, und fragt ihn, ob dort vielleicht eine Hure greifbar ist .
»Unser Herr Jesus ist auf dem Wasser gewandelt und hat außerdem Wein in Makkaroni verwandelt.«
»Ja, etwas in der Art«, sagte ich. »Es ist traurig, wenn Leute sterben, nicht?«
»Es wäre traurig, wenn Mattie sterben würde, und es wäre traurig, wenn du sterben würdest, aber Opa war alt .« Sie sagte es, als hätte ich das Prinzip beim erstenmal nicht richtig verstanden. »Im Himmel bringen sie ihn wieder auf Zack.«
»Es ist gut, wenn du das so siehst, Süße«, sagte ich.
Mattie rückte Kis herabhängende Haarspangen zurecht, was sie mit Sorgfalt und einer Art unbewußter Liebe tat. Ich fand, sie leuchtete in der Sommerhitze, ihre Haut bildete einen glatten, braungebrannten Kontrast zu dem weißen Kleid, das sie vermutlich in einem Discountladen gekauft hatte, und mir wurde klar, daß ich sie liebte. Vielleicht war das ja in Ordnung.
»Aber die weiße Nana fehlt mir«, sagte Ki, und diesmal sah sie traurig aus. Sie nahm den Plüschhund hoch, versuchte, ihm eine Fritte zu verfüttern, und stellte ihn wieder hin. Ihr kleines, hübsches Gesicht sah jetzt nachdenklich aus, und ich konnte eine Spur ihres Großvaters darin erkennen. Weit weg, aber ersichtlich, noch ein Geist. »Mom sagt, die weiße Nana ist mit Opas irischen
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