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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nicht, wie ich darauf komme, weil ich keine zufriedenstellende Antwort darauf weiß. Es ist nur ein Gefühl, aber seit ich ins TR zurückgekehrt bin, sind meine Gefühle irgendwie anders.«

    »Was meinst du damit?«
    »Trägst du ein T-Shirt mit einer Ente darauf?«
    »Woher weißt du das? Hat Ki es dir gesagt?«
    »Hat sie gerade den kleinen Plüschhund aus ihrer Juniortüte mit hinausgenommen?«
    Lange Pause. Schließlich sagte sie »Mein Gott«, mit einer so leisen Stimme, daß ich sie kaum hören konnte. Dann wieder: »Wie -«
    »Ich weiß nicht, wie. Ich weiß auch nicht, ob du immer noch in einer … einer schlimmen Situation bist, oder warum, aber ich habe das Gefühl, daß es so ist. Ihr beide.« Ich hätte mehr sagen können, hatte aber Angst, sie könnte denken, ich hätte völlig den Verstand verloren.
    »Er ist tot! « platzte sie heraus. »Der alte Mann ist tot! Warum kann er uns nicht in Ruhe lassen?«
    »Vielleicht hat er das. Ich könnte mich irren. Aber es kann nicht schaden, vorsichtig zu sein, oder?«
    »Nein«, sagte sie. »Für gewöhnlich stimmt das.«
    »Für gewöhnlich?«
    »Warum kommst du mich nicht besuchen, Mike? Vielleicht könnten wir zusammen zum Jahrmarkt gehen.«
    »Diesen Herbst werden wir das vielleicht tun. Alle drei.«
    »Das würde mir gefallen.«
    »Bis dahin denke ich an den Schlüssel.«
    »Denken ist dein halbes Problem, Mike«, sagte sie und lachte wieder. Wehmütig, dachte ich. Und mir war klar, was sie meinte. Was sie nicht zu begreifen schien, war die Tatsache, daß Fühlen die andere Hälfte ausmachte. Zusammen bilden sie eine Schlinge, die am Ende, glaube ich, die meisten von uns zu Tode schaukelt.
     
    Ich arbeitete eine Zeitlang, dann trug ich die IBM ins Haus zurück und ließ das Manuskript darauf liegen. Ich war fertig damit, zumindest vorerst. Ich würde nicht mehr nach dem Weg durch den Schrank suchen; kein Andy Drake mehr und kein John Shackleford, bis das alles vorbei war. Und als ich mir zum erstenmal seit - wie mir schien - Wochen wieder eine lange Hose und ein Oberhemd anzog, kam mir der Gedanke,
daß vielleicht etwas - eine Macht - versucht hatte, mich mit der Story abzulenken, die ich erzählte. Mit der Fähigkeit, wieder arbeiten zu können. Das ergab einen Sinn; die Arbeit war stets meine bevorzugte Droge gewesen, besser als Schnaps oder das Mellaril, das ich immer noch im Arzneischränkchen im Bad aufbewahrte. Vielleicht war die Arbeit aber auch nur das Zustellsystem, die Spritze mit den traumhaften Träumen darin. Vielleicht war die wahre Droge ja die Zone. Das Feeling, wie man Basketballspieler manchmal sagen hört. Ich war in der Zone und hatte echt das Feeling.
    Ich schnappte mir die Schlüssel des Chevrolet vom Tresen und sah dabei zum Kühlschrank. Die Magneten bildeten wieder einen Kreis. In der Mitte befand sich eine Botschaft, die ich schon einmal gesehen hatte und die nun aufgrund der zusätzlichen Magnabet-Buchstaben auch verständlich war:
    hilf ihr
    »Ich tue mein Bestes«, sagte ich und ging hinaus.
     
    Drei Meilen auf der Route 68 nach Norden - da ist man schon auf dem Abschnitt, der einmal als Castle Rock Road bekannt war - steht ein Gewächshaus mit einem Laden davor. Slips’n Greens heißt er, und Jo und ich hatten dort eine Menge Zeit verbracht, Gartenartikel gekauft oder einfach mit den beiden Frauen geplaudert, denen das Geschäft gehörte. Eine war Helen Auster, Kennys Frau.
    An jenem Sonntag morgen hielt ich gegen zehn Uhr vor dem Geschäft (natürlich hatte es geöffnet; in der Touristensaison wird fast jeder Ladenbesitzer in Maine zum Heiden) und parkte neben einem BMW mit New Yorker Nummernschild. Ich blieb lange genug für den Wetterbericht im Radio sitzen - weiterhin schwül und heiß, mindestens weitere achtundvierzig Stunden -, dann stieg ich aus. Eine Frau in Badeanzug, Hosenrock und einem riesigen gelben Sonnenhut kam mit einer Tüte Torfmoos auf den Armen aus dem Geschäft. Sie widmete mir ein zurückhaltendes Lächeln. Ich erwiderte es
mit achtzehn Prozent Zinsen. Sie kam aus New York, und das bedeutete, sie war keine Marsianerin.
    Das Geschäft selbst war noch heißer und schwüler als der weißglühende Vormittag draußen. Lila Proulx, die Mitinhaberin, telefonierte. Neben der Registrierkasse stand ein kleiner Ventilator; sie hatte sich direkt davorgestellt und machte Flatterbewegungen mit dem Saum ihrer ärmellosen Bluse. Sie sah mich und krümmte die Finger zu einem Winken. Ich winkte zurück und kam mir wie

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