Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
in einem Wassernebel auf meinen Chevrolet und drückte das Dach ein, ehe er auf meiner Seite herunterrollte.

    Wenn ich hier draußen in die Hände klatschte, wäre das genauso sinnvoll wie König Knuts Befehl an die Flut, zurückzuweichen. Dies war ihre Welt, nicht meine … und obendrein nur der Rand davon. Jeder Schritt näher zur Straße und dem See würde mich näher zum Herz dieser Welt bringen, wo die Zeit dünn war und Geister herrschten. O großer Gott, was war geschehen, das alles zu verursachen?
    Der Pfad zu Jos Atelier hatte sich in einen Bach verwandelt. Ich kam ein Dutzend Schritte weit, bis sich ein Stein unter meinen Füßen drehte und ich auf die Seite fiel. Ein Blitz zuckte über den Himmel, das Knirschen eines weiteren brechenden Astes ertönte, und dann fiel etwas auf mich zu. Ich hob die Hände, um das Gesicht abzuschirmen, und rollte mich nach rechts, vom Weg herunter. Der Ast landete unmittelbar hinter mir auf dem Boden, und ich kullerte einen Hang halb hinunter, den vollgesogene Nadeln schlüpfrig machten. Schließlich konnte ich mich wieder auf die Füße ziehen. Der Ast auf dem Weg war noch größer als der, der auf dem Dach des Autos gelandet war. Wenn er mich getroffen hätte, hätte er mir wahrscheinlich den Schädel eingeschlagen.
    Geh zurück! Ein zischender, haßerfüllter Wind zwischen den Bäumen.
    Bring es zu Ende! Die plätschernde, kehlige Stimme des Sees, der unterhalb der Straße gegen Felsen und Ufer toste.
    Kümmere dich um deine Angelegenheiten! Das war das Haus selbst, das auf seinen Fundamenten ächzte. Kümmere dich um deine Angelegenheiten, und laß mich mich um meine kümmern!
    Aber Kyra war meine Angelegenheit. Kyra war meine Tochter.
    Ich hob die Laterne auf. Das Gehäuse hatte einen Sprung, aber die Birne im Inneren leuchtete hell und konstant - das war ein Punkt für die Heimmannschaft. Ich bückte mich gegen den heulenden Wind, hob eine Hand, um weitere herabfallende Äste abzuwehren, und rutschte und stolperte den Weg zum Atelier meiner toten Frau hinunter.

Kapitel 27
    Zuerst ging die Tür nicht auf. Der Knauf drehte sich unter meiner Hand, daher wußte ich, daß nicht abgeschlossen war, aber durch den Regen schien das Holz aufgequollen zu sein … oder war etwas dagegengeschoben worden? Ich wich zurück, duckte mich ein wenig und rammte die Tür mit der Schulter. Diesmal gab sie ein wenig nach.
    Das war sie. Sara. Sie stand auf der anderen Seite der Tür und versuchte, sie zuzuhalten. Aber wie konnte sie das tun? Wie, in Gottes Namen? Sie war ein verdammter Geist!
    Ich dachte an den Pickup von BAMM CONSTRUCTION … und konnte ihn fast sehen, als wäre der Gedanke eine Beschwörung, draußen am Ende vom Weg zweiundvierzig, wo er am Highway parkte. Die Limousine der alten Damen parkte dahinter, und mittlerweile noch drei oder vier weitere Autos. Sämtliche Scheibenwischer fegten hin und her, die Scheinwerfer schnitten kümmerliche Kegel in den Wolkenbruch. Sie standen am Straßenrand aufgereiht wie Autos bei einem Flohmarkt. Aber hier war kein Flohmarkt, nur die Oldtimer, die stumm in ihren Autos saßen. Oldtimer, die in der Zone waren, genau wie ich. Oldtimer, die Schwingungen schickten.
    Sie nährte sich davon. Stahl sie ihnen. Dasselbe hatte sie mit Devore gemacht - und natürlich mit mir. Zahlreiche der Manifestationen, die ich seit meiner Rückkehr erlebt hatte, waren zweifelsohne mit meiner psychischen Energie geschaffen worden. Das war amüsant, wenn man darüber nachdachte.
    Vielleicht war ›erschreckend‹ das Wort, nach dem ich eigentlich suchte.
    »Jo, hilf mir«, sagte ich im strömenden Regen. Blitze zuckten und verwandelten die Sturzbäche kurz in grelles Silber. »Wenn du mich je geliebt hast, hilf mir jetzt.«
    Ich wich zurück und warf mich wieder gegen die Tür. Diesmal spürte ich gar keinen Widerstand und stolperte hinein,
stieß mir das Schienbein am Türrahmen und fiel auf die Knie. Aber die Laterne ließ ich nicht los.
    Es folgte ein Augenblick der Stille. Ich spürte, wie sich Mächte und Kräfte darin sammelten. In diesem Augenblick schien sich nichts zu bewegen, obwohl hinter mir, im Wald, wo Jo gerne spazierengegangen war - mit mir oder ohne mich -, der Regen weiter fiel und der Wind weiter heulte, ein unbarmherziger Gärtner, der sich einen Weg durch die abgestorbenen und fast abgestorbenen Bäume schnitt und die Arbeit von zehn sanfteren Jahren binnen einer turbulenten Stunde tat. Dann fiel die Tür ins Schloß, und es ging los. Ich

Weitere Kostenlose Bücher