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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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betrachtete einen Haufen Taschenbücher, Romane Elmore Leonards und Ed McBains, die auf dem Boden lagen. Als wären sie von einer Hand vom Regal gefegt worden. Vielleicht von einer um sich schlagenden Hand. Ich konnte auch meine Spuren sehen, als ich gekommen und gegangen war. Sie trockneten bereits. Sie hätten die einzigen sein sollen. Ich hatte Ki getragen, als wir hereingekommen waren. Sie hätten die einzigen Spuren sein sollen, waren es aber nicht. Die anderen waren kleiner,
aber nicht so klein, daß ich sie für die eines Kindes halten konnte.
    Ich rannte durch den Flur zum Schlafzimmer im Nordflügel und rief ihren Namen, aber ich hätte ebensogut Mattie oder Jo oder Sara rufen können. Aus meinem Mund hörte sich Kyras Name wie der einer Toten an. Die Decke lag auf dem Boden. Abgesehen von dem Plüschhund, der an derselben Stelle lag wie in meinem Traum, war das Bett leer. Und Ki war fort.

Kapitel 29
    Ich streckte die Fühler des Teils meines Verstands nach Ki aus, der in den letzten paar Wochen gewußt hatte, was sie trug, in welchem Zimmer des Wohnwagens sie sich aufhielt und was sie dort machte. Natürlich fand ich nichts - auch diese Verbindung war unterbrochen.
    Ich rief nach Jo - ich glaube, daß ich das getan habe -, aber auch Jo war fort. Ich war allein. Mochte Gott mir beistehen. Mochte Gott uns beiden beistehen. Ich spürte, wie mich Panik überkam, und kämpfte dagegen an. Ich brauchte einen klaren Kopf. Wenn ich nicht denken konnte, war jede Chance dahin, die Ki noch hatte. Ich ging rasch durch den Flur zurück zur Diele und versuchte, die niederschmetternde Stimme in meinem Hinterkopf nicht zu hören, die sagte, daß Ki schon verloren, schon tot war. Das wußte ich nicht, konnte es nicht wissen, nachdem die Verbindung zwischen uns unterbrochen war.
    Ich sah auf den Haufen Bücher hinunter, dann zur Tür. Die neuen Spuren führten ebenfalls hier hinein und wieder hinaus. Blitze erhellten den Himmel, Donner grollte. Der Wind nahm wieder zu. Ich ging zur Tür, streckte die Hand nach dem Knauf aus, verharrte. Etwas hatte sich in dem Spalt zwischen Tür und Rahmen verfangen, etwas Feines und Schwebendes, wie eine Spinnwebe.
    Ein einzelnes weißes Haar.
    Ich sah es an, ohne wirklich überrascht zu sein. Ich hätte es wissen müssen, natürlich, und wenn ich nach den aufeinanderfolgenden schockierenden Ereignissen dieses schrecklichen Tages nicht so sehr unter Druck gestanden hätte, dann hätte ich es gewußt. Es war alles auf dem Band, das John mir an diesem Vormittag vorgespielt hatte … zu einer Zeit, die bereits zum Leben eines anderen Mannes zu gehören schien.
    Zunächst einmal war da die Zeitansage, als John aufgelegt hatte. Neun Uhr vierzig, Ostküstensommerzeit , hatte die Tonbandstimme gesagt, was bedeutete, daß Rogette um sechs
Uhr vierzig am Morgen angerufen hatte … das heißt, wenn sie wirklich aus Palm Springs angerufen hatte. Das war zumindest möglich; wäre mir dieser sonderbare Umstand aufgefallen, als wir vom Flugplatz zu Matties Wohnwagen gefahren waren, hätte ich mir gesagt, daß es zweifellos in ganz Kalifornien Nachtschwärmer gab, die ihre Ostküstengeschäfte erledigten, bevor die Sonne ganz über dem Horizont aufgegangen war, schön für sie. Aber da war noch etwas, das man nicht so leicht wegerklären konnte.
    John hatte das Band einmal ausgeworfen. Weil ich, wie er sagte, weiß wie ein Laken geworden war, statt amüsiert zu sein. Ich hatte ihn gebeten, mir auch den Rest vorzuspielen; es hätte mich nur überrascht, sie wieder zu hören. Der Klang ihrer Stimme. Herrgott, die Aufnahme ist gut . Aber in Wahrheit waren es die Jungs im Keller gewesen, die auf Johns Tonband reagiert hatten; meine Mitverschwörer im Unterbewußtsein. Und nicht ihre Stimme hatte sie dermaßen erschreckt, daß mein Gesicht kalkweiß geworden war. Das Summen hatte es getan. Das typische Summen, das man bei Telefonaten im TR immer zu hören bekam, ob man nun selbst anrief oder angerufen wurde.
    Rogette Whitmore hatte das TR-90 nie verlassen. Wenn es Ki Devore das Leben kosten würde, weil mir das nicht schon heute morgen klargeworden war, würde ich nicht damit weiterleben können. Das sagte ich Gott immer und immer wieder, während ich die Eisenbahnschwellen hinunterrannte, direkt dem wiedererwachten Sturm entgegen.
     
    Es ist ein wahres Wunder, daß ich nicht einfach von der Uferböschung stürzte. Mein halbes schwimmendes Floß war dort gestrandet, und ich hätte mich auf den zersplitterten

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