Sara
schrecklich aufregend. Wir bekommen nie Besuch.«
Ich stellte zu meinem Entsetzen fest, daß ich im Begriff war, ihr zu sagen, daß ich es ebenfalls aufregend fand, meine erste Verabredung seit vier Jahren, und so weiter. »Danke, daß Sie an mich gedacht haben.«
Als ich auflegte, fiel mir John Storrows Rat ein, sichtbar zu bleiben, wenn ich mit ihr zusammen war, und den Klatschbasen der Stadt keinen unnötigen Stoff zu liefern. Wenn wir grillten, waren wir wahrscheinlich im Freien, wo die Leute sehen konnten, daß wir bekleidet waren … jedenfalls den größten Teil des Abends. Aber irgendwann würde sie bestimmt einmal dem Gebot der Höflichkeit folgen und mich hinein bitten. Ich würde dem Gebot der Höflichkeit folgen und mitgehen. Ihr Samtbild von Elvis an der Wand bewundern, ihre Wandteller von der Franklin Mint oder womit sie ihren Wohnwagen auch immer geschmückt hatte; ich würde mir von Kyra ihr Zimmer zeigen lassen und erstaunte Ausrufe wegen ihrer exzellenten Plüschtiersammlung und ihrer Lieblingspuppe von mir geben, sollte es erforderlich sein. Es gibt alle möglichen Prioritäten im Leben. Manche kann Ihr Anwalt verstehen, aber ich vermute, es gibt ein paar, die er nicht verstehen kann.
»Mache ich das richtig, Bunter?« fragte ich den ausgestopften Elch. »Brüll einmal für ja, zweimal für nein.«
Ich war halb den Flur entlang, der zum Nordflügel führte, und dachte an nichts anderes als eine kühle Dusche, als ich hinter mir ganz leise und kurz das Glöckchen um Bunters Hals läuten hörte. Ich blieb mit geneigtem Kopf stehen, Hemd in einer Hand, und wartete, daß das Glöckchen noch einmal läuten würde. Es blieb stumm. Nach einer Minute ging ich den Rest des Wegs zum Bad und drehte die Dusche auf.
Der Lakeview General hatte eine ziemlich gute Weinauswahl in einer Ecke versteckt - die Einheimischen kauften wahrscheinlich nicht eben viel, aber die Touristen dafür eine ganze Menge -, und ich entschied mich für eine Flasche roten Mondavi. Der war wahrscheinlich etwas teurer, als Mattie sich vorgestellt
hatte, aber ich konnte das Preisschild abkratzen und hoffen, daß sie den Unterschied nicht merken würde. An der Kasse stand eine Schlange, überwiegend Leute mit feuchten T-Shirts über den Badeanzügen und Sand vom öffentlichen Strand an den Beinen. Während ich wartete, bis ich an die Reihe kam, fiel mein Blick auf die im wesentlichen überflüssigen Artikel, die immer unmittelbar vor der Kasse ausgestellt wurden. Darunter befanden sich mehrere Plastiktüten mit der Aufschrift MAGNABET; jede Tüte zeigte einen gezeichneten Kühlschrank mit der daran befestigten Nachricht BIN GLEICH WIEDER DA. Laut Packungsbeschreibung waren zwei Sätze Konsonanten in jeder Tüte, PLUS EXTRAVOKALEN. Ich schnappte mir zwei Tüten … dann fügte ich eine dritte hinzu, weil ich mir dachte, daß Mattie Devores Tochter wahrscheinlich genau im richtigen Alter für so etwas war.
Kyra sah mich auf den unkrautüberwucherten Hof fahren, sprang von der wackligen Schaukel neben dem Wohnwagen, rannte zu ihrer Mutter und versteckte sich hinter ihr. Als ich mich dem Holzkohlengrill näherte, der neben den Schlackesteinstufen aufgebaut worden war, war von dem Kind, das am Samstag so unerschrocken mit mir gesprochen hatte, nur ein neugieriges blaues Auge und eine pummelige Hand zu sehen, mit der sie eine Falte des Sommerkleids ihrer Mutter unterhalb der Hüfte gepackt hielt.
Aber zwei Stunden brachten beträchtliche Veränderungen mit sich. Als es dämmerte, saß Kyra im Wohnzimmer des Wohnwagens auf meinem Schoß und hörte mir aufmerksam zu - wenn auch zunehmend schläfrig -, wie ich ihr die stets faszinierende Geschichte von Cinderella vorlas. Die Couch, auf der wir saßen, hatte einen Braunton, wie er - das ist ein Gesetz - nur in Discountgeschäften verkauft wird, und war extrem durchgesessen, aber ich schämte mich immer noch meiner beiläufigen Vorurteile, was ich in dem Wohnwagen finden würde. An der Wand hinter uns hing ein Druck von Edward Hopper - der eines einsamen Restauranttresens mitten in der Nacht -, und auf der anderen Seite des Zimmers, über dem kleinen Resopaltisch in der Kochnische, einer aus
Vincent van Goghs ›Sonnenblumen‹-Serie. Er paßte noch besser als der Hopper in Mattie Devores Doppelwohnwagen. Ich habe keine Ahnung, warum das so war, aber es war so.
»Glaspantoffel wird ihr Füßi aufschneiden«, sagte Ki in einer nuscheligen, bedächtigen Weise.
»Keine Chance«, sagte
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