Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
Wie ein kleines Kind, presste ich mich an seinen warmen Körper und sog seine nächtliche Hitze in mich auf. Langsam legte Martin seinen Arm um mich und säuselte schlaftrunken: „Hey, mein Schatz. Hast du schlecht geträumt?“
Er fuhr mit der Hand sachte über meinen Bauch. Dann blickte er hoch auf den Wecker. Die Ziffern leuchteten verräterisch 6.56 Uhr. „Du bist ja eiskalt und deine Haare sind nass. Bist du jetzt erst gekommen?“
Mit einem Mal war er hellwach. Ich seufzte. Was sollte ich ihm darauf antworten? Die Wahrheit hätte er mir genauso wenig geglaubt, wie der kleine, gedrungene Taxifahrer.
„Wo in aller Welt kommst du um diese Zeit her?“
Zack! Ich sitze mal wieder in der Falle.
Auf diese Frage war ich dummerweise nicht vorbereitet. Ich hätte mir vorher Gedanken machen sollen, rein für den Notfall. Ich schluckte und flüsterte vorsichtig mit fragendem Unterton: „ Aus dem Kino?“
„Ist doch wohl ein schlechter Witz. Um die Zeit? Du kommst nie so spät heim. Wo warst du, Sarah?“
„Martin,“ stotterte ich verlegen, „Ich kann es dir jetzt nicht erklären, aber bitte vertrau mir einfach. Es geschehen zurzeit Dinge, die ich dir jetzt nicht sagen kann. Du würdest sie nicht verstehen.“
Eine noch dämlichere Antwort war mir beim besten Willen nicht eingefallen. Martins Stimme klang erregt und zornig, verletzt und wütend zugleich: „ Ich und nichts verstehen? Glaubst du eigentlich, ich bin bescheuert? Wenn du einen anderen Mann kennen gelernt hast, dann sag es einfach.“
„Bitte?“
Mir blieb das Wort im Hals stecken. Zumal er nicht ganz Unrecht hatte. Ich hatte einen anderen Mann kennengelernt, allerdings nicht so, wie er annahm. Wieso schließen Männer gleich daraus, dass man Fremd geht, sobald mal etwas anders läuft, als sie erwarten?
„Martin, es gibt keinen anderen. Ich bin einfach mit Mary versackt.“
„Mit Mary? Wie komisch. Als ich bei Mary vorbeigefahren bin, da brannte dort Licht. Also wart ihr doch bei ihr. Wie könnt ihr dann versackt sein?“
Ich stutzte. „Du hast nach mir gesucht? Warum?“
„Mir war langweilig, außerdem wäre ich vielleicht gerne zu euch gestoßen.“
Seine Stimme klang verbittert. Ich ächzte.
„Wieso hast du mich nicht angerufen?“
Jetzt verlor Martin restlich die Geduld. “Was glaubst du, was ich den ganzen Abend getan habe? Aber dein Handy war ja ausgeschaltet.“
Ich überlegte kurz. In der kleinen Kapelle hatte ich es ausgeschaltet und vergessen wieder einzuschalten.
„Mein Akku ist leer,“ konterte ich schnell.
Für all die Lügen komme ich irgendwann in die Hölle. Er schwieg einen Moment. Ich nutzte die Gelegenheit und fügte schnell hinzu: „Wir waren ja auch bei Mary. Und später sind noch auf einen Kaffee raus. Mary brauchte jemanden zum Reden.“
Martin setzte sich auf und schlug mit der flachen Hand auf die Bettdecke.
„Ich lass mich hier nicht zum Narren halten. Und einen Unfall gab es übrigens am Rhein auch nicht, das habe ich bereits heraus gefunden. Du solltest dir gut überlegen, ob du nicht langsam mit der Wahrheit herausrückst. Wo treibst du dich ständig herum?“
Würde ich Fingernägel kauen, dann hätte ich sie in diesem Moment bis aufs Nagelbett abgebissen. Hilflos blätterte ich in meinem Gedächtnis nach einer plausiblen Erklärung. Zu meinem Entsetzen fand ich keine. Die Wahrheit, das ist immer das Beste. Ja, die Wahrheit. Doch ich brachte kein Wort über meine Lippen. Die Angst, er könne mich auslachen, war einfach zu groß. Gleichzeitig hatte ich Sorge, dass ich ihn damit in Gefahr bringen könnte.
„Ich gebe dir bis heute Mittag Zeit, du kannst mich anrufen und mir mitteilen, was hier los ist. Ansonsten packe ich meine Klamotten und bin weg.“
Er sprang aus dem Bett, warf mir einen bösen Blick zu und verschwand dann schweigend unter der Dusche. Gegen halb Sieben hörte ich die Wohnungstüre ins Schloss fallen. Martin hatte das Haus verlassen. Regungslos hatte ich die Hände in meine Bettdecke gekrallt und abgewartet. Da lag ich nun, allein mit meinem Neuen Ich und den Dingen, die unerwartet und in völlig absurder Art und Weise in mein Leben getreten waren. Martin hatte sich klar und deutlich ausgedrückt. Ich war den Tränen nahe. Doch ich weinte nicht. Mir fehlte die Kraft und der Verstand um all das zu begreifen. Martin war die Liebe meines Lebens, wir wollten heiraten, für immer zusammen bleiben. Und nun stand ich in wenigen Stunden vor einem Scherbenhaufen. An Schlaf war
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