Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
Ich legte die Hand fest um den hölzernen Griff. Dann betätigte ich, seitlich neben der Wohnungstüre, den Türsummer und lauschte. Ich spähte vorsichtig durch den Spion und sah Mary die Stufen hoch stapfen. Ich atmete aus und riss die Türe auf. Mary umarmte mich stürmisch und folgte mir in die Küche.
„Du lebst, wie schön.“
Ich legte das Messer zurück an seinen Platz.
„Warum sollte ich auch nicht?“
Mary zog die Augenbrauen hoch und schnaubte: „Bist du schon soweit, dass du nur noch mit `nem Rambomesser die Türe öffnen kannst? Muss ja viel passiert sein. Erzähl mal, sind sie dir immer noch auf den Versen?“
Ich nickte. Mary goss sich einen frischen Kaffee ein und quälte mich mit ein Duzend Fragen, die ich gar nicht alle beantworten konnte. Ich legte brav Bericht ab und zündete mir eine Zigarette an. Grauweiße Rauchschwaden zogen durch die kleine Küche und verpesteten die Luft. Mary wedelte wild mit den Armen: „Du solltest die Qualmerei langsam dran geben. Das ist das Schlimmste, was du deiner Lunge antun kannst. Ist vielleicht gerade der richtige Zeitpunkt.“
Sie hatte Recht, aber es war der ungünstigste Moment, den ich mir vorstellen konnte, um dem Nikotin zu entsagen. Meine Nerven lagen viel zu blank, dass ich jetzt auch noch einen Entzug gebrauchen konnte. Ich musste erst einmal herausfinden, wo die neuen Vampire plötzlich her kamen und wer sie verwandelt hatte. Und warum es so viele waren. Natürlich war es genauso wichtig, Lionel zu durchleuchten und ans Tageslicht zu bringen, welches Geheimnis sich hinter ihm und seiner Fürsorge verbarg. Mein Handy klingelte und ich sprang sofort auf. Mein erster Gedanke gehörte Martin. Ich rannte ins Schlafzimmer: „Hallo... ja?“
„Ich habe interessante Neuigkeiten.“
Es war Lionel. Enttäuscht ließ ich mich aufs Bett fallen. Warum meldete Martin sich nicht bei mir? Warum ließ er mich so lange im Unklaren?
„Pass auf Sarah, alles hat sich aufgeklärt. Ich komme gerade aus dem Krankenhaus, ich war schnell trinken. Ich erkläre dir alles später. Ich muss mal schlafen. Ich hol dich heut Abend ab. Es wird einiges auf dich zukommen. Ein Pflock wäre nicht schlecht, organisier dir einen. Wenn möglich auch ein sehr scharfes Messer. Du solltest nicht mehr unbewaffnet sein. Und pass auf dich auf. Bis dann.“
Er legte, ohne eine Antwort abzuwarten, einfach auf.
Klasse, jetzt bin ich ja viel schlauer als vorher.
Mary und ich klapperten an diesem Vormittag mehrere Waffengeschäfte ab und ich holte mir meinen ersten zweischneidigen Dolch. Danach kehrten wir zurück zu mir nach hause. Mary half mir noch schnell die Wohnung ein wenig aufzuräumen und wir machten uns frisch für den Abend. Wir beschlossen auf eine Pizza zu Pablo zu fahren. Er hatte die besten Pizzen in ganz Nippes und war einfach nur der weltbeste Italiener, den es je gegeben hatte. Pablo, der kleine Sizilianer mit den braunen Knopfaugen und den schwarzen, kurzen Haaren, hatte immer ein liebes Lächeln für seine Gäste übrig und erfüllte auch kleine Sonderwünsche. Er war stets bemüht, seine Gäste bei Laune zu halten und ihnen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Ich liebte diese kleine Oase der Ruhe. Und soweit es meine finanziellen Möglichkeiten zuließen, kehrte ich in das urige Restaurant ein.
Mary und ich saßen wie immer an unserem Stammtisch, gleich neben den venezianischen Malereien. Ich mochte die kleine gemütliche Ecke besonders, das alte Kiefernholz war bereits abgenutzt, aber ich liebte das einfach Flair bei Pablo. Es zauberte mich für einen Moment in ein fernes, kleines Fischerdörfchen irgendwo direkt am Meer. Das Licht war gedämpft und sorgte für eine warme und gemütliche Atmosphäre. Kleine Kerzenleuchter zierten die Wände und machten die Pizzeria zu einem wunderschönen mediterranen Plätzchen. Pablo begrüßte uns freudig, schüttelte unsere Hände und rief mit seinem landestypischen Akzent: „Bella, wie schön disch zu sehen. Hab isch schöne neue Tomate und schöne neue Brot mit Kräuterbutta, bring isch eusch gleisch an die Tisch.“
Ich wusste nicht, ob es an meinem empfindlichen Magen lag, oder an den kleinen, kräftig gewürzten Beilagen, aber mein Magen begann sich kurzweilig bei dem Anblick und dem Geruch der Vorspeise zu drehen.
Mary fragte erstaunt: „Du verschlingst doch Pablos Brot sonst immer mit Heißhunger, was ist denn mit dir los?“
Ich schüttelte mich ein wenig, verdrehte die Augen und zog den Ärmel meiner
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