Sarah Dearly Bd. 5 - Verliebt, verlobt, verbissen
weißt.«
Ich verspannte mich. »Ich weiß nicht viel über ihn.«
»Du hast ihn gestern Abend getroffen. Du weißt genug. Bis später.«
Er unterbrach die Verbindung.
Jemand hatte mich und den Roten Teufel gestern Abend gesehen? Mir lief ein Schauer über den Rücken. Wer wohl? Es war eigentlich egal, denn es bewies mal wieder, wie genau ich beobachtet wurde.
Ich wollte Thierry anrufen. Ich wollte mit ihm sprechen. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte, ohne dass Gideon Verdacht schöpfte. Ich durfte ihn nicht noch misstrauischer machen, bis ich zumindest diesen BlackBerry in meinen kleinen heißen Händen hielt.
Der Plan war mir vor einigen Minuten so brillant erschienen, doch jetzt hatte ich das Gefühl, mich bloß an einen Strohhalm zu klammern.
Nachdem ich Gideon erklärt hatte, dass ich Quinn am Nachmittag sehen würde, tat ich das auch. Ich traf ihn genau eine Stunde später im Bodacious Bean, und wir verbrachten den Rest des Tages miteinander. Wir plauderten über unverfängliche Themen, so dass wir uns – sollten wir von Gideons unsichtbaren Spionen belauscht werden – wie zwei Leute anhörten, die sich mochten und ein bisschen Zeit miteinander verbrachten.
Quinn und ich schlenderten durch die Stadt und sahen uns die Schaufenster im Eaton Centre an, dem coolsten Einkaufszentrum im gesamten Universum. Dann wanderten wir die gefrorenen Straßen von Yorkville entlang,
meinem Lieblingsstadtteil von Toronto, in dem es hübsche Boutiquen gab und wo man ab und an eine berühmte Person sichten konnte. Eigentlich wäre es ein herrlicher Tag gewesen, aber ich war mit den Gedanken woanders.
»He …« Quinn drückte meine Hand. »Hallo? Erde an Sarah.«
»Entschuldige.« Ich schluckte schwer. »Ich bin heute ein bisschen zerstreut.«
»Heute?«
»Ha, ha.« Ich funkelte ihn böse an. »Vermutlich perfektioniere ich diese Gabe.«
»Alles wird gut. Das weißt du doch, oder?«
»Stimmt das?«
Er nickte nachdrücklich und grinste mich an. »Wir werden beide bekommen, was wir uns immer gewünscht haben, und das Glück finden, nach dem wir gesucht haben. Weißt du, wieso ich das weiß?«
»Okay, würden Sie das bitte der Klasse erklären, Herr Oberlehrer.«
Er lächelte breiter. »Weil wir es verdammt noch mal verdient haben.«
Ich musterte ihn. »Rauchst du Crack?«
»Um das zu wissen, brauche ich keine Drogen. Wieso glaubst du mir nicht?«
Ich stieß die Luft aus und beobachtete, wie die Luft zu einer Wolke gefror. Wäre ich ein Nachtwandler, würde das nicht passieren. Dann brauchte ich nicht zu atmen und wenn ich draußen in der Kälte wäre, fiele meine Körpertemperatur ab. »Ich weiß nicht, was ich noch glauben soll.«
»Dann glaube ich es für dich mit.«
»Seit wann bist du der Positive im Team?«
Er zuckte mit den Schultern. »Einer muss es ja tun und heute bin ich wohl dran. Du hast irgendwie deinen Optimismus verloren.«
»Ich glaube, ich habe ihn nur gerade verlegt.« Ich kaute auf meiner Unterlippe. »Wenn du die Chance hättest, wieder ein Mensch zu werden, dafür aber einen hohen Preis zahlen müsstest, würdest du es dann tun?«
Er dachte einen Augenblick darüber nach. »Ich habe lange genug nach einfachen Antworten auf schwierige Fragen gesucht. Nichts ist so gekommen, wie ich es geplant hatte. Aber wenn mir heute jemand eine spezielle Pille anbieten würde, durch die ich wieder wie früher würde.« Er zog die Augen zusammen. »Ich glaube nicht, dass ich sie nehmen würde. Ich fühle mich wohl, so wie ich jetzt bin.«
Ich holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus. »Was, wenn du verflucht wärst?«
»Nachdem ich gebissen worden bin, habe ich mich eine Zeit lang genau so gefühlt. Jetzt weiß ich, dass es ein Segen war.«
Ich verdrehte die Augen. »Ich glaube, du hast mir besser gefallen, als du noch von Angst besessen warst.«
»Oh, glaub mir, das bin ich nach wie vor.« Er lächelte und drückte meine Hand. »Das Leben bietet uns eine Fülle von Möglichkeiten. Wir wissen immer erst hinterher, ob wir die richtige Entscheidung getroffen haben, wenn wir sehen, wo der Weg hinführt, den wir eingeschlagen haben.«
»Bitte hör auf.«
»Tut mir leid. Ich kann nicht anders.« Sein Lächeln verschwand,
und seine Miene verfinsterte sich. »Ich glaube, wir werden verfolgt.«
Ich verspannte mich. »Was sollen wir tun?«
»Wir verhalten uns ganz natürlich.«
Die Sonne war untergegangen. Es war beinahe vollkommen dunkel, also dauerte es nicht mehr
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