Sarah Maclean
ich es je gekonnt habe."
Callie ignorierte Mariana und sah sich im Ballsaal um, sah
die Blicke, die Juliana von überall auf sich zog.
Es würde nicht einfach werden.
„Sie soll ja illegitim sein, mütterlicherseits", hörte Callie eine
Dame von links wispern. Sie drehte sich um und entdeckte den
Duke und die Dowager Duchess of Leighton, die Juliana beide
anstarrten. Zorn erfüllte Callie, als sie die Verachtimg im hüb-
schen Gesicht des Herzogs sah, während seine Mutter fortfuhr:
„Ich kann mir nicht vorstellen, was Salisbury dazu bewogen
haben könnte, sie bei sich zu empfangen. Es ist ja nicht so, als
wäre Raistons Ruf viel besser. Ich bin mir sicher, dass er selbst
schon eine ganze Reihe von Bankerten gezeugt hat."
Die Worte, einerseits völlig unpassend, andererseits nicht un-
erwartet, waren einfach zu viel. Callie warf der Dowager Du-
chess einen langen, strengen Blick zu, ein Blick, der gesehen
werden sollte.
Der Duke of Leighton fing den Blick auf und erwiderte ihn
kühl. „Andere zu belauschen ist eine schreckliche Angewohn-
heit, Lady Calpurnia."
Vor einem Jahr hätte Callie nicht den Mut aufgebracht, ihm
zu antworten - doch an diesem Abend sagte sie mit vielsagen-
dem Blick zur Dowager Duchess: „Ich könnte mir wohl schlim-
mere Angewohnheiten denken, Euer Gnaden."
Damit durchquerte sie den Ballsaal, um Juliana vor diesem
Natterngezücht zu beschützen.
Mariana folgte ihr auf dem Fuß. „Gut gemacht, Schwester-
herz! Wie die das Gesicht verzogen haben! Herrlich!"
„Sie haben es verdient. Dieser Snobismus ist unmöglich",
sagte Callie abwesend. Ihr ging es jetzt vor allem darum, zu Ju-
liana vorzudringen und sie für diesen Abend unter den Schutz
der Allendales zu stellen. Damit würde sie der Klatscherei zwar
keinen Riegel vorschieben, aber es würde sicher helfen.
Während sie sich durch die Menge arbeiteten, kamen sie auch
an Rivington vorbei. Mariana legte ihrem Verlobten rasch die
Hand auf den Arm und sagte: „Komm und sag Juliana Guten
Tag." Rivington war natürlich klar, was Mariana eigentlich sa-
gen wollte: Komm und zeig allen, dass ein Herzog sie billigt. Er folgte ihr sofort.
Callie schob sich am letzten Grüppchen plaudernder Leute
vorbei und fand Juliana allein mit ihren Brüdern, mehrere Fuß
entfernt von den anderen Ballgästen, die zusammenstanden und
anscheinend so in ihre diversen Gespräche vertieft waren, dass
sie sich nicht losreißen konnten, um Juliana zu begrüßen. Callie
wusste es besser, genau wie die anderen Gäste. Ralston und St.
John standen zu beiden Seiten ihrer Schwester und sahen aus,
als wären sie bereit, gegenüber halb London handgreiflich zu
werden. Callie begegnete kurz Raistons Blick und bemerkte sei-
nen offenkundigen Zorn auf diese Gesellschaft, so schnell bereit,
jene zu meiden, die sie nicht gleich akzeptierten. Wie oft hatte sie
sich genau so gefühlt wie er in diesem Augenblick?
Sie hatte jetzt allerdings keine Zeit, Mitgefühl mit ihm zu
haben. Seine Schwester brauchte sie. „Juliana!", sagte sie mit
hoher, klarer Stimme, sodass jeder der Umstehenden sie hören
konnte; sie war sich der Wichtigkeit dieses Augenblicks sehr
bewusst. „Ich freue mich so, dass du hier bist! Mariana und ich
haben schon darauf gewartet, dass du endlich eintriffst!"
Mariana ergriff Julianas Hände und sagte: „Und wie! Ohne
dich war der Abend reichlich langweilig!" Eifrig wandte sie
sich an Rivington. „Findest du nicht auch, mein Lieber?"
Der Duke of Rivington beugte sich tief über Julianas Hand.
„Allerdings, Miss Fiori. Ich würde Sie sehr gern zum nächsten
Tanz führen", sagte er warm und eine Spur lauter als sonst.
„Vorausgesetzt, Sie sind noch nicht versprochen."
Überwältigt von dieser Begrüßung, schüttelte Juliana den
Kopf. „Nein, Euer Gnaden."
Mariana strahlte ihren zukünftigen Ehemann an und sagte:
„Was für eine hervorragende Idee!" Dann beugte sie sich zu Ju-
liana vor und flüsterte verschwörerisch: „Pass nur auf, dass er
dir nicht auf die Zehen tritt."
Die vier lachten über Marianas Scherz, und dann führte Ri-
vington Juliana in die Mitte des Saals. Mariana und Callie sahen
zu, wie die beide ihre Plätze bezogen und Juliana ihre erste öf-
fentliche Anerkennung erfuhr - in Form eines Tanzes mit einem
der mächtigsten Männer Englands. Die Schwestern sahen sich
an und konnten ihr breites, stolzes Lächeln nicht verbergen.
„Ich muss sagen, ich hätte auch nicht
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