Sarah Maclean
atemberaubend, Callie ... aber es ist mehr ... du hast
etwas an dir ..." Sie hielt inne, sah in die großen, braunen Au-
gen ihrer Schwester. „Du fühlst dich auch schön, stimmt's?"
Diese Worte zauberten ein Lächeln in Callies Augen. „Der
Gedanke ist mir tatsächlich schon gekommen."
Juliana lachte. „Brava! Es wird Zeit, dass du dich schön
fühlst, Callie." Als Mariana ihr ermutigend zunickte, fuhr Ju-
liana fort: „Ich habe dich von Anfang an ganz wunderbar ge-
funden, Callie, natürlich. Aber jetzt, mit diesem Kleid ... das
musst du zum Ball anziehen. Dovete! Du musst einfach!" In drei Tagen sollte der Ball der Salisburys stattfinden, den sie
dazu nutzen wollten, Juliana in die Gesellschaft einzuführen.
Die junge Frau klatschte aufgeregt in die Hände. „Wir machen
gemeinsam unser Debüt. In unseren neuen Kleidern! Obwohl
ich mir nicht vorstellen kann, dass eines von meinen so schön
aussieht wie dieses hier!"
Mariana nickte zustimmend, und Callie blickte überwältigt
von einer zur anderen. „Oh, ich glaube nicht, dass dieses Kleid
rechtzeitig zum Ball fertig sein wird. Es muss noch gesäumt
werden, und bestimmt hat Madame Hebert wichtigere Kundin-
nen als mich."
„Wenn Sie es für den Ball brauchen, Mylady, sollen Sie es
auch bekommen." Madame Hebert war zurückgekehrt, um
nachzusehen, wie weit ihre Gehilfin schon war. „Ich säume es
selbst und lasse es gleich in der Frühe liefern - unter einer Be-
dingung." Sie beugte sich zu Callie und sagte: „Sie müssen mir
versprechen, dass Sie jeden Walzer tanzen."
Callie lächelte und schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, das liegt
nicht in meiner Hand."
„Unsinn", meinte die Schneiderin verächtlich. „In diesem
Kleid hinterlassen Sie einen Pfad aus gebrochenen Herzen. Die
Männer werden alle hinter Ihnen her sein!"
Callie lachte über das unwahrscheinliche Bild, das diese Be-
merkung heraufbeschwor, nur um festzustellen, dass die ande-
ren Frauen diese Idee keineswegs komisch fanden. Ihr Geläch-
ter erstarb, und Mariana sagte: „Und ob sie hinter ihr her sein
werden!"
Juliana lächelte nachdenklich und legte den Kopf schief. „Ich
stimme ebenfalls zu. Ich kann es gar nicht erwarten, Gabriels
Gesicht zu sehen, wenn du ihm in diesem Kleid gegenüber-
stehst. Einfach traumhaft!"
Mariana sah ihre Freundin an und meinte nüchtern: „Ach,
Ralston ist eine ausgemachte Sache, würde ich sagen."
Callie schnappte nach Luft, als sie diese kecke, unangebrach-
te Bemerkung hörte, und wurde rot. Waren ihre Gefühle für
Ralston etwa so offensichtlich? Hatte Juliana etwas zu ihrem
Bruder gesagt?
Niemand achtete auf ihr Unbehagen; die Mädchen fuhren
fort zu kichern, und Madame Hebert geleitete Callie zum Wand-
schirm zurück.
Sobald sie hinter der Abtrennung standen, riskierte Cal-
lie einen Blick auf Madame Hebert und sah deren wissendes
Lächeln. Dann sagte die Schneiderin ruhig: „Der Marquess of
Ralston ist also hinter Ihnen her, ja?"
Callie schüttelte den Kopf über diese dreiste Frage und ant-
wortete sofort: „Nein. Gewiss nicht." Madame Hebert stieß nur
ein leises Geräusch aus und begann, das Ballkleid aufzuknöp-
fen. Sie schwieg so lange, dass Callie schon dachte, das Ge-
spräch sei vorüber.
Erst als sie aus der himmelblauen Seide stieg, die sich zu ih-
ren Füßen bauschte, fügte die Schneiderin hinzu, als hätte Cal-
lie nichts gesagt: „Nun, wenn Ralston Ihr Ziel ist, ziehen Sie die
schöne Wäsche an, Mylady. Er wird daran ebenso viel Freude
finden wie Sie."
Callie lief puterrot an, während die Französin leise auflachte.
Callie und Mariana standen am Rand des Ballsaals von
Salisbury House und beobachteten den steten Zustrom
der Gäste. Der riesige Saal war in das goldene Licht
Tausender von Kerzen getaucht, die hoch über ihnen in großen
Kristalllüstern flackerten. An einer Seite des Ballsaals zogen
sich Spiegel entlang, die das Licht zurückwarfen und den Saal
doppelt so groß wirken ließen. Es sah aus, als wäre ganz Lon-
don dort versammelt. Vielleicht war das ja tatsächlich der Rill.
Es herrschte jedenfalls ein Riesengedränge - Frauen in Seide
und Satin in allen erdenklichen Farben standen in Grüppchen
beisammen und klatschten, Männer in dunklem Abendanzug
redeten über Politik und Parlament.
Callie stellte sich auf die Zehenspitzen und sah sich im Saal
um, befürchtete, sie hätten Julianas Ankunft möglicherweise
versäumt. Es wurde allmählich
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