Sarah Maclean
kann das
nicht gewesen sein. Er geht so gut wie nie auf Bälle. Vermutlich
war es St. John."
Callie stieß die Luft aus, die sie, ohne es zu bemerken, an-
gehalten hatte. Natürlich. Es könnte Lord Nicholas sein. Bitte
lass es Lord Nicholas sein.
„Seltsam allerdings, dass er sich uns nähert."
Callie fuhr herum - sie konnte sich einfach nicht zügeln -,
und sah einen hochgewachsenen, attraktiven Gentleman auf
sich zukommen. Mit entschlossenem Blick.
Es war nicht Lord Nicholas.
Selbst wenn die fehlende Narbe seine Identität nicht verraten
hätte, hätte Callie es gewusst. Nicholas' Schultern waren nicht
ganz so breit, sein Kinn war nicht ganz so kräftig, seine Augen
waren nicht ganz so intensiv blau wie die seines Bruders. St.
John hatte ihr noch nie den Atem geraubt, hatte ihr Herz noch
nie zum Klopfen gebracht, hatte sie nie auf absolut unvorstell-
bare Gedanken gebracht.
Nein, der Mann, der da auf sie zukam, war ganz entschieden
nicht Lord Nicholas St. John.
Dabei wünschte sie sich so, er wäre es gewesen.
Rasch sah Callie von einer Seite zur anderen, auf der Suche
nach dem schnellsten Fluchtweg, um der Begegnung mit Rals-
ton auszuweichen. Doch von allen Seiten schoben sich Gäste in
ihren Weg - nur aus der Richtung nicht, aus der er kam. Sie be-
gegnete seinem wissenden Blick, und dann hob er eine dunkle,
makellos gewölbte Augenbraue.
Sie saß in der Falle. Zusammen mit der aufgeregt glucksen-
den Heloise, der sich vermutlich seit Jahren kein attraktiver
Gentleman mehr genähert hatte.
Nicht dass Callie dieses Glück oft beschieden gewesen wäre.
„Lord Nicholas!", rief Heloise eine Spur zu laut. „Wie rei-
zend, Sie zu sehen!"
„Heloise, meine Liebe", raunte Callie ihrer Begleiterin zu,
„das ist Ralston."
Heloise schielte zu Raistons Wange, offenbar auf der Suche
nach der verräterischen Narbe. „Oh! Aber natürlich. Verzeihen
Sie bitte, Lord Ralston." Sie knickste rasch.
„Kein Grund, sich zu entschuldigen, Miss Parkthwaite." Er
neigte sich über Heloises Hand und fügte dann hinzu: „Ich ver-
sichere Ihnen, dass ich das als großes Kompliment ansehe. Mein
Bruder ist der hübschere von uns beiden."
„Aber nein, Mylord", kicherte Heloise, errötete und fuchtelte
wild mit ihrem Fächer herum. „Gewiss nicht."
Ralston zwinkerte der älteren Dame zu und sagte dann: „Nun,
es liegt mir fern, einer Dame zu widersprechen."
Diese Worte brachten sie zum Lachen, und während sie noch
in sich hineingluckste, wandte Ralston sich an Callie, die ihm
die Hand reichte. Ralston beugte sich darüber, und ein Schauer
kroch ihr den Arm empor. „Lady Calpurnia, ich hatte gehofft,
dass Sie mir den nächsten Tanz schenken, den Sie zu vergeben
haben."
Heloise keuchte überrascht auf, während Callie herausplatz-
te: „Wie bitte?"
„Den nächsten Tanz", wiederholte Ralston und sah von einer
Frau zur anderen, als hielte er sie für leicht derangiert. „Ich
gebe gern zu, dass ich nicht so viele Gesellschaften besuche,
wie ich vermutlich sollte, aber sicher tanzt man doch noch auf
einem Ball, oder?"
„Oh! Aber ja, Mylord", erklärte Heloise hilfreich.
„In dem Fall", meinte Ralston, in dessen Augen der Schalk
funkelte, „möchte ich um Ihre Tanzkarte bitten, Lady Calpur-
nia."
„Ich habe keine Tanzkarte." Sie tanzte so selten, dass sie kei-
ne brauchte.
Einen kurzen Moment herrschte Schweigen, als er diese In-
formation verarbeitete.
„Hervorragend. Das vereinfacht die Sache doch beträchtlich,
finden Sie nicht?" Ralston wandte sich noch einmal an Heloise.
„Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Ihnen Ihre Begleitung ent-
führe, Miss Parkthwaite?"
Verblüfft schüttelte Heloise den Kopf und stammelte: „Aber
nein, keineswegs!"
Callie stand immer noch wie angewurzelt und wollte sich
nicht auf die Tanzfläche führen lassen. Sie konnte nicht mit
Ralston Walzer tanzen. Ihren ersten Walzer konnte sie doch
nicht mit ihm tanzen. Sie würde ihn mit keinem anderen mehr
genießen können.
Männer wie Ralston sind nicht für Frauen wie dich bestimmt,
Callie.
Nein, bestimmt nicht. Vor allem dann nicht, wenn sie drohten,
mit einem Walzer zu tanzen. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb
schüttelte Callie entschieden den Kopf. „Oh, das geht doch
nicht, Mylord. Sehen Sie, ich habe Heloise versprochen, sie in
den Damensalon ..."
„Unsinn!", widersprach Heloise atemlos. „Ich komme schon
zurecht. Sie müssen Walzer tanzen, Calpurnia." Beim
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