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Sarah Maclean

Sarah Maclean

Titel: Sarah Maclean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit neun verruchten Dingen einen Lord bezwingen
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sie dort grob, zu betatschen. Callie
    wandte rasch den Blick ab, ehe sich die nächste, sicher noch
    skandalösere Szene bot.
    Leider nahm sie dabei ein anderes, ebenso freizügiges Paar
    ins Visier. Zu ihrer Rechten strich eine äußerst unzulänglich
    gekleidete Frau einem Gentleman, der offenbar auf der Suche
    nach Gesellschaft war, aufreizend mit dem Zeigefinger über das
    Kinn. Die beiden flüsterten miteinander, die Lippen nur weni-
    ge Zoll voneinander entfernt, und maßen sich mit so glühen-
    den Blicken, dass nicht einmal die unschuldige Lady Calpur-
    nia Hartwell es missverstehen konnte. Das Paar achtete nicht
    darauf, dass Callie schockiert nach Luft schnappte und dann
    entschlossen weiter nach innen vordrang, in den hinteren Be-
    reich des Schankraums, wo sie auf einen leeren Tisch in einer
    schummrig beleuchteten Ecke zusteuerte - und auf ihn.
    Wenn er nicht so wütend auf das alberne Weibsstück gewesen
    wäre, hätte er sich amüsiert.
    Während sie durch den brechend vollen Raum ging, versuchte
    sie verzweifelt, die anderen Gäste nicht zu streifen oder zu be-
    rühren - was in dem Gedränge, das zwischen ihr und dem von
    ihr gesichteten freien Tisch herrschte, schlichtweg unmöglich
    war. Schließlich hatte sie ihr Ziel erreicht und setzte sich, ohne
    die Leute in ihrer Nähe zu beachten, offenbar bemüht, nach
    außen hin Ruhe zu bewahren. Sie saß mit dem Rücken zu ihm,
    doch die Kapuze ihres einfachen Wollmantels war nach unten
    gerutscht, und so beobachtete er, wie sie sich sammelte und auf
    die Bedienung wartete. Sie hatte das Haar hochgesteckt und
    unter einem scheußlichen Spitzenhäubchen verborgen. Nur ein
    paar Löckchen waren entwischt und kringelten sich nun in ih-
    rem Nacken und betonten den anmutigen Hals, der vor Aufre-
    gung errötet war.
    Einen flüchtigen Augenblick überlegte er, wie es wohl wäre,
    sie dort zu küssen. Die Szene auf dem Ball der Allendales an
    diesem Abend hatte seinen Verdacht bestätigt, dass Lady Cal-
    purnia Hartwell eine leidenschaftliche Frau war. Ihre Reaktio-
    nen waren unwiderstehlich hemmungslos gewesen - ganz an-
    ders als bei den Frauen, mit denen er sonst zusammen war -,
    sodass er sich unwillkürlich fragte, wie sie wohl reagieren wür-
    de, wenn er sie an anderen, skandalöseren Stellen berührte.
    Was hatte sie hier bloß zu suchen?
    Jeden Augenblick konnte sie entdeckt werden, von einer gan-
    zen Reihe von Leuten, die Verbindungen zur Londoner Gesell-
    schaft hatten - liebe Güte, schließlich war sie in St. James! Und
    als reichte das nicht schon, hatte sie die Schenke auch noch
    allein betreten, ohne Begleitung, schutzlos - wenn die falsche
    Sorte Mann auf sie aufmerksam wurde, könnte sie in eine sehr
    ernste, unangenehme Lage geraten. Er bemerkte, dass sie ein
    Stück Papier in Händen hielt, als wäre es ein Talisman. Konnte
    das ein Liebesbrief sein? War es möglich, dass sie hier mit einem
    Mann verabredet war?
    Von all den unmöglichen Dingen, die sie hätte tun können,
    wäre dies sicher das Unvernünftigste gewesen. Sie schob das
    Papier in die Tasche ihres Mantels, als die Aufwärterin erschien.
    „Ich nehme einen Whisky, bitte. Einen schottischen Whisky."
    Hatte er das richtig verstanden? Hatte sie gerade in aller See-
    lenruhe einen Whisky bestellt? Sie saß mitten in der Nacht an
    einem dunklen Tisch in einer Londoner Schenke und bestellte
    Whisky, als wäre das vollkommen normal?
    War die Frau übergeschnappt?
    Eines war sicher: Er hatte die kleine Callie Hartwell vollkom-
    men falsch eingeschätzt. Für Juliana war sie ganz sicher nicht
    die geeignete Lehrerin. Er hatte nach einer Frau von tadello-
    sem Charakter Ausschau gehalten und Callie gefunden, die im
    Wirtshaus ungerührt Whisky trank.
    Nur ...
    Nur dass sie keineswegs ungerührt wirkte. Mit zusammen-
    gekniffenen Augen beobachtete er sie. Sie hielt sich stocksteif.
    Ihr Atem, den er nach dem Heben und Senken ihrer Brust be-
    urteilte, ging ungleichmäßig und flach. Sie war nervös. Ihr war
    unbehaglich. Und doch saß sie hier, an einem Ort, von dem er
    ihr gleich hätte sagen können, dass er ihr nicht behagen würde.
    Warum? Er würde sie fragen müssen. Sie konfrontieren. Und er
    wusste, dass das für sie nicht angenehm werden würde.
    Die Kellnerin kam mit dem Whisky zurück, und Callie bezahl-
    te; Ralston fiel auf, dass sie ein großzügiges Trinkgeld gab. Nach-
    dem die Aufwärterin gegangen war, beugte er sich vor, um zuzu-
    sehen, wie Callie das Glas hob und

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