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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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Masto schaute sich um und entdeckte ihn.
    »Los, jetzt schnappen wir ihn uns!«, schrie er.
    Ich war außer Atem, gab aber nicht auf. Genny verlor Meter um Meter, wir holten auf. Als Lo Masto ihn fast beim Wickel hatte, fuhr uns ein Rollstuhl mit einem Behinderten direkt vor die Füße. Lo Masto fluchte wie verrückt, warf Rollstuhl und Behinderten um, und wir rannten weiter. Nach zehn Metern tauchte plötzlich ein Moped vor uns auf, keine Ahnung, wo das herkam. Klar, das machten die extra, damit Genny abhauen konnte. Einen Augenblick später kamen zwei Frauen mit ihren Einkäufen, nach den Frauen rannten fünf, sechs Kinder um uns rum, die mit einem Ball spielten.
    Das war’s, der war weg, keine Chance mehr, ihn zu finden.
    Lo Masto trat gegen eine umgekippte Mülltonne.
    »Verdammter Scheißdreck«, brüllte er.
    Ringsum lachten sie uns hämisch nach, und ich fühlte mich wie der letzte Depp.

9.
    »Ist meine Schuld«, sagte ich beschämt.
    »Vergiss es, setz dich«, sagte der Commissario und rief nach Cardillo.
    »Ich war zu nervös, das haben die gemerkt.«
    »Den kriegen wir trotzdem«, sagte der Commissario und gab Cardillo den Befehl, die Fotos von Esposito zusammen mit einem Haftbefehl an alle Kommissariate zu schicken.
    »Ich trink noch meinen Kaffee, dann leite ich alles weiter.«.
    »Nein, Cardì, bitte sofort.«
    Nachdem Cardillo raus war, nahm der Commissario einen Zettel vom Schreibtisch.
    »Übrigens hat der Anwalt angerufen, den du gestern verhört hast.«
    »Santoro?«
    »Er hat gesagt, dass er den Notruf gewählt hat, als er merkwürdige Geräusche auf der Treppe gehört hat.«
    »Komisch. Gestern hat er ausgesagt, dass er nichts gehört hat, weil er ein wenig taub ist, und von Notruf war nicht die Rede.«
    »Was ist das denn für einer?«
    »Alt, ziemlich verschroben. Ach ja, und der hat mich nicht mal in die Wohnung gelassen.«
    Der Commissario dachte eine Weile nach.
    »Soll ich nochmal mit ihm reden, Commissario?«
    Irgendwie wollte ich die blöde Show unten in der Sanità wiedergutmachen.
    »Jetzt schnappen wir uns erst mal den Pianisten«, antwortete er. »Kann sein, dass wir den Fall so viel schneller abschließen.«
    Bestimmt wollte der Commissario damit durch sein, bevor er in Urlaub ging. Aber obwohl er mit dem Pianisten Recht hatte, fand ich, dass man diesen Santoro nochmal verhören sollte.
    »Vielleicht weiß der Anwalt was, was uns nützen kann«, versuchte ich es. »Vielleicht hat er gesehen, wie Esposito mit dem Mädchen gestritten hat, und hat Schiss, weil der ihn bedroht hat.«
    Der Commissario schaute mich schweigend an und trommelte auf seinem Schreibtisch rum.
    »Nur um sicherzugehen.« Ich ließ nicht locker.
    Der Commissario lehnte sich zurück, schaute mich an und zeigte auf die Tür.
    »Na, dann los«, sagte er.
    »Danke, Commissario.«
    Ich sprang zur Tür.
    »Dienstmütze!«, rief er mir hinterher.
    Ich war so froh, dass ich das Ding glatt auf dem Schreibtisch vergessen hatte. Als ich zurückging, merkte ich, wie der Commissario mich neugierig anstarrte. Vielleicht fragte er sich, weshalb ich mich so für diese Geschichte interessierte. Das wusste ich selber nicht. Ich wusste nur, dass um mich rum nichts mehr so war wie vorher, seit ich Sarah tot in ihrem Haus gefunden hatte. Irgendwie glaubte ich, dass ich erst dann wieder zur Ruhe kam, wenn ich rausfand, was passiert war, wenn wir den kriegten, der’s gewesen war.
    Im Hausflur kam mir Sarahs Katze entgegen. Am Tag zuvor war sie nur irgendwie unruhig gewesen. Jetzt schien sie durchgedreht zu sein. Sie rannte hin und her, vom Brunnen zur Treppe, schnupperte, dann rannte sie in den ersten Stock hoch, lief auf dem Treppenabsatz rum und dann wieder runter. Ich beugte mich zu ihr, wollte sie streicheln. Sie blieb stehen, schaute mich an, miaute und lief weiter. Was der wohl durch den Kopf ging. Wer weiß, ob sie kapiert hatte, dass ihr Frauchen nicht wiederkam.
    Als ich mich aufrichtete, ging die Haustür auf, und eine ungefähr dreißigjährige Frau mit orientalischem Einschlag und dunkler Haut kam rein, die ich tags zuvor nicht gesehen hatte. Als sie mich sah, hatte ich den Eindruck, dass sie unsicher war, was sie tun sollte. Dann gab sie sich einen Ruck und lief durch den Hausflur. Als sie an mir vorbeiging, warf sie einen Blick in die Ecke, wo Sarah gestorben war. Danach kreuzten sich unsere Blicke. Sie senkte den Kopf, sagte leise guten Tag und ging schnell in Richtung Aufzug. Keine Ahnung, wer sie war und ob Cipriani

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