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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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Commissario an. Der dachte einen Augenblick lang nach, dann schüttelte er den Kopf.
    »Führ ihn erst mal ab.«
    Lo Masto war ganz offensichtlich anderer Meinung, widersprach aber nicht. Er zerrte Esposito am Arm hoch wie einen Sack und schob ihn mit aller Kraft in Richtung Tür. Als er schon halb draußen war, drehte sich der Pianist um. Sein Gesicht war blutverschmiert, er funkelte uns an, dass du Angst kriegen konntest.
    »Wenn ihr den schnappt, der sie umgebracht hat, bringt ihn mir zwei Minuten. Nur zwei Minuten.«
    »Geh schon, du Clown«, sagte Lo Masto und schob ihn aus dem Raum.
    Der Commissario und ich blieben allein zurück. Er gedankenverloren hinter dem Schreibtisch. Ich an den Stuhl gelehnt, auf dem der Pianist gesessen hatte.
    Nach kurzem Schweigen sagte ich: »Der ist mir ganz schön zuwider, Commissario, aber ehrlich, ich glaub, der hat mit der Sache nix zu tun.«
    »Und weshalb hat er dann behauptet, er hätte Sarah seit sechs Monaten nicht gesehen?«
    »Vielleicht stimmt das ja. Der Lehrer war nicht sicher, als er das Foto gesehen hat. Vielleicht hat Sarah am Tag zuvor einen anderen Typen getroffen.«
    »Und wieso ist er dann heute Morgen abgehauen, als er uns gesehen hat? Wieso hat er sich in dem verlassenen Haus versteckt?«
    »Der hatte Angst, für Sarahs Mörder gehalten zu werden.«
    »Wieso, wenn er sie seit sechs Monaten nicht mehr gesehen hat?«
    »Stimmt.«
    »Und wo er gestern um vier war, hat er uns auch nicht erklärt.«
    Auch das stimmte.
    Der Commissario schaute auf seine Uhr.
    »Mensch, ist schon spät.«
    Er stand auf, nahm seine Jacke und ging in Richtung Tür.
    »Wenn du nichts vorhast, lad ich dich auf ein Bier ein«, sagte er. »Das hast du dir verdient.«
    Das Kompliment war mir peinlich, ich merkte, wie ich rot wurde.
    »Ach was«, sagte ich. Aber ich freute mich und ging hinter ihm her, ohne mir das Grinsen zu verkneifen, das sich auf meinem Gesicht ausbreitete.

13.
    Der Commissario holte ein Bier für mich und für sich ein Chinotto und einen Panino, er hatte Hunger. Ich hab gesagt, dass ich zuhause esse und mir nicht den Appetit verderben will. Wir gingen über die Straße und setzten uns auf ein Mäuerchen in der Nähe vom Castel dell’Ovo.
    In einer halben Stunde ging die Sonne hinter Posillipo unter. Von den Felsen machten fünf, sechs Jungen in Unterhosen Köpper ins Wasser. Ein Tanker, dreimal so groß wie die Caremar-Fähre, hatte draußen vor dem Hafen Anker geworfen. Auf der anderen Seite, fast an der Spitze der Mole, angelte einer, mit Strohhut auf dem Kopf und Angelrute in der Hand.
    Der Commissario lobte nochmal, wie ich mir den Pianisten geschnappt hatte. Aber er meinte auch, dass wir Soldaten sind und Befehle abwarten müssen, bevor wir loslegen.
    Ich hab geantwortet, dass er Recht hat und dass ich beim nächsten Mal vorsichtiger bin. Er sagte noch, dass ich viel zu unüberlegt gehandelt hätte und dass man in diesem Job ganz schnell endet wie ein Aal zu Weihnachten: zerhackt und gebraten.
    »Stell dir mal vor, der hätte ein Messer gezückt. Da wär’s jetzt schon aus und vorbei.«
    »Stimmt, aber das gehört doch zum Job, oder?«
    »Na klar, sicher.«
    Aber er war irgendwie verlegen, vielleicht hatte er sich Sorgen gemacht und wollte nicht, dass ich das merke.
    Dann ging es wieder um den Pianisten. Ich hab nochmal gesagt, dass der mir ehrlich vorkam und ich nicht mehr so sicher war, dass er’s wirklich war. Der Commissario sagte, dass nur Fakten zählen, keine Gefühle. Aber ich hab gemerkt, dass er auch nicht mehr ganz sicher war. Ich fragte, ob er eine Idee hatte und was er vorhatte.
    »Erst mal versuchen wir rauszufinden, ob der Typ, mit dem Sarah vor zwei Tagen geredet hat, wirklich Genny Esposito gewesen ist. Dann will ich wissen, wen Sarah in den letzten Tagen getroffen hat. Vielleicht hat sie sich einer Freundin anvertraut, das könnte helfen. Ich hab diesen Cimmino anrufen lassen, den Ingenieur, der im Erdgeschoss wohnt: Der kommt morgen. Und morgen haben wir auch den Bericht der Spurensicherung, dann wissen wir, ob Capuozzo was rausgefunden hat, was uns hilft.«
    »Außer dem Anwalt Santoro hat keiner was gehört?«
    »Keiner. Schon merkwürdig, dass ausgerechnet einer, der halb taub ist, was gehört hat und die anderen nicht.«
    »Und in den Häusern ringsum?«
    »Ich habe Cipriani gesagt, dass er versuchen soll, wenigstens die Pförtner der Nachbarhäuser zu verhören. Hoffen wir mal, dass was dabei rauskommt.«
    Der Commissario biss in seinen

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