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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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mit Deckel drauf.
    »Hallo Mamma.«
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Alles in Ordnung, klar.«
    Die Runde durch den Park hatte mich hungrig gemacht, deshalb ging ich zum Herd, um in den Tiegel zu schauen.
    Sofort sprang sie auf.
    »Ich kümmer mich drum, setz dich.«
    Offensichtlich ist sie beleidigt, wenn ich was selber mache.
    »Heute hab ich Pasta al forno mit Fleischklößen für dich, das magst du doch.«
    »Müssen wir bei der Hitze auch noch den Ofen anstellen?«
    »Zwei Minuten nur, dass die Mozzarella schmilzt.«
    Sie machte den Ofen an und schob die Auflaufform rein. Dann hat sie weitergebügelt und dabei ferngesehen.
    »Wenn es dich stört, mach ich aus.«
    »Nein, gar nicht.«
    Das bisschen Ablenkung wollte ich ihr nicht nehmen.
    Während die Pasta warm wurde, guckte ich auch. Sieben, acht Leute auf einer Bühne, die über Liebe redeten. Ein Zwerg mit Riesenwampe stellte Fragen, die anderen antworteten. Das Publikum klatschte immer sofort los.
    Mein Großvater fand Fernsehen zum Kotzen. Er hatte sich ganz am Anfang aus Neugier einen gekauft. Aber dann brachte er ihn in den Keller, und dort blieb er bis zu seinem Tod. Er sagte, das Ding wäre schlimmer als jede Droge. Was immer sie da verzapfen, schluckst du ohne Widerstand. Jedes Mal denkst du, du hast wer weiß was gelernt. Stattdessen zersetzt es dir das Gehirn, und du merkst es noch nicht mal. Sicher hat mein Großvater übertrieben, aber wie auch immer, ich gucke kaum, Radio mag ich lieber. Nur Cartoons schaue ich mir manchmal an. Karl der Kojote ist super. Er und dieser andere, Road Runner, der es jedes Mal irgendwie schafft, abzuhauen. Der Kojote ist nicht blöd, er denkt sich Sachen aus, die eigentlich nur ein Ingenieur kann. Außerdem gefällt mir, dass er immer weitermacht und nie aufgibt. Aber keine Chance, den Road Runner kriegt er nie. Nur einmal hat er’s geschafft, hat ihn gekriegt und zum Kochen in einen Topf gestopft. Er hatte schon den Tisch gedeckt und sich die Serviette um den Hals gebunden. Aber dann kamen Road Runners Frau und Sohn und weinten und bettelten. Das hat den Kojoten gerührt, und er hat Road Runner freigelassen. So eine Gelegenheit kriegt der nie wieder!
    Inzwischen hörte ich das Öl im Tiegel brutzeln, der Geruch aus der Küche wurde immer intensiver.
    »Ich glaub, es ist heiß genug«, sagte ich.
    Mamma nahm die Form aus dem Ofen, stellte sie auf den Tisch und lud mir den Teller voll.
    »Riech nur, dieser Duft!«, sagte ich.
    Ich kostete, es schmeckte wirklich unglaublich.
    »Schmeckt’s?«, fragte sie.
    »Der Hammer, Mamma.«
    »Weiß ich doch, dass du das magst.«
    Sie ließ mich keinen Augenblick aus den Augen, während ich aß.
    »Mamma, musst du mich unbedingt die ganze Zeit anstarren?«
    »Du siehst ein bisschen blass um die Nase aus. Geht’s dir gut?«
    »Mir geht’s gut, keine Sorge.«
    »Vielleicht die Verdauung, du isst nicht ordentlich.«
    »Ach Quatsch, mir geht’s gut.«
    Sie hielt noch zwei Sekunden durch.
    »Jedenfalls, Michele, du weißt schon, der Sohn von Titina?«
    »Mamma! Bitte!«
    Sie bügelte weiter. Ganz offensichtlich schaffte sie es kaum, den Mund zu halten, aber sie zwang sich, um mich nicht zu nerven.
    Im Fernsehen fragte der mit der Wampe, ob es stimmt, dass man seine erste Liebe nie vergisst. Eine um die vierzig im Mini und mit immer noch festen Titten antwortete, dass sie ihre erste Liebe noch nicht gefunden hatte, und das Publikum lachte.
    »Hast du von dem Mädchen gehört, das sie in Posillipo ermordet haben?«, fragte Mamma aus heiterem Himmel.
    Ich fühlte mich wie vom Laster überrollt, antwortete nicht und aß weiter, in der Hoffnung, dass sie den Mund hielt oder das Thema wechselte.
    »Die Arme, so jung. Weißt du, dass sie so alt war wie du?«
    Na endlich, sie hatte es geschafft, das bisschen Appetit, das ich hatte, war mir vergangen. Ich ließ die Gabel auf den Teller fallen und stand auf.
    »Was ist denn? Keinen Hunger mehr?«
    »Sodbrennen, ich geh schlafen.«
    Ich ging über den Flur in mein Zimmer, nervös bis zum Anschlag. Während ich die Tür zumachte, hörte ich Mamma aus der Küche:
    »Die Verdauung. Sag ich doch, dass du blass aussiehst. Hab ich’s gesagt oder nicht?«
    Die Verdauung, das Fernsehen, der Sohn von Titina! Immer dieselbe Leier.
    Ich warf mich aufs Bett.
    Als ich mich abgeregt hatte, hab ich gedacht, ich sollte Mamma nicht so ernst nehmen. Sie ist alt, worüber soll sie reden? Sie hat Pasta al forno für mich gemacht, und ich springe so mit ihr um. Was

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