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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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er ihn gefunden?«
    »Ja, hat er …«
    Er seufzte.
    »War ein guter Polizist.«
    Irgendwo ging bei einem Auto der Alarm los. Nach einer Weile hörte er auf.
    »Tut mir leid, Commissario.«
    Ich sah, dass er verlegen war und mich nicht anguckte.
    »Für Ihren Freund, den Polizisten«, fügte ich hinzu.
    Er lächelte traurig. Dann nahm er den Rest von dem Panino aus der Tasche und warf ihn ins Wasser. Ohne Wut, so als wollte er sich von einem Gewicht befreien. Das Brot schwamm ein wenig auf dem Wasser, dann kamen die Fische und zogen es runter.
    »Weißt du«, sagte er, »wir können den Täter schnappen. Wir können gute Polizisten sein. Aber deshalb kommt Sarah nicht zurück.«
    »Ja und, Commissario? Sollen wir so tun, als wär nichts? Da können wir uns gleich einen anderen Job suchen.«
    »Du hast recht, Acanfora«, sagte er. »Vielleicht ist es so, wie du sagst.«
    Aber er glaubte nicht daran, das war klar.
    Schließlich verabschiedete er sich und ging mit den Händen in den Hosentaschen davon.
    Ich blieb am Meer sitzen, um mein Bier auszutrinken, und wartete, bis die Sonne hinter Posillipo untergegangen war. Dann fuhr ich mit der Straßenbahn zum Bahnhof, um die Vesuviana nach Torre del Greco zu nehmen.

14.
    Gegen zehn war ich in Torre del Greco. Bevor ich nach Hause ging, drehte ich noch eine Runde durch den Park. Was heißt Park, das klingt wer weiß wonach, dabei ist es eigentlich nur ein Grundstück mit drei vertrockneten Feigenkakteen und einem Baum in der Mitte, der kaum Schatten wirft. Ein paar kaputte Bänke, ein hellblau angestrichener Kiosk, an dem Dosen und irgendwelcher Fraß verkauft werden, dazu die üblichen räudigen Hunde. Mit etwas Phantasie setzt du dich auf so eine Bank, rauchst eine und bildest dir ein, du bist in einem vernünftigen Dorf. Manchmal triffst du hier Freunde und quatschst ein bisschen. Oder baggerst eine Tussi an, die vielleicht drauf anspringt.
    Aber wenn du wirklich glauben willst, dass das hier ein vernünftiges Dorf ist, darfst du dir ein paar Dinge nicht so genau anschauen. Die Junkies nicht, zum Beispiel, die auf den Bänken ihre Drogen nehmen.
    Und ich meine nicht die, die einen Joint rauchen, das hab ich auch ein paar Mal gemacht. Mit Ciro, meinem Kumpel von früher. Jedes Mal wenn wir geraucht haben, fing er mit der Geschichte an, dass er sich ein Fischerboot kaufen will, eins von den großen mit Schleppnetz. Und ich sollte Schiffsjunge bei ihm werden. Wenn ich kiffte, war mein einziges Problem, die paar Lire zu finden, um mir einen Calzone oder eine Pizza zu kaufen.
    Junkies, die sich auf den Bänken ihre Spritzen setzen, sind was anderes. Früher kamen die erst, wenn es dunkel war, da hast du sie wenigstens nicht gesehen. Dann kamen sie immer früher, spritzten sich zwischen Ball spielenden Kindern, Müttern mit Kinderwagen und Alten, die an die frische Luft wollten. Und wenn du weiter dran glauben willst, in einem vernünftigen Dorf zu leben, darfst du dir auch nicht die Typen anschauen, die hinter dem Kiosk dealen. Die verkaufen da einen Schuss nach dem anderen, und manchmal kapierst du nicht mal, wo die Schlange aufhört. Und auch in die Ecke des Parks hinter die Feigenkakteen darfst du nicht gucken, dort sind die Junkie-Weiber, die kein Geld haben, sich Stoff zu besorgen. Mich darfst du auch nicht anschauen, ich bin Polizist und tu so, als wär nichts, weil das alle so machen.
    Wenn du da überall wegschaust, kannst du das hier für ein vernünftiges Dorf halten.
    Aber seit ich bei der Polizei bin, komme ich lieber nicht mehr in den Park, weil ich sonst früher oder später einen aus dem Dorf verhaften muss, und dann ist es aus.
    Weil es die Woche von Ferragosto war, war es ruhig, keiner da. Nur zwei Jungs kasperten auf ihren Mopeds rum, und eine Alte fütterte die Hunde.
    Ich wollte mir was zu trinken holen, aber der Kiosk hatte zu. Also suchte ich mir eine saubere Bank, um in Ruhe eine zu rauchen. Ich wollte wenigstens kurz mal alles vergessen. Sarah, den Anwalt, den Pianisten, den Commissario und Ciro, der auf die schiefe Bahn geraten ist. Wollte an was Schönes denken. Zum Beispiel an Cherry, die ich mal auf eine Pizza oder einen Teller Muscheln einladen wollte.
    Während ich so rauchte, dachte ich, alles okay. Dann, keine Ahnung, warum, kamen die schlimmen Gedanken wieder. Mir wurde ganz flau im Magen, also habe ich den Park Park sein lassen und bin nach Hause.
    Mamma bügelte, der Fernseher lief. Der Tisch war gedeckt, und auf dem Herd stand eine Tiegel

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