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Sarg niemals nie

Sarg niemals nie

Titel: Sarg niemals nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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war. Die kleinsten Exemplare lagen jeweils an der Seite oder hinten, während sich die größten gut sichtbar vorn in den Regalen und auf dem Tisch befanden. Als ich mich umsah, wuchs mein Unbehagen ins Unermessliche – nicht so sehr wegen der Sammlung als solcher, sondern vielmehr wegen der fehlenden Stücke. Mary hatte die Wahrheit gesagt. Sie besaß keine kompletten Leichen, und keinen einzigen Körperteil erkannte ich als ehemaligen Besitz von Harry Beard wieder.
    »Pech gehabt, John«, sagte ich. »Harry ist nicht hier.«
    »Aber wer hat ihn dann?«, fragte mein Freund, während er ein Gewirr aus Rippen anhob und in Ordnung brachte. »Leichen verschwinden nicht einfach so, es sei denn, jemand hat sie gestohlen.«
    »Mary, sind Sie sicher, dass es keinen konkurrierenden Ghul gibt?«, fragte ich. »Ich wüsste nicht, wer sonst noch Leichen vom Friedhof stiehlt.«
    »Es würde mich nicht wundern, wenn es einen gäbe«, antwortete sie und starrte in das Fass mit den Köpfen. »Das würde erklären, warum ich keine guten Ohren finde.«
    »Wollen Sie etwa die Ohren separat anfügen?«, erkundigte sich John.
    »Das habe ich noch nicht entschieden.« Sie seufzte, legte den Deckel auf und setzte sich auf einen Stuhl. »Das ist die Schwierigkeit, wenn man einen Körper zusammensetzt – man arbeitet mit gebrauchten Teilen, und denen traue ich nicht. Wenn die Ohren noch gut sind«, sagte sie und deutete auf das Fass mit den Köpfen, »warum sind die Besitzer dann tot?«
    »Bleiben wir doch beim Thema«, schaltete ich mich ein. »Wir müssen einen Toten finden, und unser bisher bester Einfall war ein Reinfall. Zumindest, was das Auffinden des Toten angeht«, fügte ich rasch hinzu, weil Mary die Stirn runzelte. »Ich weiß Ihre Freundlichkeit natürlich sehr zu schätzen.«
    »Ich könnte Ihnen einige erstklassige Leichenhallen empfehlen«, bot Mary an.
    »Ich hatte eigentlich gehofft, nie zu den Menschen zu gehören, denen man gute Leichenhallen empfiehlt«, erwiderte ich.
    »In unserem Fall ist eine solche Empfehlung allerdings äußerst nützlich«, widersprach John. »Wir brauchen eine Leiche, und in einem Leichenhaus gibt es viele davon. Darauf ist man dort gewissermaßen spezialisiert.«
    »So könnte man es ausdrücken«, räumte ich ein.
    »Erklären Sie mir doch, warum Sie den Leichnam dieses ganz bestimmten Mannes benötigen. Ich wüsste nicht,warum das so wichtig sein sollte, es sei denn, er hat kurz vor seinem Tod ein Diamanthalsband verschluckt.«
    »In gewisser Weise trifft diese Vermutung zu.« Ich setzte mich ebenfalls. »Harry Beard hat ein Vermögen hinterlassen, es sind insgesamt neunzigtausend Pfund. Ich wollte es für mich beanspruchen, aber dann verschwand seine Leiche. Auch wenn Sie vielleicht nicht viel über Banken wissen, können Sie sich gewiss vorstellen, dass man nicht bereit ist, ein Erbe von neunzigtausend Pfund herauszurücken, solange der Tod des Erblassers nicht bewiesen ist.«
    »Das bringt mich auf den Gedanken, dass möglicherweise ein anderer das Erbe beansprucht und die Leiche deshalb gestohlen hat.«
    »Beinahe«, antwortete John. »In diesem Fall handelt es sich allerdings um eine Frau, die uns um das Erbe betrügen will, aber sie hat die Leiche auch nicht.«
    Mary sah mich an und zog fragend die Augenbrauen hoch. Ich deutete auf Gwen, die im Sarg schlief. Mary nickte.
    »Sie ist meine Schwester«, erklärte ich. »Natürlich nicht in Wirklichkeit, aber ich bin ja auch nicht Harrys Neffe.«
    »Natürlich.« Mary nickte abermals. »Ich nehme an, sie will Sie umbringen, damit sie alles für sich allein hat.«
    »Sie scheinen solche Zusammenhänge sehr viel schneller zu durchschauen als John.«
    »Und die Vampire?«, fragte Mary. »Wie lange sind Sie schon einer von denen?«
    »Ich bin kein Vampir.« Müde rieb ich mir über die Schläfen. »Ich war auch nie einer. Das ist ein ziemlichkompliziertes Missverständnis, das sich einfach nicht aus der Welt schaffen lässt.«
    »Welche Beweise haben Sie mir zu bieten, dass Sie kein Vampir sind?«, fragte Mary.
    »Bitten Sie alle Leute um Beweise dafür, dass sie keine Vampire sind?«, gab ich zurück. »Wäre es nicht sinnvoller, Beweise dafür zu verlangen, dass ich einer bin? Warum gelte ich ohne besonderen Nachweis erst einmal als Vampir?«
    »Die wenigsten Menschen treiben sich um Mitternacht auf Friedhöfen herum und schleppen Särge voller Erde durch die Gegend.«
    »Mir sind in den letzten zwei Tagen mehrmals Vampire begegnet«,

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